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Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Titel: Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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Einsteins Theorie verifizieren: Wenn das Licht eines fernen Sterns in das Gravitationsfeld der Sonne gelangt, wird es so abgelenkt, dass der Stern eine andere als seine übliche Position einzunehmen scheint.
    Am 6. November 1919 gibt die Londoner Royal Society diese bedeutende Neuigkeit bekannt. Arthur Eddington wird am Rand der historischen Konferenz von Ludwig Silberstein, einem eher skeptischen Mitglied des vornehmen Clubs, gefragt, ob es zutreffe, dass er einer der drei Menschen auf der Welt sei, die Einsteins Relativitätstheorie verstünden. Nach einigem Zögern soll Eddington geantwortet haben: «Tut mir leid, aber ich komme einfach nicht darauf, wer der Dritte sein könnte.» Der Korrespondent der New York Times zitiert Sir Joseph John Thomson, den Entdecker des Elektrons und Präsidenten der Royal Society: «Hier ist nicht etwa eine entlegene Insel entdeckt worden, sondern ein ganzer Kontinent neuer wissenschaftlicher Vorstellungen.» Einsteins Revision des Newton’schen Gravitationsgesetzes sei «eine der größten Errungenschaften, womöglich gar die größte intellektuelle Leistung in der Ideengeschichte der Menschheit» [NYT 3 ].
    Während die englische und amerikanische Presse das Ereignis als Weltsensation aufgreift und ausgiebig feiert, leidet die deutsche Bevölkerung noch an den Folgen des verlorenen Krieges und muss gegen Hunger und Kälte ankämpfen. Die meisten Menschen scheinen daher anfangs wenig geneigt zu sein, sich mit den Gedanken des Genies aus ihrer Mitte zu beschäftigen. Die Fachkollegen und Leser der Zeitschrift Die Naturwissenschaften wissen, dass Albert Einstein die Gravitation nicht mehr als unerklärliche, fernwirkende Schwerkraft betrachtet, sondern sie durch die geometrische Vorstellung einer gekrümmten Raumzeit ersetzt hat. Massereiche Objekte wie die Sonne krümmen demnach die vierdimensionale Raumzeit in ihrer Nähe. Auch Arthur Eddington erklärt Kollegen und Laien im Trinity College in Cambridge in fröhlicher Unschuld seinen tiefen Einblick in die Relativität von Raum und Zeit. Er sei zwar hier auf dem Podium 1 Meter 80 groß, aber angenommen, er entfernte sich mit Lichtgeschwindigkeit in vertikaler Richtung von der Erde, schrumpfte er für einen in Cambridge zurückgebliebenen Beobachter auf 90 Zentimeter Größe.
    Einstein als sicherer Nobelpreiskandidat: Zumindest darüber scheint es zwischen den verkrachten Eheleuten Albert und Mileva keinen Streit zu geben. Die in Zürich lebende Mileva hat in die Scheidung eingewilligt, sofern ihr Mann ihr das mit dem Nobelpreis verbundene Geld als Abfindung überlässt. Und so fließt das zu erwartende Preisgeld – schon drei Jahre vor der eigentlichen Verleihung – in die Konkursmasse der Ehe ein, die im Februar 1919 geschieden wird. Im Juni 1919 heiratet Albert Einstein schließlich seine Kusine Elsa Löwenthal, geborene Einstein.
     
    Im Frühjahr 1920 kommt Niels Bohr auf dem Gelände der Universität Kopenhagen seiner Idealvorstellung einer weltoffenen, modernen Akademie täglich einen Schritt näher. In seinem Institut For Teoretisk Fysik werden einmal junge, unbekannte, aber vielversprechende Talente mit den Meistern der Zunft in gleichberechtigten Gedankenaustausch treten. Nicht Alter, Titel, Prominenz und Würde sollen hier zählen, sondern allein originelle Ideen. Gewissheiten und Traditionen dürfen angezweifelt werden – vorausgesetzt die Argumentationen sind brillant genug, um Bohrs Aufmerksamkeit zu erregen. Da erreicht ihn ein Brief aus Berlin. Max Planck lädt ihn für Ende April 1920 zum bereits legendären Mittwochs-Kolloquium ein, wo er seine neuesten Ansichten vorstellen soll.
    Berlin ist in diesen Tagen der Weimarer Republik kein ganz ungefährliches Pflaster. Eineinhalb Jahre nach Kriegsende sind Kartoffeln, Weizenmehl und Kohlen noch immer Luxusgüter. Die sogenannte «Hungerblockade» der Alliierten ist offiziell zwar aufgehoben, aber die Menschen müssen immer noch mit Lebensmittelmarken über die Runden kommen. Viele Berliner gehen in ihrer Not inzwischen in den Landgemeinden auf Beutezüge. Die Bauern jedoch sind bereit, ihre Feldfrüchte und Masttiere mit der Waffe zu verteidigen. Und so bleiben bei diesen Hamstertouren immer wieder Hungerleider auf der Strecke. Gerade ist jedem Normalverbraucher ein halbes Pfund Maismehl außer der Reihe zugeteilt worden, was als Sensation gefeiert wird, wenngleich es in Deutschland bisher eher als Viehfutter galt.
    Das Empfangskomitee für Bohr könnte kaum

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