Ketten der Liebe
lächelte über das ganze Gesicht.
»Ich weiß nicht, ob ich werden kann, wozu ihr mich machen wollt, Herr«, sagte Regan langsam. »Ich weiß nicht, wie man Vergnügen gibt, geschweige denn, ob es für mich überhaupt' möglich ist, dieses Vergnügen, von dem ihr mit solcher Überzeugung sprecht, zu empfangen. Der Geschlechtsakt mit einem Mann hat mir kein Vergnügen bereitet, aber Ihr sagt, ich muß Vergnügen daran empfinden und dem Mann dabei auch noch Vergnügen bereiten. Ich verstehe nicht, wie das geschehen kann, Donal Righ. Vielleicht wäre es besser, Ihr verkauftet mich an irgendeinen keltischen Häuptling als Dienerin.
Ich kann hart arbeiten, das verspreche ich Euch, und meine Morag auch. Wenn ich Euch enttäusche, würde das einen schlechten Eindruck hinterlassen, und ihr wart gut zu mir.«
Donal Righ streckte seine Hand aus und tätschelte die ihre. Er hoffte, daß diese Geste eine beruhigende Wirkung haben würde. »Ich will, daß du dir darüber keine Sorgen machst, Regan MacDuff«, sagte er zu ihr. »Deine Erfahrung mit der körperlichen Seite der Leidenschaft ist sehr begrenzt und von der schlechtesten Art. Der Mann deiner Schwester ist offensichtlich kein Mann, der weiß, wie man eine Frau richtig liebt. Ihn interessierte nur sein eigenes Vergnügen.
Ein kluger Mann weiß, daß sein Vergnügen um so größer sein wird, je mehr er der Frau Vergnügen bereitet. Daher versucht er, der Frau diesen Genuß zu verschaffen. Was Gunnar Bloodaxe angeht, so wollte er sich nur amüsieren und feststellen, ob du ihn nicht anlügst. Ihm war es egal, wie du dich dabei fühltest. Kein Mann hat bisher dein Herz und deine Seele berührt. Du weißt ja nicht, wie süß die Liebe sein kann Aber vertraue mir, meine Schöne. Du wirst es bald erfahren.«
Natürlich glaubte sie ihm nicht. Sie wußte, daß er ihr nur ihre schreckliche Angst nehmen wollte.
Seine Güte überraschte sie. Nie zuvor hatte ihr jemand so geduldig seine Aufmerksamkeit geschenkt.
Sie konnte nur hoffen, daß es so weitergehen würde, wenigstens bis er einsah, daß man sie nicht dazu bringen konnte, die Liebe zu genießen. Sie seufzte traurig und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich betrübt. Was würde nur aus ihr werden? Und aus der kleinen Morag?
Ihre Trübsal hielt jedoch nicht lange an. Sie fühlte sich sauber und sie hatte besser gegessen als je zuvor in ihrem Leben. Sie hatte eine echte Freundin in Morag, die ihr ewig dankbar sein würde, weil Regan sie vor dem gewöhnlichen Sklavenmarkt gerettet hatte. Morag hatte von anderen Frauen auf dem Schiff, die sie belauscht hatte, erfahren, daß der Sklavenmarkt in Dublin einen bestenfalls als Dienerin in einen Haushalt vermitteln konnte. Schlimmstenfalls landete man in einem der Bordelle, in denen die meisten Frauen innerhalb von ein bis zwei Jahren starben.
Donal Righ gewährte ihnen eine gewisse Freiheit innerhalb seines Hauses. Er sperrte sie nicht ein. Sie gingen in seinem Garten spazieren, einem gepflegten Hof, den zwei glattgeharkte Kiespfade mit kleinen Marmorbänken kreuzförmig durchschnitten. Es gab dort eine wunderbare Damaskusrose, deren zahlreiche rosa Blüten den Strauch zierten und mit ihrem schweren Duft die Luft erfüllten. Der alte Rosenstock kletterte an den Steinen empor und ergoß sich bis zur anderen Seite der Mauer, die den Garten von der Straße trennte. In der Mitte der Wegkreuzung stand ein kleiner Brunnen, I dessen Wasser aus einem runden Steinbecken sprudelte.
Die Mädchen gingen auf dem Dach des Hauses spazieren und betrachteten das Treiben im Hafen, wo die vielen vermiedenen Schiffe kamen und gingen. Sie sahen kleine Küstenfrachter, größere Frachter aller Arten, Fischerboote und kleine Boote, die gefährlich auf den Wellen des Flusses Liffey tanzten.
Jeden Tag führte die alte Erda sie in ihr Reich, um sie zu baden. Regan hatte nie gedacht, daß ihre Haut einmal so sauber oder so weich sein könnte. Manchmal dachte sie an Gruoch und wünschte, daß ihre Zwillingsschwester diesen köstlichen Luxus ebenfalls erfahren könnte, aber sie wußte, daß Gruoch nicht an sie dachte. Sie hatte Gruoch für immer verloren.
Als sie eines Tages auf dem Dach von Donal Righs Haus spazierengingen und zum Meer blickten, sahen sie, wie ein großes, schönes Schiff in den Hafen von Dublin einfuhr. Es war ein eindrucksvolles Gefährt, volle dreißig Meter lang. Es hatte römische Segel aus gestreiftem Goldstoff und leuchtender, grüner Seide. Es bewegte sich
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