Ketten der Liebe
haben aber die Küchensklaven zubereitet. Wir können niemandem vertrauen und auch nicht vorsichtig genug sein. Sollte etwas trotzdem unserer Sorgfalt entgehen, hat Hasdai ibn Shaprut, der Leibarzt des Kalifen, eine Universalmedizin gegen Gift entdeckt. Ihr würdet wahrscheinlich nicht sterben, aber es würde Euch vermutlich sehr schlecht gehen, und Eure Eingeweide würden beschädigt.«
Zaynab schluckte schwer. In ihrer Ausbildung hatte Karim dieses Thema nicht besonders betont.
Karim. Sie hatte sich geschworen, seinen Namen nie wieder zu sagen oder auch nur an ihn zu denken.
Und trotzdem, die Sonne war noch nicht einmal untergegangen, und ihre Gedanken verirrten sich schon zu ihm. Wie wunderbar ihr letzter Monat in der Zuflucht gewesen war. Jeden Tag war das Essen wie durch Zauberkraft aufgetaucht. Der Weinkrug war immer gefüllt gewesen. Sie hatten sich unterhalten, sich geliebt und waren in den Hügeln miteinander spazierengegangen. Sie hatte sich gewünscht, daß es für immer so weitergehen würde. Aber sie wußte, daß das nicht möglich war, und so hatte sie sich den Tod gewünscht. Aber auch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Natürlich hatte sie selber die Wahl gehabt, doch Zaynab wußte, daß sie kein dummer, schwacher Narr war wie die Liebessklavin Leila. Es gab das Leben und es gab den Tod. Sich für das Leben zu entscheiden, war die schwierigere und stärkere Wahl, und sie wollte leben, selbst wenn sie Karim nicht haben konnte. Sie hatte eine Menge gesunden Menschenverstand im Blut. Kein Mann, noch nicht einmal Karim, war ihr Leben wert. Sie würde ihn im mer lieben, aber ihre Treue gehörte nun dem Kalifen, der ihr neuer Herr war.
Nichtsdestotrotz seufzte Zaynab schwer, als sie sich an ihn erinnerte. Zu guter Letzt waren sie und Karim zur Villa zurückgekehrt. Die selbe Sänfte, die sie über die Küstenstraße von Alcazaba Malina gebracht hatte, trug sie nun zur I'timad zurück. Sie waren über den Golf von Cadiz zur Mündung des Guadalquivirs gesegelt und dann den Fluß hinauf nach Cordoba. Nachdem sie die Zuflucht verlassen hatten, hatte er sie nicht mehr berührt. Und er würde es auch nie wieder tun, dachte Zaynab traurig.
Dann schüttelte sie sich ungeduldig. Es war vorüber. Sie hatte ein neues Leben, und mit ein bißchen Glück würde sie eines Tages auch wieder glücklich werden.
Sie streckte die Hand nach einer Frucht in der Schüssel aus und biß hinein. Der süße Saft rann ihr Kinn herab. »Was ist das?« fragte sie Naja. »Das schmeckt ausgezeichnet.«
»Das ist eine Pflaume, Herrin. Gibt es in Eurem Land keine Pflaumen?«
»Nein, wir haben keine Pflaumen in Alba. Wir haben Äpfel und ein paar Birnen, aber kein anderes Obst«, erklärte sie.
Sie beendeten das Mahl und räumten auf. Dann brachte Naja ihnen eine Schüssel mit duftendem Wasser, in dem sie ihre Hände wuschen.
Zaynab erhob sich. »Ich muß mich nun ausruhen«, sagte sie ihnen und verschwand in ihrem Schlaf gemach.
»Hast du schon ausgesucht, was sie heute abend tragen soll, falls der Kalif kommt?« erkundigt sich Naja bei Sheila.
Das Mädchen nickte. »Sie ist so schön, da braucht sie wenig Schmuck, denke ich. Nur ein Seidenkaftan und ihr Haar parfümiert und offen herabhängend. Ich habe einen Kaftan ausgesucht, der die Farbe ihrer Augen hat.«
»Perfekt«, pflichtete Naja ihr zu.
Es klopfte an der Tür. Der junge Eunuch öffnete hastig. Ein anderer Eunuch stand im Eingang.
Wortlos überreichte er Naja ein seidenes Paket, drehte sich um und ging wieder. Naja konnte sich vor Aufregung kaum beherrschen, als er es Sheila reichte.
»Was ist es?« fragte sie ihn.
»Ein Geschenk vom Kalifen, Sheila! Das bedeutet, daß unser Herr mit Sicherheit heute abend zu ihr kommen wird. Er hat schon begonnen, ihr seine Gunst zu schenken. Das ist unglaublich! Noch keine Frau hat so schnell seine Gunst gefunden! Sie wird die große Liebe seiner alten Tage. Das habe ich im Gespür!« Der Eunuch war völlig aufgeregt.
Als sie das Paket öffneten, fanden sie darin eine große und absolut makellose, runde rosafarbene Perle.
Najas dunkle Augen blickten Sheila bedeutungsvoll an.
Kapitel 10
Ohne daß es geklopft hätte, öffnete sich die Tür. Der Kalif trat in den Raum. Sheila und Naja sprangen auf und verbeugten sich tief.
»Wo ist das Mädchen Zaynab?« fragte der Kalif höflich.
»Sie befindet sich in ihrer Kammer, Herr«, sagte Sheila leise und hielt ihre Augen gesenkt.
Der Kalif nickte. Dann öffnete er die Tür des
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