Kerzenlicht Für Eine Leiche
gewidmet war und eine furchtbare Besessenheit enthüllte.
Meredith setzte sich auf und schaltete die Taschenlampe ab. Übelkeit war in ihr aufgestiegen. Worte echoten durch ihren Verstand. Mrs. Archibalds Worte, wie gerne die kleine Kimberley mit Derek zusammen gewesen war. Er hatte sie zu
»Spaziergängen« mitgenommen – Spaziergängen, die ohne Zweifel nie weiter als bis zu diesem Schuppen geführt hatten. Derek war ganz verrückt nach dem Kind gewesen. War es tatsächlich nicht mehr? Meredith wagte gar nicht weiter zu denken.
Und die anderen Kinder? Diejenigen, die Bilder von nackten Frauen durch den Briefkastenschlitz geschoben hatten und
»Derek Archibald ist ein alter Schmutzfink!« an die Gartenmauer geschrieben hatten? Derek Archibald mit seiner geheimen Sammlung von Hochglanzmagazinen und wahrscheinlich auch härterem
»Stoff«, alles versteckt in seinem Schuppen. Derek, besessen von Kimberley in sämtlichen Stadien ihres Lebens. Besessen bis über den Tod hinaus, wie es schien.
Sie musste Alan davon erzählen. Sie würde ihm ihr nächtliches Abenteuer beichten müssen, und er würde wütend werden. Trotzdem, er musste es erfahren!
Meredith schaltete die Taschenlampe wieder ein und beugte sich vor, um einen letzten Blick in den Schuppen zu werfen. Ihre frühere Neugier war Abscheu gewichen, doch vielleicht gab es noch andere Hinweise, die sie beim ersten Mal übersehen hatte.
Irgendwo in der Ferne klapperte eine Mülltonne. Eine Katze. Vielleicht die gleiche, die Meredith vor die Füße gesprungen war und sie erschreckt hatte. Von der Hauptstraße her ertönte eine Hupe. Besser, wenn sie nicht mehr länger als unbedingt nötig blieb. Sie wusste nicht mehr genau, wie lange sie bereits hier oben auf der Mauer gesessen hatte. Meredith schob den ganzen Arm durch das Loch im Dach und versuchte die gegenüberliegende Ecke auszuleuchten. Dabei lockerte sie unwillkürlich den Griff um die Lampe. Ohne Vorwarnung rutschte das kleine, regennasse Gerät aus ihrer Hand und fiel klappernd in den Schuppen hinunter. Die Lampe kam auf dem Boden zu liegen und brannte immer noch. Der Strahl leuchtete nutzlos in eine leere Ecke.
»Verdammt!«, murmelte Meredith.
Sie konnte die Lampe nicht zurückholen. Nicht, ohne das halbe Dach abzureißen und auf diese Weise praktisch sicherzustellen, dass Archibald den Einbruch bemerkte. Ihr blieb keine andere Wahl, als die Lampe liegen zu lassen und zu hoffen, dass die Batterie bis zum Morgen erschöpft war. Es war nur eine kleine Batterie, und sie war nicht neu. Wie lange konnte sie noch ununterbrochen brennen? Nicht länger als vielleicht eine Stunde, tröstete sie sich. Und wenn sie erst erloschen war, bestand eine geringe Chance, dass Derek Archibald sie auf dem Boden seines Schuppens nicht gleich entdeckte.
Meredith setzte sich auf und schob das gelockerte Brett an seinen Platz zurück. Sie konnte den Nagel nicht wieder einschlagen, doch sie zog die Dachpappe zurecht und hoffte, dass Archibald es nicht so bald bemerkte. Immerhin war es die hintere Seite des Schuppens.
Von innen würde man mit ein wenig Glück überhaupt nichts bemerken. Meredith kletterte an der Mauer hinunter und zerschrammte sich die Hände an dem kalten, nassen Stein. Sie eilte durch die Gasse zur Hauptstraße und in Richtung ihres Hauses, kaum gewahr, wohin ihre Füße sie trugen. Zu Hause angekommen wurde ihr bewusst, dass sie bis auf die Haut durchnässt und von oben bis unten verdreckt war. Ihre Hände waren in einem ganz besonders traurigen Zustand, die Nägel abgebrochen, die Haut zerkratzt, Dreck in den Schrammen. Sie streifte die nasse Kleidung ab und ließ sich ein Bad ein. Als sie die Badewanne wieder verlassen und saubere, trockene Kleidung angezogen hatte, war es ein Uhr morgens. Ihr erster Gedanke war, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und Markby anzurufen, aber dann wurde ihr bewusst, dass es kaum fair war und Alan vor dem nächsten Morgen sowieso nicht aktiv werden konnte. Sie unterdrückte ihre Ungeduld, trank eine heiße Schokolade und ging zu Bett. Sie schlief nicht besonders gut.
KAPITEL 18
DER RADIOWECKER riss Markby aus dem Schlaf. Dem Summen folgten die wenig ermutigenden Morgennachrichten sowie das Versprechen weiteren schlechten Wetters. Halb im Unterbewusstsein rollte er sich aus dem Bett und trottete zur Dusche und wurde erst richtig wach, als er ein wenig später seine Küche betrat und sich eine Tasse Instant-Kaffee braute. Mit dem Becher in der Hand schielte er
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