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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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ihren Hängen Staub und kleine Steinchen herabrutschten. Und das Herz der tiefsten Trümmer war der Schrein, den Niun gesucht hatte.
    Er war nur zu stark verschüttet.
    Falls es möglich gewesen wäre, hätte er alle Relikte herausgesucht, die er nur tragen konnte, und sie fortgebracht in die Heiligkeit von Sil'athen, wo auch seine Angehörigen hätten begraben werden sollen. Aber vielleicht würden die Menschen niemals neugierig genug sein, diesen Ort mit ihren Maschinen zu entweihen, die Trümmer und die Überbleibsel einer Art zu durchsieben, die im Universum keine Rolle mehr spielte.
    Und hier erreichte die Zerstörung die innere Zitadelle seiner selbst, die sie bis jetzt noch nicht empfunden hatte, und er zitterte, und die Sinne schwanden ihm beinahe. Er streckte die Hand aus, um eine Stütze zu suchen, und berührte den falschen Stein, rief einen Geröllsturz hervor, der den Ort zu ihren Füßen begrub und sie mit pulverigem Staub einhüllte. Das einzige, was er deutlich erkennen konnte, war Duncans Gesicht, der Schrecken in seinen Augen, als es für einen Moment so aussah, als würden die unter dem Gewicht des Schutts und der Erde begraben werden. Aber da hörte das Rutschen auf, und es wurde wieder still.
    Irgendwo polterte ein Stein, dann noch einer, und es gab wieder einen Rutsch und dann Stille, das Purzeln einiger Steinchen.
    Und diese Stille zerriß ein dünner, entfernter Schrei.
    Duncan hörte ihn, und ohne seinen bestätigenden Blick zur Seite hätte Niun den Schrei für eine Illusion gehalten. Aber er kam aus der Richtung, in der das Kath gelebt hatte, wo sich die tiefsten Vorratsräume befanden.
    Er drehte sich um und fing an, seinen Weg durch die Trümmer zu suchen, vorsichtig, ganz vorsichtig jetzt mit seinem Leben und dem von der, die laut dort unten in der Dunkelheit geschrien hatte.
    »Melein!« rief er, blieb stehen und lauschte, und dasselbe dünne Geräusch war wieder zu hören.
    Er erreichte die Stelle, die er als die einschätzte, wo es herkam, und hier war eine Wand eingestürzt, und auf ihr lag feinerer Schutt. Aber die stählernen, von den Regul gemachten Türen hatten standgehalten.
    Zu gut allerdings. Sie waren durch ein Gewicht verklemmt, das nicht bewegt werden konnte, da sie keine Werkzeuge hatten, um etwas wegzubrechen, oder Maschinen zum Anheben. Niun zerrte mit den Händen, und seine Muskeln knackten, und Duncan legte ebenfalls seine Kraft in die Waagschale, aber es wollte sich nichts bewegen. Und schließlich setzten sich beide und schnappten nach Luft und husteten. Duncans Nase fing wieder an zu bluten. Er verwischte es zu einer Blutspur, und seine Hände zitterten unkontrolliert.
    »Gibt es«, fragte Duncan, »da unten eine Ventilation?«
    Die gab es nicht, und eine neue Angst fügte sich zu der übrigen. »Melein«, rief Niun aus, »Melein, hörst du mich?«
    Er hörte eine Art Antwort, und es war die Stimme einer jungen Frau, hoch, dünn und klar. Es war wirklich Melein. Niun schloß, daß sie sich unter ihnen befand, und versuchte, ihre genaue Position abzuschätzen, und markierte mit der Ferse eine Stelle auf dem Boden.
    Dann zerrte er eine Stützstange aus den Trümmern und fing an, mit vorsichtigen Stichen zu graben. Er war nicht so unbekümmert, daß er in diese Heiligkeit hinabgeschossen hätte. Er grub mit der Stange und den Fingern, und Duncan sah, was er tat, und half ihm dabei mit sich abwechselnden Stichen, die tiefer in den ellendicken Boden eindrangen. Gelegentlich legten sie eine Pause ein, um den Staub wegzuscharren, den sie erzeugt hatten. Die Sonne wurde heiß, und das einzige Geräusch, das es noch gab, war das stetige Stoßen und Scharren von Stahl auf der zementierten Erde, und für eine lange Weile hörte er kein Wort von Melein. Furcht quälte ihn, denn er wußte, wie klein der Hohlraum da unten war, wie knapp der Luftvorrat bemessen sein mußte. Und er fürchtete auch, daß die Lücke, die sie gruben, die kleine Stelle verfehlen würde, in der Melein versteckt war. Und er fürchtete, daß der ganze Boden nachgeben könnte.
    Sie brachen durch. Luft strömte aus der Schwärze hervor, abgestanden, verbraucht und kalt.
    »Melein«, rief Niun hinab und erhielt keine Antwort.
    Er fing an, noch stärker zu arbeiten, rammte Splitter von den Rändern des Lochs und erweiterte es dadurch, ließ mehr und mehr Luft hindurch, schickte einen Balken Sonnenlicht in das Gelaß hinunter. Sie legten Stahlstreben frei und arbeiteten in eine andere Richtung, in der sie ein

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