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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zunächst weg, brach dann aber in ein heftiges Weinen aus. Da öffneten sich die sprichwörtlichen Schleusen. Das Weinen ergriff, wie bei kleinen Kindern, den ganzen Körper. Sie ließ sich von gutem, sanftem Zureden nicht trösten. Als sie sich etwas beruhigt hatte, sagte sie, und in ihrer Stimme kündigte sich ein erneuerter Erregungsschub an: »Ich werde in dieser Wohnung verrückt. Es hat schon so schlimm mit der Taube angefangen, die sich hier zu Tode geflattert hat, und nun geht es immer weiter.« Was gehe weiter?
    Es komme eben gar nichts mehr ins Lot, es stimme einfach überhaupt nichts mehr. Hans war darauf gefaßt, daß sie eine grimmige Anklage gegen ihn vorbereitete, aber wieder blieb er verschont - wenn er sich denn in dieser Aufregung als verschont betrachten wollte. Sie könne ihren Augen nicht mehr trauen, sagte Ina. Sie habe, nachdem er gegangen sei, auf die Straße geblickt, zur Seite von Souads Auto Waschanlage, und da sei die Autowaschanlage plötzlich einfach nicht mehr da gewesen - weg -, als habe es sie nie gegeben. Lange habe sie da hinuntergestarrt. Die Lücke, die die Autowaschanlage hinterlassen haben mußte - sie hatte allein schon ein riesiges Garagentor -, sei restlos ausgefüllt gewesen, kein Mensch habe ahnen können, daß hier einmal diese elende Waschanlage gewesen sei. Und nachdem sie sich die Augen gerieben habe und vom Fenster zurückgetreten sei und sich beruhigt und gesammelt habe, sei sie schließlich wieder ans Fenster gegangen und habe hinausgesehen - und da sei die Waschanlage wieder da gewesen - geräuschlos wieder aufgetaucht, habe Steine und Türen und Fenster beiseite geschoben und befinde sich nun wieder an der alten Stelle. Er könne dazu sagen, was er wolle, alles - nur eines nicht: daß sie nicht gesehen hätte, was sie gesehen habe. Diese Worte sagte sie mit vorauseilender Härte, als müsse sie sich schon bei dem bloß Zuhörenden gegen die Zumutung des Unglaubens wehren.
    Zwischen Beunruhigung und Erleichterung schwankte Hans, aber die Erleichterung war zunächst stärker. Daß Ina ihm keine Vorwürfe machte, daß sie keine Rechenschaft für die letzte Nacht forderte, ließ ihn aufatmen, und aus einer gerade überwundenen furchtsamen Reue wurde fürsorgliche, anteilnehmende Überlegenheit, in die sich auch ein kleines wohlverborgenes Lächeln mischte, wenn Ina nicht hinsah, und sie mied seinen Blick, das war in den wechselnden Stimmungen der letzten Tage zu einer Konstante geworden. Betont ruhig stellte er Tragen. Wo habe sie gestanden? In welchem Winkel habe sie aus dem Fenster gesehen? Er führte sie an das rechte äußere Fenster, das auf eine ähnliche Häuserzeile wie das linke blickte, auch Buntsandsteinhäuser standen hier vereinzelt, dazwischen die armen Wiederaufbau-Fassaden, durchaus mit dem Bild aus dem anderen Fenster vergleichbar, aber eben ohne Souads Waschanlage. Konnte es sein, daß sie zunächst aus dem einen, dann aus dem anderen Fenster geguckt hatte? Er selbst tue sich immer noch schwer damit, rechts und links auseinanderzuhalten; dieses scherzhafte Eingeständnis einer kleinen Schwäche erntete einen blitzenden Verachtungsblick. Hans suchte daraufhin einen anderen Zugang zu ihr. Im Grunde entspreche ihr Erlebnis seinen eigenen Empfindungen und wahrscheinlich denen vieler Menschen, ohne daß jemals darüber gesprochen werde. Sei es nicht eigentlich ein Wunder, was man erlebe, wenn man ein dunkles, aber wohlvertrautes
    Zimmer betrete und das Licht anmache? Sei es nicht jedes Mal eine geheime Überraschung, daß da alles so dastehe, wie man es im Gedächtnis behalten habe? Er selbst habe als Kind lange geglaubt, die Sachen tauschten in der Dunkelheit die Plätze und rasten, noch während man auf den Schalter drückte, zu ihrem alten Standort zurück, wo sie gleichsam atemlos stramm standen, wenn es hei! wurde - aber wer genau hinsah, konnte Sessel und Kommoden noch nach Luft ringen sehen. Die Möbel machten aus der Betätigung ihrer verborgenen Selbständigkeit eine militärische Übung.
    »Was willst du damit sagen?« fragte Ina, und deutliche Ablehnung lag in ihrer Stimme. Er sei davon überzeugt, daß diese kindliche Vorstellung eine Realität berühre, man könne sich so etwas schließlich nicht ausdenken. Diese Realität sei die Erfahrung, daß die Gegenstände sich unsichtbar machen könnten - ob sie nun den Betrachter blendeten oder ob sie sich tatsächlich selbst unsichtbar machten - Erfahrungen des täglichen Lebens eines jeden Menschen,

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