Ketten der Liebe
Zahra. In deiner Vorstellung hast du sie dir als irgendeine schreckliche Ränkeschmiedin ausgemalt, aber das ist sie wirklich nicht. Sie ist ein ganz einfaches Mädchen, das nichts mehr will als einen Mann, der sie liebt, und das Kind dieses Mannes. Ich mag sie.«
»Du magst sie?« Zahra blickte sie ungläubig an und wurde dann wütend. »Du magst sie?« zischte sie.
»Nicht Zaynab ist simpel, sonder du, Tarub! Sie hat dein verblödetes Gehirn verhext. Du bist eine Närrin!« Du dumme, fette Närrin!«
Tarubs Augen füllten sich mit Tränen. »Du hast überhaupt keinen Grund, gemein zu mir zu sein, Zahra. Ich war immer deine Freundin. Ich war dir treu und habe dir zur Seite gestanden, deine Beleidigungen heruntergeschluckt, mir deine Überheblichkeit gefallen lassen und dich gegen jeden in Schutz genommen, den du beleidigt hast. Du hast nicht den geringsten Grund, Zaynab zu hassen. Du kennst sie nicht einmal richtig, und deine wilden Verdächtigungen sind völlig unbegründet! Ja, ich mag sie. Ich mag sie! Wenn du Abd-al Rahman wirklich so liebtest, wie du immer behauptest, dann würdest du dich freuen, daß er mit seiner neuen Geliebten glücklich ist, aber dir ist nur deine hohe Stellung wichtig - daß diese Stadt nach dir benannt wurde und daß dein Sohn eines Tages seinem Vater folgen wird. Du liebst unseren Herrn nicht wirklich! Ich vermute, du hast es nie getan. Du hast doch nur Angst, daß du deinen vielgepriesenen Platz an Zaynab verlierst. Und ich hoffe, daß du recht hast!«
Mit diesen Worten stemmte Tarub ihren massigen Körper aus den Kisten hoch, auf denen sie gesessen hatte. Ihr orangefarbener Seidenrock schwang wütend hin und her, als sie aus den Gemächern Zahras stampfte.
Dieser Wutanfall, der so ungewöhnlich für die dicke, freundliche Tarub war, brachte Zahra wieder etwas auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie war dabei, ihrer unbegründeten Wut auf Zaynab freien Lauf zu lassen. Sie würde unangenehm auffallen und sich zum Gespött des Harems machen. Sie wußte, daß es viele gab, die immer eifersüchtig auf sie gewesen waren, weil der Kalif sie liebte. Sie wären nur zu entzückt, wenn sie stürzte. Es war lächerlich, daß sie auf Zaynab eifersüchtig war, nur weil sie jung und schön war. Mit jedem Jahr würde sie älter werden. Irgendwann würde auch ihre Schönheit vergehen. Sie besaß keine wirkliche Macht über irgend etwas.
Und Macht war der eigentliche Schlüssel zum Glück, wie Zahra wußte. Ohne Macht wurde man zum Opfer. Wenn Zaynab wirklich damit zufrieden war, Abd-al Rahman glücklich zu machen und seine Kinder zu bekommen, dann war sie ein Opfer, ein Opfer ihres eigenen Erfolges und ihres Mangels an Ehrgeiz, denn der Kalif würde das Interesse an ihr verlieren, wenn sie erst einmal anschwellen würde.
Und würde Zaynab immer noch sein Wohlgefallen finden, nachdem sie ihr Balg geboren hatte? Würde sie in der Lage sein, ihn zurückzugewinnen? Oder würde es ihr wie so vielen Frauen ergehen, die Abdal Rahman geliebt hatte - würde er sie vergessen?
Laß doch Tarub täglich in den Hof der grünen Säulen rennen und Zaynab, der bald vergessenen Konkubine, ihre Aufwartung machen. Die beiden paßten gut zusammen. Dumm und schwach. Ihre Kinder würden unbedeutend sein. Sollte Zaynab denken, daß Tarubs Freundschaft bedeutete, sie selbst würde ihr bald ihre Gnade schenken. Sie erinnerte sich daran, wie frech das Mädchen in den ersten Tagen in Madinat al-Zahra im Bad um ihre Gunst gebeten hatte. Sie hatte versucht, sie mit einem Lächeln um den Finger zu wickeln. Sie wird nie meine Gunst erhalten, dachte Zahra finster. Ja, ich werde sie einfach nicht beachten. Sie bedeutet mir nichts, und bald wird sie auch dem Kalifen nichts mehr bedeuten.
Aber der Kalif war entzückt, daß seine Favoritin ein Kind erwartete. Er wußte, daß sie es in jener letzten Nacht der Leidenschaft im Sommerhaus von al-Rusafa empfangen hatte. Das Kind würde im nächsten Sommer geboren werden. Als die Anzeichen unverkennbar wurden, rief er Hasdai ibn Shaprut, um sicherzustellen, daß Zaynab gesund war und daß sie das Kind austragen würde. Es hätte einen Skandal gegeben, wenn man den Arzt nicht heimlich in den Harem gebracht hätte. Er kam in Begleitung seiner Assistentin Rebekah und des Kalifen selbst.
»Ihr seid schwanger«, teilte er Zaynab mit. Es war keine Frage.
»Das habe ich vermutet«, antwortete sie.
»Sagt mir, welche Anzeichen ihr dafür hattet«, sagte er.
»Meine Verbindung zum
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