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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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möchte nicht, dass das Blut anderer an meinen Händen klebt, ich möchte nur in Ruhe gelassen werden!« Seine Stimme
war schrill geworden, und er umfasste sein verbundenes Handgelenk.
    »Thomas«, begann ich, brach aber ab, als das Schankmädchen mit frischen Bierhumpen erschien. Nachdem sie sie vor uns hingestellt hatte, dämpfte ich meine Stimme. »Gibt es noch weitere Katholiken in Oxford, die wissen, dass Euer Vater Euch von ihnen erzählt hat und die fürchten könnten, Ihr könntet sie verraten, wenn Ihr befragt werdet?«
    Er wandte augenblicklich den Blick ab.
    »Habt Ihr Angst, diese Leute könnten versuchen, Euch zum Schweigen zu bringen, bevor Ihr ihnen Schaden zufügen könnt? So, wie sie mit Roger Mercer verfahren sind?«
    »Ich kann nicht mehr sagen, Doktor Bruno.« Thomas’ Stimme zitterte jetzt merklich. »Und ich schwöre Euch, dass Ihr das auch gar nicht wissen wollt. Ich wollte Euch nur fragen, ob Ihr vielleicht die Zeit findet, mit Sir Philip über mich zu sprechen, seine Hilfe zu erbitten und ihm zu versichern, dass ich ein der Königin und der Kirche treu ergebener Engländer bin.«
    »Ich dachte, Ihr würdet nicht mehr an Gott glauben«, lächelte ich.
    »Was hat die Kirche denn mit Gott zu tun?«, konterte er ebenfalls fast lächelnd. Irgendwo draußen begann eine Glocke zu läuten. Thomas schrak zusammen, als habe ihn etwas gestochen. »Doktor Bruno, ich möchte nicht undankbar erscheinen, aber ich sollte jetzt zur Universität zurückkehren. Gabriels Vorlesungen sind bald zu Ende, und ich habe noch viel zu tun.«
    Mir kam es so vor, als wolle er das Gespräch möglichst schnell beenden; vielleicht hatte er nicht damit gerechnet, als Gegenleistung für einen Gefallen so viele Fragen beantworten zu müssen. Ich trank mein Bier aus und bezahlte die Rechnung. Leise Schuldgefühle keimten in mir auf, als ich den unverhohlenen Neid sah, mit dem Thomas Walsinghams prall gefüllte Börse betrachtete. Wenn er wüsste, dass meine Geldgeber eben jene Leute waren, deren Aufmerksamkeit er auf keinen Fall auf sich ziehen wollte und für die ich die Art von Geheimnissen in Erfahrung
bringen sollte, die sein Vater hütete, würde jeglicher Respekt, den er mir vielleicht entgegenbrachte, verfliegen wie Nebel in der Sonne.
    Draußen trieb uns ein kühler Wind den Regen seitwärts ins Gesicht. Thomas schlang sein fadenscheiniges Gewand enger um sich, während wir, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, die High Street entlanggingen. Ich überlegte, wie das, was ich eben erfahren hatte, zu dem Rätsel um Mercers und Coverdales Tod passte. Wir hatten die St. Mildred’s Lane fast erreicht, als mir einfiel, was ich Thomas noch hatte fragen wollen.
    »Ihr sagt, Ihr hättet hier keine Freunde, Thomas, aber zählt Ihr Mistress Sophia Underhill denn nicht dazu?« Ich verlangsamte meine Schritte, damit wir nicht vor dem Tor der Universität standen, bevor er Gelegenheit hatte, mir zu antworten.
    Er sah mich überrascht an.
    »Es gab einmal eine Zeit, wo ich sie wohl als Freundin bezeichnet hätte. Aber ich glaube, sie betrachtet mich eher so wie ihre Puppen: als etwas, woran sie als Kind Spaß hatte, bis sie darüber hinauswuchs und es beiseiteschob.«
    »Weil Euer Vater in Ungnade gefallen war?«
    »Nein.« Thomas machte einen Bogen um eine Pfütze auf der Straße. Die Sohle eines seiner Schuhe verursachte bei jedem Schritt ein schmatzendes Geräusch. »Sie ist meiner lange vorher überdrüssig geworden. Als mein Vater nach dem Tod meiner Mutter beschloss, auf den Wunsch des Earls hin nach Oxford zurückzukehren, wurde ich bei einer Familie in der Stadt untergebracht. Ihr wisst ja, dass es nur dem Rektor gestattet ist, mit seiner Frau und seinen Kindern an der Universität zu leben, alle anderen Fellows müssen Junggesellen bleiben. Aber die Familie des Rektors hatte Mitleid mit mir, und mein Vater und ich wurden oft von ihnen zum Essen eingeladen. Ich sollte wohl hauptsächlich dem jungen John Gesellschaft leisten, dem Sohn, der gestorben ist, aber natürlich hatte ich auch mit Sophia zu tun.« Er seufzte und schien mit einem Mal noch stärker nach vorne gebeugt zu gehen, als empfände er die Erinnerung an diese Zeit
wie eine schwere Last auf seinen Schultern. »Dann kam John ums Leben, und Sophias Vater beschloss, sie stärker an die Kandare zu nehmen. Er hatte den Ehrgeiz, sie vorteilhaft zu verheiraten, und ihre Mutter sollte sie darauf vorbereiten. Aber nach Johns Tod bekam Mistress Underhilll nervliche

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