Ketten der Liebe
verbittert, denn ihre Schönheit ließ sich nicht leugnen und würde die Aufmerksamkeit des Kalifen von ihnen ablenken.
Als sie wieder die Sicherheit ihrer Gemächer erreicht hatte, ließ sich Zaynab auf den Diwan fallen.
»Ich habe Zahra getroffen«, verkündete sie Sheila. »Sie ist jetzt schon eifersüchtig auf mich, und die anderen auch. Ich konnte förmlich spüren, wie ihr Haß mich versengte, als ich vom Bad zurückkehrte.«
Sheila bereitete ihr auf einem der kleinen Öfchen einen Pfefferminztee. Sie drückte ihrer Herrin eine kleine Tasse in die Hand. »Trinkt dies. Ihr braucht Eure Kraft noch, meine liebe Herrin. Wir hatten alle einen harten Tag, und er ist noch nicht vorbei. Naja, wir haben seit Sonnenaufgang nicht mehr gespeist. Die Herrin braucht etwas zu essen.«
»Ich hole sofort etwas«, sagte er eifrig.
»Naja«, sprach Zaynab ihn an.
»Ja, Herrin?«
»Ich habe dir gesagt, daß ich dich vernichten würde, wenn du mich je betrügst. Wenn du mir aber treu bist, wird dein Lohn reichhaltig sein«, sagte sie. »Ich nehme an, du wurdest genauso wenig als Sklave geboren wie ich. Du hast Glück gehabt, daß du deine Operation überlebt hast.«
Er nickte. »Ich bin Rumi von der Adriaküste«, berichtete er. »Man verschleppte mich vor fünf Jahren, als ich zwölf war. Meine beiden Brüder starben an der Operation. Die Sklaven sagten, ich hatte Glück, daß ich dem Tode entkam. Mein Name bedeutet Rettung. Ich bin vor zwei Jahren in diesen Haushalt gekommen. Ich weiß, warum Ihr mich gewählt habt und nicht die anderen, aber damit habt Ihr meinen Rang erhöht. Man muß Euch nur anschauen, um zu wissen, daß der Kalif Euch lieben wird. Euer Erfolg ist auch mein Erfolg. Ich werde Euch treu dienen.«
»Jede Närrin kann einen Mann auf sich aufmerksam machen«, sagte Zaynab. »Nur die kluge Frau versteht, sein Interesse zu fesseln, Naja. Verstehst du?«
Zum ersten Mal lächelte er in ihrer Gegenwart. »Ich werde Euch nicht im Stich lassen, Herrin«, versprach er und eilte davon, um ihnen etwas zu essen zu besorgen.
»Er wird mir treu dienen, solange meine Interessen nicht mit denen Zahras in Konflikt stehen«, sagte Zaynab in ihrer Muttersprache. »Diese große Frau ist die wahre Herrin des Harems, nicht der Kalif.
Das dürfen wir nie vergessen. Zahra ist seit vielen Jahren mit dem Kalifen verheiratet. Er liebt sie und vertraut ihr. Wenn ich Glück habe, kann ich ihn eine Weile an mich fesseln, und vielleicht sogar ein Kind von ihm bekommen, aber Zahra wird immer die Königin hier sein. Naja wird mir gut dienen, aber wenn er zwischen mir und ihr wählen muß, wird er die Seite der Fürstin Zahra wählen. Also paß auf, was du in seiner Gegenwart sagst.«
»Glaubt Ihr, der Kalif wird Euch heute abend besuchen, Herrin?« fragte Sheila. »Er ist ein fescher Herr, meine ich.«
»Er wird kommen«, sagte Zaynab voller Überzeugung. »Ich konnte sehen, wie interessiert er mich angesehen hat, als er mich entschleierte. Als ich dann in den Bädern Zahra traf, sagte sie mir, daß der Kalif sich langweilt und etwas Neues braucht, um sich zu unterhalten. Natürlich sagte sie das, um mich zu verletzen. Und um sich zu versichern, daß sie immer den ersten Platz in seinem Herzen einnehmen wird, während ich nur eine vorübergehende Leidenschaft bin.«
»Das war gemein, Herrin«, sagte Sheila voller Mitgefühl.
»Es war nichts als die Wahrheit, meine kleine Sheila. Es ist unwahrscheinlich, daß sich dieser mächtige Mann für immer in mich verlieben wird, aber wenn ich seine Gunst lange genug behalte, um ein Kind von ihm zu bekommen, werden wir hier für immer sicher und nie wieder einsam sein. Dafür werde ich alles tun, was nötig ist.«
Naja kehrte mit einem Tablett zurück. Darauf trug er eine Schale Reis mit kleingeschnittener Kapaunbrust. Eine zweite Schale enthielt sahnigen Joghurt mit frisch gepflückten Trauben, dazu ein Stück warmes, flaches Brot und eine Schüssel
mit frischem Obst. Vorsichtig stellte er seine Last auf dem Messingtisch ab, an dem Zaynab und Sheila saßen. Er nahm einen Silberlöffel aus seiner Robe, tauchte ihn zuerst in das Reisgericht und kostete es. Dann probierte er den Joghurt. Er nickte zufrieden und gab ihnen je einen Löffel, um damit aus den Schüsseln zu essen.
»Ich werde alles für Euch vorkosten, Zaynab«, sagte Naja. »Hier im Harem ist Gift die bevorzugte Waffe. Das Brot habe ich selbst aus dem Ofen genommen, und das Obst habe ich in der Küche ausgesucht. Das Essen
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