Kerzenlicht Für Eine Leiche
ohne etwas zu unternehmen! Diese kleinen Teufel sind ungeschoren davongekommen!«
»Meine Güte!«, sagte Meredith schwach – in der Hoffnung, dass Mrs. Archibald sich wieder beruhigte. Vielleicht wurde Mrs. Archibald in diesem Augenblick auch bewusst, dass sie gefährlich überreizt war. Ihre aufgedunsenen Finger, die die Sessellehnen umklammert hielten, ließen los und entspannten sich.
»Aber was satanische Dinge angeht, Liebes, davon weiß ich nichts. Derek hat nie erzählt, ob er später noch einmal was in der Kirche gefunden hat. Wenn Sie mit Janet Etheridge reden, kriegen Sie jede Menge Unsinn zu hören. Sie gehört zu jenen Leuten, die immer wieder irgendwelche merkwürdigen Ideen haben, und man kann sie nicht mehr davon abbringen! Stellen Sie sich vor, Vegetarierin ist sie! Einmal gab es einen grässlichen Streit zwischen ihr und Derek. Sie stand draußen vor dem Geschäft und verteilte Flugblätter gegen den Verzehr von Fleisch! Sie hat tatsächlich behauptet, dass Schlachthöfe grausam wären und Fleisch schädlich für die Gesundheit! Ich hab mein ganzes Leben lang Fleisch gegessen!«, schnaufte Mrs. Archibald wütend, »und es hat mir nie geschadet!«
»Gibt es vielleicht sonst noch jemanden, den ich fragen könnte?« Meredith zögerte.
»Was ist mit den Nachbarn rechts und links?« Mrs. Archibald schüttelte den Kopf.
»Die meisten wohnen noch nicht sehr lange hier. Derek und ich sind die Einzigen, die seit den alten Tagen hier wohnen. Ich wüsste nicht, zu wem ich Sie schicken sollte. Nebenan hat Joan Oates gewohnt. Es war nicht ihr Haus, nur gemietet. Als sie starb, haben Leute namens Hamilton das Haus gekauft. Als sie weggingen, kamen junge Leute nach. Sie haben das Dach abgenommen, haben Sie gesehen? Sie wollen ein Dachstudio einbauen, haben sie gesagt. Ich frage mich, ob sie überhaupt eine Baugenehmigung haben. Joan Oates – das war ihre Enkelin, deren Knochen man vor kurzem auf dem Friedhof gefunden hat.«
»Ja, darüber habe ich gelesen. Sie kannten das Mädchen also?«
»Die junge Kimberley? Und ob ich sie kannte. Eine kleine Kratzbürste. Ziemlich hübsch, schätze ich, genau wie ihre Mutter Susan. Die arme alte Joan musste das Kind aufziehen, nachdem Susan von zu Hause weggelaufen war. Die kleine Kimberley kam oft zu uns, als sie noch ein Knirps war. Sie hatte einen richtigen Narren an Derek gefressen. Er nahm sie mit zu seinen Spaziergängen und kaufte ihr Süßigkeiten. Wir hatten nie eigene Kinder, Derek und ich. Ich hatte immer eine schwache Gesundheit. Derek hat einen richtigen Wirbel um die Kleine gemacht. Schlimm, dass Kimberley so danebengeraten ist. Es tat mir Leid, aber es hat mich keineswegs überrascht.« In Meredith wuchs das Gefühl, dass es unklug war, Mrs. Archibald noch länger reden zu lassen; sie wollte nicht für eventuelle Gesundheitsprobleme der alten Dame verantwortlich sein. In ihrem Kopf schwirrte ein Dutzend neuer Ideen; sie wollte weg, um alles in Ruhe zu durchdenken. Sie bedankte sich bei Mrs. Archibald für ihre Hilfe und erhob sich, um zu gehen.
»Nett Sie kennen zu lernen, Liebes«, sagte Mrs. Archibald.
»Kommen Sie doch mal wieder vorbei.«
Meredith fuhr nach Hause. Der Regen prasselte beständig herab, und der Nachmittag war grau und verhangen. Sie musste das elektrische Licht in der Küche einschalten, um sich Tee zu kochen.
Schließlich saß sie am Küchentisch, trank ihren Tee und versuchte, die neuen und beunruhigenden Ideen in geordnete Bahnen zu lenken, die ihr durch den Kopf gingen.
Derek Archibald und seine Frau hatten keine Kinder und wahrscheinlich niemals ein besonders aufregendes Sexualleben geführt. Mrs. Archibald hatte ihr ganzes Leben unter ihrem schlechten Gesundheitszustand gelitten und Sex gegenüber eine ablehnende Geisteshaltung. Und Derek sammelte Hochglanzmagazine. Diese beiden Tatsachen standen wahrscheinlich in ursächlichem Zusammenhang. Derek besaß einen abgesperrten Schuppen hinter dem Laden, den außer ihm nie jemand betrat. Nicht einmal sein Gehilfe Gary wusste, was Derek dort drinnen verbarg. Seine Pornosammlung? Es schien nur logisch.
So weit, so gut. Der Regen prasselte gegen das Fenster, und Meredith blickte nach oben. Die Zwergmispel an der Hauswand musste zurückgeschnitten werden. Sie wollte Alan schon eine ganze Weile um seinen Rat bitten. Vor der Scheibe schwebte ein Zweig mit kleinen grünen Blättern. Die Bewegung schien sie zu ermuntern. Los, weiter, Mitchell. Du bist schon so weit gekommen, lass jetzt
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