Ketten der Liebe
so war, welche anderen Forderungen hatte sie dem verliebten Kalifen gestellt?
Wieder versuchte Tarub ihre Freundin zu beruhigen, und Alimahs ältester Sohn Hakam war verblüfft, wie sehr sich seine Mutter ärgerte.
»Es ist wundervoll, daß er in seinem Alter noch einmal verliebt ist«, sagte Hakam großzügig. »Was ist los mit dir, Mutter?«
»Er gibt ihr zuviel und er erhebt sie zu hoch«, zischte Zahra wütend. »Er benimmt sich wie ein alter Narr. Ich zweifle in dieser Angelegenheit, ob er noch bei Verstand ist. Oder das Mädchen ihn verhext?«
»Er gibt, was ihm beliebt zu geben, und wenn er sie Ehren überschüttet, dann ist das sein gutes Recht, Mutter erwiderte Hakam. Er klang sehr wie sein Vater. »Um Vate Verstand steht es besser denn je.
Das hat nichts mit Hexe zu tun, und das weißt du auch.« Hakam ergriff die Hand s ner Mutter. »Du machst dich noch krank mit dieser schrecklichen Eifersucht auf Zaynab. Du mußt damit aufhören, sonst wirst du das Mißfallen meines Vaters erregen.«
Sie riß ihre Hand aus seinem zärtlichen Griff. »Versuche nicht mir zu sagen, was ich tun soll, Hakam!
Und was deinen Vater anbetrifft - glaubst du, es macht mir etwas aus, was der alte Narr von mir denkt? Laß ihn doch seine junge Liebessklavin haben! Soll sie doch die Königin von al-Andalus werden. Deshalb werde ich nicht aufhören, sie zu hassen!« »Ich kann ihre Wut nicht verstehen«, sagte Prinz Hakam unter vier Augen zu Tarub. »Hat Zaynab sie auf irgendeine Weise beleidigt?«
»Ja, das hat sie«, erwiderte Tarub dem Prinzen, »aber sie hat sie nicht absichtlich beleidigt, und sie hätte es auch nicht vermeiden können. Sie ist jung, und sie ist sehr schön, Herr. Es war klar, daß eines Tages ein solches Mädchen hierherkommen und Eure Mutter beleidigen würde. Ich bin damit zufrieden, daß die Jahre vergehen. Das Alter, die Kinder und meine Liebe zu Süßigkeiten haben mich dick gemacht. Das ist mein Schicksal. Mein Kismet war gut zu mir. Euer Vater mag mich. Wir haben einen Sohn und zwei Töchter miteinander. Ich habe viele Enkelkinder und sie entzücken mich. Eure Mutter, Hakam, galt immer als die Lieblingsfrau Eures Vaters. Vor ihrem geistigen Auge sieht sie sich noch immer als junge, schöne, begehrenswerte Frau. Wenn sie in den Spiegel geblickt hat, sah sie nie, wie sie älter wurde. Nicht, bis Zaynab in all ihrer jugendlichen Pracht auftauchte. Nun muß Zahra sich selbst die Wahrheit eingestehen. Es macht sie wütend. Sie muß der Tatsache ins Auge blicken, daß Euer Vater ihr Bett seit über fünf Jahren nicht mehr besucht hat, auch wenn er sie liebt. Seht Ihr, Hakam, auch der Kalif gibt nicht gerne zu, daß er älter wird. Diese vollkommene, junge Liebessklavin hilft ihm, dies zu vergessen. Wir Frauen haben jedoch nicht diese Wahl. Entweder wir akzeptieren unser Schicksal, oder wir verbittern im Laufe der Zeit.«
»Hat meine Mutter Zaynab vergiftet?« fragte Hakam.
Tarubs warme, braune Augen blickten besorgt. »Die Antwort auf Eure Frage kenne ich wirklich nicht, Herr«, sagte sie. »Vor einem Jahr hätte ich gesagt, daß ihr so etwas überhaupt nicht ähnlich sähe, und daß es außerdem närrisch wäre. Jetzt weiß ich es aber nicht mehr. Eure Mutter ist seit einigen Monaten nicht mehr sie selbst. Wenn es so wäre, glaube ich, daß Abd-al Rahman ihr nicht so leicht vergeben würde.«
»Ihr seid ihre beste Freundin, Tarub«, sagte der Prinz. »Achtet auf sie, so gut Ihr könnt. Wenn Ihr glaubt, daß sie sich selbst oder anderen schaden könnte, dann ruft mich augenblicklich. Ich muß sie beschützen.«
Mehr konnten sie nicht tun. In wenigen Wochen würde der Kalif Zaynab aus al-Rusafa zurückbringen. Es war jetzt Spätsommer, und die Tage wurden nicht nur kürzer, sondern begannen auch kälter zu werden. Al-Rusafa war ein Sommerpalast und für einen Aufenthalt im Winter völlig ungeeignet. Die Bauarbeiter arbeiteten Tag und Nacht, um die Gemächer der neuen Favoritin fertigzustellen, und schließlich war alles beendet.
»Morgen wirst du deine Reise zurück nach Madinat al-Zahra antreten«, erzählte Abd-al Rahman Zaynab. »Ich habe eine feine Überraschung für dich, wenn du zurückkommst, meine Geliebte. Ich weiß, daß sie dir sehr gefallen wird.«
»Ihr verwöhnt mich«, entgegnete sie lächelnd, »ich gestehe jedoch, daß es mir Vergnügen bereitet, mein Gebieter. Wir können aber nicht abfahren, bevor wir das kleine Sommerhaus in der Mitte des Sees besucht haben. Ihr habt mir
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