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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Monsieur Hans!« sagte der Hausmeister, indem er nur den Vornamen benutzte, in umstandsloser Vertraulichkeit, um dann aber mißtrauisch innezuhalten: »Sie sind sicher, daß Sie meine Nummer nur von der Annonce kennen ? Nicht anderswo her? Sie haben mit niemandem sonst gesprochen?«
    Was stellte der Mann sich denn vor? Er war aber an Antworten nicht weiter interessiert. Seine Augen hatten sich an
    Hans sattgefressen, jetzt rutschten sie in eine andere Richtung und wurden starr.
    »Pardon«, sagte der Hausmeister und griff in seine Brusttasche. Sein Mobiltelephon hatte gezittert, und tatsächlich glich das Telephon, wie jeder, der mit diesem Mann umging, schnell feststellte, für sein körperliches und geistiges Sein geradezu einem nach außen verlegten Herzschrittmacher, der ihm die lebensnotwendigen Impulse gab. Das Treppenhaus hatte etwas von einem Turm. Es war nicht nur im Keller kalt, auch dies Treppenhaus bewahrte eine Säule Luft, die deutlich ein paar Grad kühler als draußen war. Auf den Etagen gab es einen Terrazzo-Fußboden, der die angenehme Temperatur bewahren half. Es herrschte eine Stein- und Kellerluft hier, die in dem jungen Mann, sofort die Vorstellung der besonderen Reinlichkeit alter Gewölbe wachrief; eigentlich mußten Häuser viel älter als dieses sein, wenn sie solche Luft in sich bergen sollten. Die Wohnung bestand aus einem langen Schlauch, an dem sich mehrere kleine Zimmer, das Bad und die Küche aufreihten. Schließlich gelangte man in einen größeren Raum mit drei Fenstern, der an der Spitze des tortenstückartigen Hauses lag, fünf Wände hatte und das ganze wirre Platz- und Autowesen draußen von hoch oben überblickte, sogar ein Stück vom Fluß kam noch ins Bild. Eben schob sich dort unten ein langer schwarzer Kahn vorbei.
    »Die Möbel müssen drin bleiben«, sagte der Hausmeister laut, indem er seinen geflüsterten Telephondialog unterbrach. Tatsächlich standen ein paar Sachen in den Zimmern, aber nicht genug, um die Wohnung als möbliert zu bezeichnen: ein pompöser Schreibtisch mit gedrehten Säulenbeinen und gesprungener Platte, ein thronartiger Sessel, dessen von Mes-singnägeln gehaltenes Leder allerdings rehbraun zerfiel und zerbrach, sehr schmutzige Küchenschränke voller Töpfe und Pfannen, die mochte man gar nicht anfassen, so klebrig waren sie. Im Flur hing eine Radierung von Burg Eltz, wahrscheinlich aus den zwanziger Jahren. Ein durchgesessenes Sopha mit schmuddeligen Kissen war neueren Datums.
    »Das können Sie phantastisch dekorieren«, sagte der Hausmeister. »Ich gebe Ihnen die Adresse von einem marokkanischen Teppich-Importeur, der legt Ihnen ein phantastisches Stück über dies Sopha.«
    Der Mann wandte sich Hans bei diesen Worten mit durchbohrender Intensität zu, forschte eindringlich in seinem Ge--sicht und wandte sich dann ebenso nachdrücklich wieder ab. Der junge Mann wurde nicht überredet und nicht gedrängt.
    Er stand in dem hellen Eckzimmer mit dem weiten Blick und dachte nach. Die Wohnung war billig. Sie war ruhig, selbst bei geöffnetem Fenster war der Verkehrslärm gedämpft und verflog in alle Richtungen. Von hier hätte er zehn Minuten zu Fuß zur Bank. Die Töpfe könnte man spülen, die Möbel waren nicht so schlecht, daß man sie hätte hinauswerfen müssen, das Treppenhaus ein gutes Training - es gab durchaus Argumente, die für die Wohnung sprachen. Der Hausmeister mißfiel ihm, aber was scherte ihn der Hausmeister?
    Und dennoch, wenn er sich später fragte, warum er die Wohnung genommen habe, dann fühlte er, daß alle diese guten Gründe die Sache nicht trafen. Warum hatte er die Wohnung genommen? Er mußte es sich eingestehen: Auf diese Frage hatte er keine Antwort.
    Es mochte einen unvorhersehbaren Preis kosten, aber es war unbestreitbar, daß Abdallah Souad, so hieß der Hausmeister, sehr hilfreich sein konnte, nicht nur wenn es darum ging, »phantastische« Dekorationsvorschläge zu machen - man sah an diesem sprachlichen Detail, daß er im Deutschen gut zu Hause war, das Redensartliche, Jargonhafte machte er sich mühelos zu eigen.
    »Erzählen Sie mal was Flottes, Hans«, war eine gern geübte Eingangsfloskel, der man mit keiner Silbe zu entsprechen brauchte, denn er interessierte sich für die Mitteilungen anderer Leute, vor allem von Männern, nicht für fünf Pfennige. Das hielt ihn aber nicht davon ab, mit allen möglichen Personen Geschäftsbeziehungen zu unterhalten. Die beiden Ukrainer - gutmütige Pfannkuchengesichter, wie

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