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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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handele es sich um den neuen Mieter der Dachwohnung.
    »Der Dachwohnung«, sagte die alte Dame bedeutungsvoll, als habe sich dort oben etwas ihr nur allzu Bekanntes abgespielt. Sie hatte überraschenderweise einen leicht englischen Akzent, sprach aber gleichfalls gut deutsch.
    »Dann werden Sie mit dem Hausbesitzer zu tun bekommen«, diese Bemerkung hatte etwas Unheilvolles.
    »Der Hausbesitzer, ach Gott, ach Gott!« rief der Betrunkene.
    »Viel Vergnügen«, sagte Barbara, sie nutzte die Gelegenheit, dem gedämpft auf sie einredenden Souad zu entkommen.
    »Was, Hausbesitzer?« rief Souad geradezu empört, »das wird alles von mir abgewickelt.«
    Die schwarze Dame wandte sich Hans mit Verschwörermiene zu. »Souad ist klug und hat vieles in der Hand, aber nicht alles.«
    »Es gibt Menschen, die sind klüger als Gott«, sagte der Betrunkene sichtlich in der Hoffnung, in diesem Gesprächsmoment genau das Passende eingeworfen zu haben. Sein Glück machte ihn so stolz, daß er über seinen Einwurf nachdenken mußte und den eben angeknüpften Faden wieder verlor. Die Dame sandte einen trauernden, gleichwohl brennenden Blick in seine Richtung und machte dann mit der Hand eine vornehme Geste, eine Art Kreiseln vor ihrer gemeißelten Stirn:
    Der Arme ist durcheinander, sollte das heißen. Sie konnte das natürlich nicht erschüttern.
    Hans stamme gewiß aus Frankfurt? Nein? Sie gleichfalls nicht. Sie sei in Damaskus geboren, als Tochter syrischer Kopten. »Ich heiße Despina Mahmouni«, sagte sie, als sei das der erste Satz aus einem bedeutenden Roman des neunzehnten Jahrhunderts, und das war er vielleicht auch.
    »Barbara, ich bin dein Freund, ich will verhindern, daß du eine Dummheit machst«, sagte Souad jetzt mit erhobener Stimme.
    »Ich bin ein freier Mensch.« Die Spitznasige ließ die Augen zwischen den baumelnden Locken in unbesiegbarer Freude funkeln. »Und zur Freiheit gehören auch die Dummheiten -es ist schließlich mein Geld.«
    Souad lauschte ihr mit dem Ausdruck eines tobsüchtigen Frosches. Was seine rhetorische Schlagkraft schwächte, war freilich das Telephon. Immer, wenn er besonders schnell und treffend hätte antworten müssen, ließ es seine Brust erzittern, und immer erstarrte er dann, als könne er sich dies krabbelnde Beben in seiner Brusttasche einen Augenblick lang nicht erklären: War ihm da etwa ein großer Nachtschmetterling ins Hemd gekrochen? Dann hatte er sich selbst und den Apparat wieder im Griff und sandte seinen Geist in unbekannte, ferne Zonen. Der Barbara hingegen war er die Antwort schuldig geblieben.
    »Mein Leben hat sich früh entschieden«, sagte Frau Mah-mouni. »Als ich Damaskus verließ, war ich zwanzig Jahre alt und schwanger - der Vater meines Kindes war Schotte, und ich folgte ihm nach Glasgow. Mein Vater hatte bankerott gemacht -zum Abschied gab ich ihm drei Pfund Sterling, alles, was ich besaß, ich verließ Syrien ohne einen Sou. Mein Vater weinte vor Rührung und segnete mich und sagte mir: Alles, was du anfassen wirst, wird zu Geld werden. Und so ist es auch gekommen, obwohl ich das erste Vermögen, das ich erworben habe, auch wieder abgeben mußte - mein erster Mann war ein Lump, Trinker, süchtiger Wetter auf Hunderennen, hatte ein jahrelanges Verhältnis mit seiner eigenen Tochter - ich habe die Beweise, aber was wollen Sie...« Ihr harter Blick rechnete nicht mit diesem Mann ab, der ein Verlorener war. Sie hatte den Ausdruck einer Spielerin, die in mondänem Aufzug am Roulettetisch steht, ihr Risiko kalkuliert und den hohen Verlust ohne Wimpernzucken einsteckt: Schuld oder Leichtfertigkeit hat sie sich nicht vorzuwerfen, und auch das Risiko war ihr vorher bekannt.
    »Er wollte mich ins Irrenhaus stecken« - in der Entrüstung über diesen Streich des Verblichenen steckte auch die Verachtung für den schlechten Spieler. Hans wurde jetzt erst bewußt, daß sie ihn während der letzten Bekenntnisse fest am Unterarm gepackt hielt, als sei der eine geschnitzte Sessellehne. Sie beugte sich ein wenig zu ihm und ließ ihr lose sitzendes Gebiß - in diesem Gaumen gab es keine fleischliche Substanz, an der ein solches Stück hätte festen Halt finden können - zu den geschlossenen Lippen nach vorn quellen, was ihr Gesicht überraschend verformte, aber auch glättend anspannte.
    »Souad macht es nicht gut«, raunte sie. »Die Dame dort ist frisch geschieden und recht gut abgefunden worden. Sie sucht eine Anlage, und Souad will, daß sie ihm ihr Geld anvertraut. Dabei weiß er

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