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Ketchuprote Wolken

Ketchuprote Wolken

Titel: Ketchuprote Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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Garderobe. Während ich mich auf der schmalen Treppe an den anderen vorbeiquetschte, kippte ich schnell meinen Drink runter und machte dann oben eine Tür nach der anderen auf, aber alle Zimmer waren leer. Ich schaute ins Badezimmer. Dann steuerte ich die untere Toilette an, nachdem ich mir mein Glas noch mal mit purem Wodka gefüllt und es auf einen Zug geleert hatte.
    Die Tür zum Gästeklo ging auf, als ich am Knauf drehte. Ich sah einen tropfenden Wasserhahn und eine Toilette und dann mich selbst im Spiegel. Alles war völlig verschwommen, und ich musste mich am Waschbecken festhalten. Ich stolperte hinaus und landete in einem kleinen Wintergarten. Es war kühl und dunkel dort, bis auf das Mondlicht, das durchs Glasdach fiel. In einer Ecke stand ein bequem aussehender Sessel, und ich torkelte dorthin und ließ mich reinfallen, als das Zimmer sich vor meinen Augen zu drehen begann. Als mein Po aufs Kissen sank, sagte jemand: »Hey.«
    Mein Kopf fuhr hoch, aber es war nicht der Junge, Mr Harris. Sondern Max Morgan. Der Max Morgan. Er hielt eine Flasche Whisky in der Hand und grinste mich an. Sein schickes Hemd war bekleckert und seine Stirn schweißnass. Er hatte braune Augen, und seine kurzen dunklen Haare waren cool gestylt. Sein schiefes Grinsen machte mich ganz wuschig im Kopf.
    »Hey«, sagte Max noch mal. »Hannah?«
    »Nee, Zoe«, erwiderte ich. Das sagte ich natürlich nicht, sondern meinen echten Namen, den, den ich Ihnen nicht verraten kann.
    »Zoe«, wiederholte Max. »Zoe, Zoe, Zoe.« Er rülpste mit geschlossenem Mund und ließ die Luft dann langsam entweichen. Dann deutete er auf mich. »Du bist in meinem Französischkurs!«
    »Nein.«
    Max hielt beide Hände hoch und kippte fast vornüber. »Entschuldige. Tut mir leid. Tut mir leid. Du siehst einem Mädchen ähnlich, das ich kenne.«
    »Wir sind seit drei Jahren an derselben Schule.«
    Max schien mich nicht gehört zu haben. »Liegt das an mir, oder ist es wirklich so heiß hier drin?« Er taumelte zu der Glastür und versuchte sie zu öffnen. »Die ist kaputt, Hannah. Ist kaputt.«
    Ich rappelte mich auf, schloss die Tür auf und öffnete sie. »Ich heiße Zoe, und nein, die Tür ist nicht kaputt.«
    Max hickste. »Du bist eine Heldin. Heroisch. Wie in Heroin.« Er tat, als setze er sich eine Spritze. Lachte über seinen Scherz und hielt mir die Flasche hin. »Willst du auch was?« Ich streckte die Hand aus, aber Max zog die Flasche weg und trat in den Garten. »Kommst du?«
    Die Nacht war mild, perfekt, um draußen zu sein. Ein Windstoß zauste meine Haare, als Max meine Hand nahm. Mein Magen machte einen Purzelbaum, als unsere Finger sich verschränkten, und ich fragte mich, was Lauren wohl sagen würde, wenn sie sehen könnte, wie Max Morgans Daumen meine Fingerknöchel streichelte. Ich stellte mir vor, wie ich die Geschichte am Montagmorgen in der Schule erzählte. Und dann führte Max mich zu einem Steinbrunnen im hinteren Garten. Da trieb ein Nachtfalter im Wasser. Max berührte ihn sacht mit der Fingerspitze und setzte sich ins Gras. Er trank aus der Whiskyflasche und schaute zu mir hoch, und ich schaute zu ihm runter, und wir wussten beide, dass gleich etwas Unglaubliches …
    Max rülpste laut.
    »Willst du da stehen bleiben?«
    Ich setzte mich zu ihm, und er reichte mir die Flasche. Ein Schluck konnte ja nicht schaden, sagte ich mir. Und das sagte ich mir dann jedes Mal, wenn Max mir die Flasche hinhielt. Die Öffnung war nass von der Spucke und glitzerte im Mondlicht. Max legte seine Hand auf mein Bein, und ich ließ es zu, auch als sie meinen Schenkel hochwanderte. Irgendwann fing ich an, über Großvater zu reden – dass er jetzt krank sei, aber als junger Mann topfit gewesen war.
    »Ich bin auch topfit«, murmelte Max und hickste.
    »Die waren ein tolles Paar, meine Großeltern«, fügte ich hinzu. Ich weiß noch, dass ich mich echt anstrengen musste, um nicht zu lallen.
    »Meine Eltern auch«, sagte Max. »Früher. Jetzt nicht mehr. Jetzt reden sie nicht mal mehr miteinander.«
    »Und sie konnten gut tanzen«, fuhr ich fort und verflocht meine Hände, um meine Worte zu unterstreichen.
    »Ich kann auch gut tanzen«, sagte Max und nickte wie wild. Sein Kopf wackelte auf und ab. »Richtig gut.«
    »Ja, kannst du«, erwiderte ich ernsthaft. »Und meine Großeltern waren mal jung. Richtig jung. Ist das nicht komisch?«
    Max hickste wieder und versuchte mich anzuschauen, ohne zu schwanken. »Wir sind auch jung. Wir sind jetzt

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