Ketten der Liebe
Ja!« rief sie. »Oh, Hasdai, wie kann ich Euch jemals für Eure selbstlose Güte danken? Ich kann es Euch niemals vergelten, aber ich werde mich immer daran zurückerinnern, wie wundervoll Ihr zu mir wart. Niemals werde ich über den Schlag hinwegkommen, den ich bei unserer Rückkehr nach Cordoba erhielt, als man mir mitteilte, meine Tochter sei tot und begraben und jede Spur von ihr in diesem Haus ausgelöscht, als habe sie niemals existiert. Ich vermisse Sheila mehr, als ich dachte, auch wenn ich froh bin, daß sie nun ihr eigenes Leben führt. Ich habe versucht, in die Zukunft und nicht zurück zu schauen, aber alles, was sich vor mir ausbreitete, waren Jahre voller Einsamkeit, nur durch Eure Besuche unterbrochen. Das ist einfach nicht genug für mich, Hasdai! Ich danke Euch für Euer Verständnis.«
»Mache keinen Helden aus mir, Zaynab, denn ich bin keiner. Ich bin ein selbstsüchtiger, in seine Arbeit vertiefter Mann. Wäre dein Kind noch am Leben, hätte ich dich nicht gehen lassen. Du hast mich an Freuden teilhaben lassen, wie ich sie nie für möglich halten hätte. Ich werde dich vermissen, und ich werde auch sie vermissen«, sagte er mit einem Lächeln.
»Wenn Ihr mich ließet, würde ich eine schöne Sklavin für Euch finden und sie so unterrichten, daß auch sie Euch diese Freuden geben kann«, erwiderte Zaynab.
»Nein«, entgegnete er ihr. »Egal wie geschickt sie wäre, sie wäre nicht wie du, meine Liebe. Bedenke, du bist keine gewöhnliche Konkubine. Du bist eine Liebessklavin, ein Wesen der Sinnlichkeit und des Intellekts, einmalig unter den Frauen.«
»Ihr dürft nicht wieder in die Zeit zurückfallen, bevor Ihr zum ersten Mal an mein Bett herantratet«, erwiderte Zaynab bestimmt. »Ihr dürft es nicht zulassen, daß sich Eure Liebessäfte in Euch aufstauen und Euch verzehren. Das wäre falsch, Hasdai!«
»Ich bin mittlerweile dank dir erfahren genug, meine Liebe«, sagte er mit einem Kichern, »daß ich mich nicht scheuen werde, bei Bedarf Cordobas Geschickteste Kurtisanen aufzusuchen.«
»Aber mindestens einmal pro Woche, besser zweimal«, ermutigte sie ihn.
»Wenn ich die Zeit finde«, antwortete er.
»Also so gut wie nie«, kochte sie. »Ihr müßt zu Eurer Bequemlichkeit jemanden im Haus haben, Hasdai, sonst kommt Ihr nie zur Ruhe. Wenn Ihr nicht wollt, daß ich Euch eine andere Sklavin besorge, könntet Ihr vielleicht eine Vereinbarung mit einer jungen Kurtisane treffen, zweimal pro Woche zu Euch nach Hause zu kommen«, schlug Zaynab vor.
»Dieses Haus gehört dir«, entgegnete er ihr.
»Ich gebe es Euch«, sagte sie mit einem Lächeln. »Ihr zieht es vor, außerhalb der Stadt zu leben, und dieses Haus liegt sehr abgeschieden. Es ist geeignet für Euch.
Ihr könnt hier arbeiten, wann immer Ihr wollt, Ihr könnt Euch jedoch auch völlig ungestört amüsieren, Herr. Gebt mir die Übertragungsurkunde. Ich werde das Haus auf Euch überschreiben. Ihr müßt Euch aber eine eigene Köchin suchen. Ich habe die Absicht, Aida mitzunehmen. Nein! Ich werde eine Köchin für Euch suchen. Wenn ich es Euch überlasse, wird überhaupt nichts geschehen. Ich will Euch erst verlassen, wenn alles reibungslos abläuft, Hasdai.« Die Worte sprudelten nur so aus ihrem Mund hervor.
»Du beginnst, wie meine Mutter zu klingen«, murrte er, lachte dann jedoch. »Ich erzählte dem Kalifen, du seiest die geborene Ehefrau und Mutter. Ich freue mich zu sehen, daß ich mich nicht geirrt habe.«
Zaynab hatte ihre Lebenslust wiedergewonnen. Sie schickte Naja mit einer höflichen Anfrage zum Oberrabbi in das jüdische Viertel, ob er nicht eine ehrbare alte Jungfer oder Witwe empfehlen könne, die für einen gläubigen Herrn den Haushalt führen wolle. Naja kehrte einige Zeit später in der Begleitung einer hochaufgeschossenen, dürren Frau zurück, die sich als Maryam Ha-Levi vorstellte.
Bei ihr war ihr Enkelsohn, ein Junge von zehn Jahren.
»Ich bin alles, was er hat, Herrin«, erklärte Maryam Ha-Levi. »Wäre hier im Haus wohl Platz für uns beide?«
»Selbstverständlich«, sicherte Zaynab ihr zu, »der Knabe ist ebenfalls willkommen. Du mußt allerdings sofort mit der Arbeit beginnen, denn du wirst die Küche anders einrichten wollen als meine Köchin Aida. Wenn das nicht vor meiner Abreise geschieht und du dich noch nicht eingelebt hast, wird mein Herr nicht wissen, was zu tun ist. Es würde ein großes Durcheinander geben.«
»Ich verstehe vollkommen, Herrin«, erwiderte Maryam Ha-Levi. »Männer
Weitere Kostenlose Bücher