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Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe

Titel: Kettenreaktion - Die Geschichte der Atombombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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auch Rutherford und Soddy nicht abgeneigt sind.

Kapitel 6
    KERNSPALTUNG
    «Die Welt draußen ist wirklich abscheulich, aber die Arbeit ist schön» [Cas:406], schreibt Werner Heisenberg im Herbst 1935 an seine Mutter. Zwei Jahre zuvor ist er mit dem Nobelpreis für Physik geehrt worden und gilt nun als Deutschlands bedeutendster Physiker. Doch da draußen hat sich ein Regime etabliert, das den Beamten Heisenberg zwingt, jede Vorlesung mit dem Hitlergruß zu eröffnen und den Namen Einsteins in Schrift und Vortrag nicht mehr zu erwähnen. Jetzt gibt es eine deutsche und eine jüdische Physik, was in absurder Konsequenz zu Naturgesetzen erster und zweiter Wahl führt. Für eine arische Physik, so argumentieren ihre Vertreter, genüge das Fundament der Newton’schen Mechanik mit den Grundbegriffen Kraft und Energie. Relativitätstheorie und Quantenmechanik hingegen seien ein Affront für den gesunden Menschenverstand und Zerrbilder der physikalischen Wirklichkeit, wertlose Fiktionen. Die beiden Physik-Nobelpreisträger Phillip Lenard und Johannes Stark schwingen sich mit ihrem enormen Einfluss zu Gralshütern der «Deutschen Physik» auf und zielen mit ihren Hetzkampagnen gegen den «Einsteinismus» in Deutschland konkret auch auf Werner Heisenberg. Der soll Nachfolger von Arnold Sommerfeld in München werden. Alle Formalitäten sind bereits eingeleitet. Heisenberg selbst hat seine Professur in Leipzig immer nur als eine Übergangslösung angesehen. Er wünscht sich jetzt nichts sehnlicher, als in seine geliebte Heimatstadt zurückzukehren. Da poltert Stark gegen die Berufung Heisenbergs, er sei ihrer nicht würdig, da er «Geist vom Geiste Einsteins» sei. Der Vorwurf «jüdischen Denkens» kommt in der Hitler-Diktatur einer existenziellen Bedrohung gleich. Sie soll den Angegriffenen einschüchtern und ihn an das Schicksal seiner jüdischen Kollegen erinnern.
    Die Politik hat den unpolitischen Physiker eingeholt. Die Konflikte kosten Zeit und Kraft. Gegen die entwürdigenden Umstände hilft die Musik. In dieser Zeit spielt Heisenberg abends am Klavier ausschließlich Beethoven [Her 2 :55]. Trotzdem hält er an seiner Entscheidung fest, in Leipzig zu bleiben. Er lehnt sogar das verführerische Angebot aus Princeton ab, in Ruf- und Sichtweite Einsteins, in anregenden Gesprächen mit gleichrangigen Kollegen und von jeder Lehrverpflichtung freigestellt, seine Ideen verfolgen zu können. Werner Heisenberg hängt an Deutschland. Er hasst die Nazis, ist aber ein deutscher Patriot. Und hat er nicht feierlich gelobt, immer für seine Pfadfinder da zu sein? Inzwischen sind alle unabhängigen Jugendgruppen verboten. 1934 hat sich der dreiunddreißigjährige «Altmann» Werner ein letztes Mal mit seinen Neupfadfindern getroffen. Trotz warnender Worte älterer Mitglieder vor Hitlers Rattenfängermelodien treten die meisten Jungen und Männer in Hitlerjugend, SA und SS ein. Die NS-Ideale von Führer und Drittem Reich klingen allzu vertraut und verlockend – ganz wie ihre eigenen Vorstellungen vom ehrwürdigen Weißen Ritter, unter dessen Führung sie ein neues, friedliches und wahrhaftiges Deutschland aufbauen wollten.
     
    Als das Institute for Advanced Study in Princeton Heisenbergs Absage erhält, bemüht man sich gerade, Robert Oppenheimer zu gewinnen. Er gilt als der führende Theoretiker der amerikanischen Physik, von dem noch Großes zu erwarten ist. Er beschäftigt sich gerade mit den Kernreaktionen im Inneren von Sternen. Doch er entscheidet sich, wie Heisenberg, für seinen Lehrauftrag und seine Studenten in Kalifornien. Auch wenn Werner Heisenberg nur Verachtung für die Politik in seiner Heimat hat, so muss er sich jetzt doch damit auseinandersetzen. Eine ähnliche Wandlung der Einstellung steht Robert Oppenheimer gerade bevor. Denn zu dessen erstaunlich vielfältigen Interessen gehört nicht unbedingt das politische und wirtschaftliche Tagesgeschehen. Er ignoriert Zeitungen und Nachrichtenmagazine, hat weder Radio noch Telefon. Wer, wie er, in einer reichen Familie aufgewachsen ist, kann sich wohl die Koketterie leisten und behaupten, die Nachrichten über den Börsenkrach im Oktober 1929 erst Monate später, und auch dann eher beiläufig, erfahren zu haben. Aber da manche seiner Studenten durch die Wirtschaftskrise in finanzielle Not geraten sind, regt sich neuerdings auch Oppenheimers soziales Gewissen. Als sein Vater Julius 1937 stirbt, stiftet er einen Teil seines Erbes der Universität Berkeley. Aus dem Fonds

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