Ketten der Liebe
wenn sie alt genug ist«, verkündete er. »Schlafe jetzt.«
Beim Aufstehen reichte er Sheila das Kind und verließ das Gemach seiner Favoritin.
Zaynab war matt und fühlte sich wach. Sie hatte eine Tochter, und das Kind war eine Prinzessin. Sie fragte sich, ob Gruoch einen Sohn oder eine Tochter hatte und ob sie danach noch mehr Kinder bekommen hatte. Wie erstaunt ihre Zwillingsschwester sein würde, wenn sie erführe, daß Regan nicht in irgendeinem Kloster vermoderte, sondern die verwöhnte Konkubine eines großen Herrschers und die Mutter einer Prinzessin war. Und Karim ... Warum um alles in der Welt hatte sie an ihn gedacht?
Sie hatte es in den letzten Monaten erfolgreich geschafft, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, aber nun war er plötzlich da. Würde er erfahren, daß sie dem Kalifen eine Tochter geboren hatte? War er selber Vater geworden und hatte ein Kind von der Frau, die er in Malina geheiratet hatte? Natürlich.
Wie wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie seine Braut geworden wäre, anstatt die Liebessklavin Abd-al Rahmans? Es war nutzlos, darüber nach zudenken. Sie würde jetzt schlafen, und wenn sie aufwachte, wäre alles egal. Sie wäre die geliebte Favoritin des Kalifen und die Mutter seiner Tochter, und Karim al Malina wäre nur eine Erinnerung.
Eine einzige Träne kroch ihre Wange herab. Sie würde Abd-al Rahman nie lieben, aber sie würde den Kalifen ehren und achten, und er würde ihre wahren Gefühle nie erfahren. Sie drehte ihr Gesicht zur Wand und zwang sich einzuschlummern.
»Sie konnte ihm nur eine mickrige Tochter schenken«, höhnte Zahra, als sie Tarub später in den Bädern traf.
»Sie wollten eine Tochter«, sagte Tarub mit süßer Stimme. »Sie hatten schon vor Monaten einen Namen für sie ausgesucht. Sie haben einen Sohn nicht einmal in Erwägung gezogen. Du solltest zufrieden sein, Zahra. Nun mußt du dir keine Sorgen mehr machen, daß Zaynabs Kind Hakam verdrängen wird.« Lachend ging sie ihres Weges.
Obwohl Zahra die neue Favoritin nicht mochte, bedeutete die Gunst des Kalifen den Haremsfrauen mehr als die Wut der ersten Frau. Sie spürten, daß Zahras Stern zu sinken begann. Sie strömten in den Hof der grünen Säulen und brachten der kleinen Prinzessin ihre Geschenke. Das Kind wurde von allen bewundert und mächtig gelobt. Sogar Prinz Hakam besuchte seine neue Schwester und brachte ihr einen kleinen Silberball mit, der mit Glöckchen gefüllt war.
»Ich habe keine eigenen Kinder«, erklärte er Zaynab, »aber ich erinnere mich daran, selbst ein solches Spielzeug besessen zu haben, als ich klein war. Ich habe es geliebt.« Er lächelte sie warmherzig an, und als sie sein Lächeln erwiderte und ihm dankte, verstand Hakam, warum sein Vater sie liebte. Seine Mutter tat ihm leid. Zahra war vielleicht die große Liebe Abd-al Rahmans in dessen jungen Jahren gewesen, aber der Prinz hatte keinen Zweifel daran, daß Zaynab die Liebe seines Alters war. Sie war ein bezauberndes Mädchen. »Meine Schwester Moraima wird immer meine Zuneigung haben und unter meinem Schutz stehen, Herrin«, sagte er zu ihr.
Tarub rieb natürlich Salz in Zahras Wunden und erzählte ihrer früheren Freundin vom Besuch des Prinzen. »Ich glau be, Hakam ist von ihr genauso angetan wie der Kalif«, sagte sie mit einem falschen Lächeln. »Der ganze Harem mag sie, weißt du.«
Zahra schwieg, aber sie war überrascht, wie abgrundtief boshaft Tarub war. Sie hatte die zweite Frau des Kalifen stets für eine dicke Närrin gehalten, aber das war sie offensichtlich nicht. Sie war ein sehr gefährliches Luder. Wenn der Kalif Zaynab wirklich zu seiner dritten Frau machte, wie man im Harem munkelte, dann würden die beiden zusammen eine Macht darstellen, die man ernst nehmen mußte.
Tarubs Sohn Abdallah war der zweite Sohn Abd-al Rahmans. Wenn diese beiden Frauen nun zusammenarbeiteten, um Hakam zu verdrängen? Sie hatte zwar keine Beweise für solch einen Plan, aber das brauchte sie auch nicht. Sie wußte, daß sie das gleiche getan hätte, wenn sie an Tarubs Stelle gewesen wäre.
Die neue Favoritin wurde plötzlich krank. Ihre Dienerin und ihr Kind ebenfalls. Normalerweise hätte man das Kind auf einen Ammenhof gegeben, wo man es gestillt hätte, so daß die Liebessklavin wieder ihrem Herrn dienen konnte, aber für Zaynab war das ein rotes Tuch. Die Frauen in Alba, selbst wenn sie hochgeboren waren, hatten gewöhnlich für ihre Kinder keine Ammen. Sie hatten den Kalifen gebeten, ihr zu gestatten, Moraima ein
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