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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Sonntagmorgens hatte sie Kimberley dabei überrascht, wie sie die Briefe durchgegangen war und Notizen auf einen Zettel gekritzelt hatte. Offensichtlich hatte sie jeden Fetzen Information über ihre Mutter gesammelt, der sich aus den spärlichen Unterlagen gewinnen ließ. Mrs. Oates hatte geglaubt, dass Kimberley vielleicht vorgehabt hatte, ihre Mutter zu suchen. Der Zwischenfall hatte sie erschreckt und beunruhigt, und sie hatte versucht, Kimberley von der Idee abzubringen. Sie kannte ihre Tochter Susan, und sie konnte sich ziemlich genau vorstellen, was geschehen würde, sollten Kimberleys Bemühungen erfolgreich verlaufen.
    Im Zuge der Ermittlungen spürte die Polizei Susan Oates auf. Wie sich herausstellte, lebte sie in Wales und war mit einem Mann namens Tempest verheiratet, mit dem sie zwei kleine Kinder hatte. Das Auftauchen der Polizei hatte sie sowohl erschreckt als auch wütend gemacht. Obwohl die Polizei mit aller gebotenen Diskretion vorgegangen war, hatten Nachbarn Mr. Tempest über den Besuch der Beamten informiert, und er hatte unverzüglich wissen wollen, was da vor sich ging. Er hatte nicht gewusst, dass seine Frau schon einmal ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hatte, und er fiel aus allen Wolken. Susan behauptete, sie hätte keinerlei Kontakt zu ihrer Tochter gehabt und dass sie auch keinen Wunsch in dieser Richtung verspüre. Mr. Tempest hatte
    »höchst ungehalten« reagiert und seinem Namen anscheinend alle Ehre gemacht: Als Susan Tempest, geborene Oates, das letzte Mal vernommen worden war, hatte sie ein blaues Auge gehabt.
    Kimberley war zum Zeitpunkt ihres Verschwindens gerade achtzehn geworden und somit volljährig. Hätte es sich um eine Minderjährige gehandelt, hätte die Polizei die Angelegenheit weiter verfolgt. Doch ohne jeden Hinweis darauf, dass sich ein Verbrechen ereignet haben könnte, wurden die Ermittlungen eingestellt. Der Bericht konstatierte, dass sich die junge Frau wohl entschlossen hatte, nach verschiedenen heftigen Auseinandersetzungen die Familie zu verlassen. Möglicherweise war sie zu einem Freund gezogen und lebte mit ihm zusammen. So etwas geschah jeden Tag. Kimberley Oates wurde als vermisst eingestuft, doch jeder wusste, dass es eine reine Formalität war. Es war kein Verbrechen zu verschwinden. Dutzende taten genau das Gleiche, und häufig aus gutem Grund. Der Bericht erwähnte, dass Kimberleys Mutter genau das Gleiche getan hatte. Die Angelegenheit galt inoffiziell als abgeschlossen, obwohl der Fall aus formellen Gründen niemals wirklich zu den Akten gelegt worden war.
    Markby klappte den Hefter zu und saß noch eine ganze Weile da, während er zum Fenster hinaus und in den nächtlichen Himmel starrte.
    Früh am nächsten Morgen wurden die örtlichen Zahnarztpraxen angefahren, und schon beim dritten Versuch trafen die Beamten ins Schwarze. Kimberley Oates’ Krankenakte hatte überlebt, und die Gebisskarte passte perfekt zu den Zähnen des Schädels.

    »Sie haben Glück«, sagte die Zahnarzthelferin.
    »Mr. Gupta hat mich gebeten, die alten Akten zu vernichten. Wir bewahren sie in der Regel nicht länger als fünf oder sechs Jahre auf.«
    Und auf diese Weise hatte sich das, was anfangs ausgesehen hatte wie eine langwierige, mühevolle Suche nach der Identität der Toten, als überraschend einfach herausgestellt, dank Mr. Simon French und einer Zahnarzthelferin, die zu viel Arbeit hatte, um Zeit für die Vernichtung alter Akten zu finden. Markby sagte sich, dass er wirklich dieses absurde Vorurteil gegenüber French aufgeben musste. Sie schuldeten ihm nichts als Dankbarkeit. Sie waren nun sicher, dass Kimberley nicht freiwillig verschwunden war. Sie war ermordet worden.
    »Und irgendjemand«, sagte Markby grimmig, »irgendjemand muss damals einen Verdacht gehabt haben. Irgendjemand muss etwas übersehen haben.«
    Er ging, um nach Louise Bryce zu suchen, und fand sie vor einem Kaffeeautomaten, wo sie sich einen Pappbecher gezogen hatte.
    Sie wirkte übernächtigt und hatte rote Augen. Als sie ihn sah, stellte sie den Becher mit einem Ausdruck der Resignation ab.

    »Ich werde losfahren und sehen, ob Mrs. Oates noch unter der gleichen Adresse wohnt, Sir.« Sie nickte in Richtung der Akte, die Markby in der Hand hielt.
    »Rein technisch betrachtet ist sie nicht die nächste Angehörige.« Sie verzog die vollen Lippen zu einem schiefen Grinsen.
    »Aber Kimberley hat bei ihr gelebt, und moralisch gesehen, wie man so schön sagt, ist sie eine nähere Verwandte als

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