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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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war keine ungewöhnliche Geschichte. Eine gewisse Susan Oates hatte im Alter von sechzehn Jahren ein Kind zur Welt gebracht, ohne mit Sicherheit sagen zu können, wer der Vater war. Das Baby war nicht zur Adoption freigegeben worden, weil Susan sich dagegen gewehrt hatte. Andererseits war sie nicht mit der harten Arbeit oder den Beschränkungen für ihr Leben zurechtgekommen, die das Baby verlangt hätte. All das war ihrer verwitweten Mutter zugefallen, Joan Oates.
    Ein Jahr später war Susan des Babys vollkommen überdrüssig gewesen und verschwunden. Ihre Mutter war mit dem Baby in den Händen zurückgeblieben. Zuerst hatte Susan zu den Geburtstagen und zu Weihnachten geschrieben und billige Geschenke geschickt. Dann waren nur noch Karten gekommen und die Geschenke ausgeblieben. Schließlich hatten selbst die wenigen Zeilen in den Karten aufgehört, und sie waren nur noch unterschrieben. Irgendwann hatte die Korrespondenz ganz aufgehört.
    Das Baby, getauft auf den Namen Kimberley, war unter der Obhut der Großmutter aufgewachsen. Kimberley war mit sechzehn von der Schule abgegangen und hatte eine Arbeit als Kellnerin bei Partytime Caterers angenommen. Wenn sie nicht kellnerte, half sie bei allen möglichen Aufgaben mit. Sie war bei ihren Kollegen beliebt gewesen, und die Geschäftsleitung war mit ihrer Arbeit zufrieden, auch wenn sie mehrmals ermahnt worden war, nicht mit den Kunden zu flirten. Ihr hatte, mit den Worten des Geschäftsführers, »ein gewisses professionelles Verhalten« gefehlt. Es ist offensichtlich, dachte Markby, wer Simon French die grundlegenden Kenntnisse über
    »richtiges Geschäftsgebaren« vermittelt hat.
    Die Vorträge über richtiges Benehmen hatten Kimberley offensichtlich wenig beeindruckt. Andererseits war sie auch noch sehr jung gewesen. Eines Tages im späten Juli hatte sie tagsüber freigehabt und erst später zur Arbeit gemusst, um auf einer Abendgesellschaft zu kellnern, die von Partytime beliefert wurde. Vormittags hatte sie sich, nach den Worten von Mrs. Joan Oates, »zurechtgemacht« und war ausgegangen. Ihre Großmutter hatte geglaubt, dass Kimberley wohl einen Einkaufsbummel machte oder sich mit Freundinnen traf. Sie war nicht wieder zurückgekehrt. Später hatte der Geschäftsführer von Partytime bei Mrs. Oates angerufen und sich erkundigt, wo Kimberley bliebe. Sie würde gebraucht. Sie war nicht zur Arbeit erschienen. Es gab zu wenig Personal, und der Geschäftsführer war sehr aufgebracht gewesen. Mrs. Oates hatte angefangen, sich Sorgen zu machen. Kimberley war die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Am nächsten Tag hatte Mrs. Oates die Polizei informiert.
    Kimberley wurde nie wieder gesehen. Mrs. Oates räumte ein, dass es eine Reihe von Streits zwischen ihr und ihrer Enkelin gegeben hatte. Kimberley war in den letzten Wochen
    »schwierig« gewesen. Bezeichnenderweise gab es keinerlei Hinweis, dass sie schwanger gewesen war. Kimberley hatte ihrer Großmutter wahrscheinlich nichts davon erzählt, doch nach vier Monaten wurden die Umstände allmählich sichtbar, selbst wenn man so mollig war wie Kimberley. Sie musste sich darauf einstellen, der Großmutter die Wahrheit zu erzählen. Vielleicht war es ihr unmöglich gewesen, und sie war deswegen weggegangen. Sie hatte allerdings keine Koffer gepackt, dachte Markby mit nachdenklich zusammengepressten Lippen. Auch das geschah häufiger. Manchmal beschlossen jugendliche Ausreißer, noch während sie außer Haus waren, nicht mehr zurückzukehren.
    Nach Freundinnen und Freunden befragt, hatte Mrs. Oates zu Protokoll gegeben, dass Kimberley wohl
    »jede Menge« Freunde gehabt hatte. Joan Oates hatte allerdings den Eindruck gehabt, dass es in letzter Zeit jemand Besonderen gegeben hatte, auch wenn Kimberley sie nicht eingeweiht hatte. Im Nachhinein dachte die Großmutter, dass ihre Enkelin sich heimlichtuerisch verhalten hatte. Unwillig gestand sie ein, dass Kimberley schon früher eine ganze Nacht lang nicht nach Hause gekommen und dass sie deswegen sehr zornig auf ihre Enkelin gewesen war. Sie befürchtete ernsthaft, dass Kimberley sich ganz wie die Mutter entwickeln könnte. Doch sie war stets zur Arbeit erschienen.
    »Sie brauchte das Geld«, hatte Joan gesagt.
    Sie hatte der Polizei auch noch etwas anderes gesagt, etwas, das zuerst nach einer Spur ausgesehen hatte. Joan hatte sämtliche kurzen, lieblosen Geburtstags- und Weihnachtsgrüße ihrer Tochter in einer Schachtel aufbewahrt, zusammen mit den Umschlägen. Eines

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