Ketten der Liebe
gefunden. Einen lüsternen jungen Seemann, der dich die ganze Nacht wach hält, was?«
Er lachte schallend.
Erdas zahnloser Mund verzog sich zu einem Grinsen. »So schnell werdet Ihr mich nicht los, mein Gebieter«, sagte sie. »Dazu liebe ich Euch viel zu sehr.«
Er grinste zufrieden. Sie war ein Überbleibsel seiner Jugend, und er behielt sie bei sich, weil sie ihn an seine verstorbene Mutter erinnerte. »Nimm das Dienstmädchen - wie heißt du, Mädchen?« Sie sagte es ihm. Er nickte und sagte: »Nimm Morag mit ins Kochhaus, und sorge dafür, daß sie etwas zu essen bekommt, Erda. Ich werde euch beide rufen, wenn ich euch brauche. Setz dich, Regan, und teile das Abendessen mit mir. Hier hast du Wein, Mädchen!« Und dann reichte er ihr eine Platte mit geschmortem Hasenbraten. Regan nahm sich frisches Brot, eine Hasenkeule und einen silbernen Kelch voll Wein. Sie aß behutsam und versuchte verzweifelt, sich an die wenigen Manieren zu erinnern, die man ihr beigebracht hatte. Beim Wein konnte sie sich allerdings nicht beherrschen. Mit einem herzhaften Schluck trank sie den Kelch leer. Der süße, starke Wein weckte neue Lebensgeister in ihr.
»Käse?« Auf der Spitze seines Messers bot er ihr ein Stück an.
»Danke, Herr«, antwortete sie, nahm es, biß hinein und kaute nun etwas langsamer. Als sie fertig war, bemerkte sie überrascht, daß Abu neben ihr stand. Sie hatte nicht bemerkt, daß er im Zimmer war. Er hielt ihr ein Becken mit warmem, parfümiertem Wasser hin. Sie blickte Donal Righ an.
»Wasche deine Hände darin«, erklärte er ihr. »Willst du deine hübsche Tunika ruinieren? Das ist eine Sitte der Mauren.«
»Eine Sitte, die mir gefällt«, antwortete sie ihm und spülte den fettigen Hasen und die Käsekrümel von ihren Fingern ab.
»Ich nehme doch an, Erda hat dir erzählt, daß ich beabsichtige, dich zu meinem Freund, dem Kalifen von Cordoba, zu schicken - und ich streite es nicht ab. Die alte Frau weiß alles, was in diesem Haus vor sich geht, oft sogar noch, bevor ich es selbst erfahre. Und sie hat nichts dagegen, ihre Neuigkeiten mit jedem zu teilen, der ihr zuhören mag.«
Regan lachte. »Ich mag die alte Dame. Sie ist gütig, Herr, und das in einer Welt, in der es nur wenige gute Menschen gibt. Ja, sie hat es mir gesagt, und sie erklärte, was ein Kalif ist, aber was ich nicht verstanden habe, ist, was ein Harem ist und warum ich richtig ausgebildet werden muß. Was ist denn nicht mit mir in Ordnung?«
»Ein Harem«, sagte er, »ist der Ort, in dem alle Frauen eines Mauren sich aufhalten - seine Frauen, Töchter, weiblichen Verwandten, seine Konkubinen.«
»Frauen, Töchter und weibliche Verwandte verstehe ich, aber ich habe noch nie das Wort Konkubine gehört. Was ist das für ein Wesen, Herr?« Sie war jetzt völlig verwirrt.
»Eine Konkubine«, sagte er und wählte seine Worte mit Sorgfalt, »ist eine Frau, die ihren Herrn sowohl körperlich als auch auf eine Anzahl anderer Weisen befriedigt, Regan. Er genießt vielleicht ihre Musik oder ihr Tanzen oder bespricht eventuell auch Dinge mit ihr, die ihm Sorgen bereiten. Sie kann seine Freundin werden, und wenn sie ihm Kinder schenkt, steigert das in seinen Augen ihren Wert.« »Ich verstehe«, sagte sie leise und begriff nun alles. »Der Kalif von Cordoba ist ein mächtiger Mann«, fuhr Donal Righ fort. »Sein Haushalt ist groß. Um seine Aufmerksamkeit zu erregen und langfristig zu fesseln, Regan, mußt du wie keine andere fähig sein, Lust zu bereiten und Lust zu empfinden. Ich würde Abdal Rahman nicht einfach nur eine hübsche Frau für seinen Harem schicken, ich möchte ihm eine Liebessklavin senden. Um eine Liebessklavin zu werden, mußt du die Kunst der Verführung bei einem Mann erlernen, der selbst ein Meister dieser Künste ist.
Es gibt nur einen solchen Mann, dem ich dich anvertrauen würde. Es ist der jüngere Sohn eines Freundes von mir. Er ist der Kapitän eines Schiffes, das zwischen Eire, al-Andalus, und seiner Heimatstadt al-Malina an der nordafrikanischen Küste verkehrt. Er wird Dublin bald seinen Sommerbesuch abstatten. Wenn er uns verläßt sollst du mit ihm gehen. Wenn er glaubt, daß du die höchste Stufe erreicht hast, die eine Liebessklavin erreichen kann, wird er dich dem Kalifen in meinem Namen überreichen. Bis er kommt, möchte ich, daß du dich ausruhst und deine Kräfte sammelst. Du hast es nicht leicht gehabt, Regan MacDuff, aber wisse, daß du mehr geschätzt wirst als alle Frauen«, schloß er und
Weitere Kostenlose Bücher