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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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weiteres Loch machen konnten, und von Zeit zu Zeit rief Niun hinab, ohne Antwort zu erhalten. Das Loch war schließlich groß genug, um einen Körper hindurchzulassen. Niun überlegte, ob der Mensch oben bleiben würde und wie sie wieder hinauskommen würden, und dachte verzweifelt daran, Duncan zu töten. Aber mit Melein auf seinen Armen konnte er nicht wieder heraufklettern, nicht so leicht jedenfalls, und er war sich auch nicht sicher, ob der Stoff seiner Gewänder sein Gewicht tragen konnte, oder was sonst helfen konnte.
    »Ich werde hinabgehen«, sagte Duncan, öffnete eine Tasche und zog ein Seil hinaus, und aus einer anderen eine kleine Lampe. Er bot diese kostbaren Dinge mit einer naiven Ehrlichkeit an, die Niun für einen Moment entwaffnete.
    »Die Falltiefe«, sagte Niun, den innerlich bei dem Gedanken schauderte, daß Duncan so dicht an Melein kommen konnte, »entspricht dem Anderthalbfachen meiner Körperhöhe.« Er fügte nicht hinzu, welche Rache er nehmen würde, falls Duncan unvorsichtig sein und Melein etwas zufügen sollte, falls er sie nicht lebend heraufbringen würde – denn das wäre nutzlos gewesen. Er saß hilflos da und sah zu, wie Duncan seinen Körper – etwas schwerer als der Niuns – in die Lücke schob und mit einem heftigen Geräusch hinab in die Dunkelheit sprang.
    Niun hörte, wie er unten herumsuchte, durch Dinge, die klapperten und sich bewegten, zwischen schwankenden Steinen. Er beugte sich hinab und versuchte, den winzigen Lichtstrahl der Lampe zu erkennen, die Duncan hielt.
    »Ich habe sie gefunden«, kam Duncans Stimme aus der Kälte herauf, und dann: »Sie lebt.«
    Niun weinte, nun, da der Mensch ihn nicht sehen konnte. Dann wischte er sich die Augen und saß still, die Fauste um die Knie gekrampft. Er wußte, daß der Mensch Melein als Geisel nehmen konnte, sie verletzen konnte, Rache erzwingen oder einen schrecklichen Eid vollziehen konnte. Diese Dinge hatte er sich nicht deutlich überlegt, was ein Zeichen seiner Erschöpfung und seines verzweifelten Strebens war, sie noch rechtzeitig zu erreichen. Jetzt jedoch dachte er nach und hielt sich an der Kante des Loches fest, um hinabzuklettern.
    »Mri! Niun!« Duncan stand im Licht und hielt ein blasses Bündel in den Armen, ein Bündel goldener Roben, das sich an ihn lehnte. »Laß das Seil herab. Ich werde versuchen, sie heraufzubringen.«
    Noch während Niun zusah, regte sich Melein und bewegte sich, und ihre Augen öffneten sich dem Licht, in dem er nur wie ein Schatten über ihr wirken konnte.
    »Melein«, rief er nach unten, »Melein, wir werden dich hochziehen. Das ist ein Mensch, Melein, aber hab keine Angst vor ihm.«
    Sie sträubte sich, als sie das hörte, und Duncan stellte sie wieder auf die Füße. Niun sah den Ausdruck, mit dem sie Duncan ins Gesicht sah, in dem matten Licht und schrak zurück.
    Aber sie gestattete Duncan dann, seine Hände um ihre Taille zu legen und sie hochzuheben, bei weitem der einfachste und für sie am wenigsten schmerzvolle Weg. Sie konnte jedoch nicht die Hände heben, um die Niuns zu ergreifen, und gab einen Schmerzenslaut von sich – sie, die einmal Kel'e'en gewesen war. »Warte!« protestierte Niun und formte aus einer Windung des Seiles und einem Knoten eine Schlinge und warf sie hinab. Nachdem Melein sich die von ihm gemachte Schlinge umgelegt hatte, wickelte er das Seil um Hand und Arm und zog das Gewicht vorsichtig an. Duncan half mit Heben, aber eine Zeitlang schnitten das dünne Seil und der Aufwärtszug in Niuns Hand. Er versuchte, Melein nicht an der gezackten Öffnung entlangschrammen zu lassen, zog nur ganz vorsichtig, stemmte sich gegen seine Füße und mißachtete den Schmerz in seinen Händen. Sie kam schließlich hindurch, schwang sich selbst auf den sonnenbestrahlten Staub und versuchte, aufzustehen. Er hatte sie, er hatte sie sicher, und er klammerte sich an ihre Füße und hielt sich an ihr fest, wie er seit seiner Kindheit kein lebendes Wesen gehalten hatte, während sie beide noch in das Seil gewickelt waren. Er wischte Staub und Tränen aus ihrem Gesicht, während sie noch nach der frischen Luft schnappte.
    »Das Schiff ist zerstört«, sagte er, um all die Grausamkeiten zu erledigen, während die Wunden noch taub waren. »Alle anderen sind tot, sofern da unten nicht noch jemand am Leben ist.«
    »Nein, niemand. Sie hatten keine Zeit mehr. Sie waren zu alt zum Laufen... sie wollten nicht... sie saßen ruhig bei der She'pan. Dann wurde das Haus...«
    Sie begann zu

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