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Ketchuprote Wolken

Ketchuprote Wolken

Titel: Ketchuprote Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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Fleisch geben wollte.
    Dad nahm einen Dosenöffner aus der Schublade. »Es geht ihm immer noch schlecht«, sagte er seufzend. Mum reagierte nicht, sondern starrte nur auf den Bildschirm ihres Laptops. Dad schüttete die Bohnen in eine Schale, und einen Moment lang wartete ich beinahe darauf, dass Wischel aus der Dose fallen würde, blau und nass und mit Soße verschmiert. Ich lächelte in mich hinein und nahm mir vor, mich mit den Hausaufgaben zu beeilen, damit ich ein neues Kapitel schreiben konnte. »Wie war euer Tag, Leute?«, fragte Dad, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Normal«, murmelte Mum.
    »Bestimmt besser als meiner.«
    »Es ist kein Wettbewerb, Simon.«
    »Hab ich auch nicht behauptet. Aber ich hatte eben einen richtigen Dreckstag, das ist alles. Und ich muss übrigens auch mit dir darüber reden.« Er drückte ein paar Knöpfe an der Mikrowelle und beobachtete dann die kreisende Schale.
    »Ich bin grade ziemlich beschäftigt«, sagte Mum.
    »Es ist aber wichtig.«
    »Das hier auch.«
    »Was machst du denn?«
    »Interessiert dich ja doch nicht«, sagte sie giftig.
    »Wenn es das ist, was ich glaube, verschwendest du nur deine Zeit.«
    »Kann ja nicht schaden, es sich anzugucken«, erwiderte Mum und rief eine Seite über Cochleaimplantate auf. Die Mikrowelle piepte, und Dad nahm die Schale heraus und steckte den Finger in die Bohnen.
    »Wie lange stellst du so was rein? Die sind immer noch kalt.«
    »Herrje«, fauchte Mum, stand auf und griff nach der Schale, die Dad aber nicht losließ. »Kannst du denn nicht mal was selbst machen?«
    »Ich hab nicht gesagt, dass du es machen musst!«
    Mum riss Dad die Schale aus der Hand und knallte sie in die Mikrowelle.
    »Lass uns mal kurz allein, Zo«, sagte Dad leise zu mir. »Ich muss mit deiner Mutter reden.«
    »Ich muss aber arbeiten«, murrte ich, ohne aufzuschauen. Ich ließ einen Kuli zwischen meinen Zähnen klappern, um zu demonstrieren, dass ich angestrengt nachdachte und nicht gestört werden durfte.
    »Nur fünf Minuten, Schatz. Bitte.«
    »Lass sie in Ruhe, Simon. Sie muss lernen.«
    »Das kann sie auch in ihrem Zimmer machen«, erwiderte Dad. »Na los, Zo.«
    Ärgerlich packte ich meine Sachen zusammen und verzog mich aus der Küche. Natürlich tat ich das, was jeder normale Mensch tun würde, nämlich mit einem Glas an der Wand horchen. Aber ich hörte nichts außer meinem eigenen Blut, das im Kopf herumrumorte, was mich eigentlich beruhigte, weil ich mir in letzter Zeit Sorgen gemacht hatte, ob verklumptes Blut vielleicht erblich ist. Die beiden blieben über eine Stunde in der Küche. An den nächsten drei Tagen auch. Ich hatte keine Ahnung, worüber sie redeten, und als Soph einen Strohhalm unter der Tür durchsteckte, um reinzuspähen, sah sie nur einen Teil von dem Läufer.
    Eine Woche später wurde alles noch seltsamer. Als ich aus der Schule kam, tigerte Dad in der Diele auf und ab und zerrte an seiner Krawatte. Mums Hintern ragte aus dem Schuhschrank.
    »Wo geht ihr hin?«, fragte ich, und mein Magen krampfte sich zusammen. Dad kam sonst nie früh nach Hause.
    »Raus«, sagte Mum und zwängte ihre Füße in hochhackige Pumps.
    »Das seh ich. Aber wohin? Zu Großvater?«
    »Wohl kaum«, antwortete Mum und stellte ihre Handtasche auf den Abstelltisch, neben einen Flyer über die Guy-Fawkes-Feiern. Sie legte Lippenstift auf, während Dad auf den Zehen auf und ab wippte.
    »Warum seid ihr denn so schick angezogen?«, fragte ich.
    »Mach dir keine Gedanken«, antwortete Dad.
    Ich zog meinen Mantel aus und hängte ihn übers Treppengeländer. »Mach ich aber.«
    Mum presste die Lippen zusammen und zupfte den Kragen ihrer Bluse zurecht. »Wir erklären es dir später. Soph ist am Computer, und Dot spielt mit ihren Puppen. Ich hab Pasta gemacht, die könnt ihr essen, wenn ihr Hunger habt.« Sie sah besorgt aus. »Versprich mir, dass du auf deine Schwestern aufpasst und mich sofort anrufst, wenn irgendwas …«
    »Wenn ich das tue, kann ich dann morgen da hingehen?«, fiel ich ihr ins Wort und hielt den Flyer hoch. Mum las den Text. »Die zwei Monate sind um«, rief ich ihr in Erinnerung. »Alle aus meiner Schule gehen hin, und ich sollte nur zwei Monate …«
    »Okay, kannst du«, sagte Mum und griff nach den Schlüsseln für den BMW . »Aber nur, wenn du deine Hausaufgaben heute Abend noch fertig machst. Deine Krawatte sitzt schief, Simon.« Dad riss ihr wortlos die Autoschlüssel aus der Hand, als sie beide rausgingen.
    Ich war mir sicher,

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