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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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habe ich einiges über die Herstellung von Salben gelernt. Es macht mir keine Mühe, die Verletzung zu untersuchen.«
    »Danke, aber das muss nicht sein. Es war nur ein dummer Unfall. Ich habe Gabriels Rasiermesser geschärft und bin abgerutscht.
« Er senkte den Blick und konzentrierte sich wieder auf das Brot, als sei das Thema für ihn beendet. Ich spürte, wie ich innerlich erstarrte, bemühte mich aber, mir nicht anmerken zu lassen, welche Bedeutung ich seinen Worten beimaß.
    »Euer Freund Master Norris nimmt also die Dienste des Universitätsbarbiers nicht in Anspruch?«, fragte ich obenhin.
    Thomas lächelte zaghaft.
    »Er nennt ihn den Universitätsbarbaren. Nein, er rasiert sich lieber selbst.«
    »Wann hat er Euch denn gebeten, sein Messer zu schärfen?«
    Thomas dachte einen Moment nach.
    »Das muss am Samstag gewesen sein, weil er sich vor der Disputation rasieren wollte.«
    »Und seitdem hat es an seinem gewohnten Platz gelegen?«
    »Ich, ich weiß nicht, Sir. Ich habe nicht nachgesehen. Warum sollte es nicht dort gewesen sein?«
    Er sah mich mit zusammengezogenen Brauen an, und ich beschloss, sein Misstrauen nicht noch weiter zu wecken.
    »Ich habe mich nur gefragt, ob Master Norris sein Rasiermesser jemals an seine Freunde verleiht.«
    »Niemals, Sir. Er achtet sehr auf all seine Besitztümer. Vieles ist sehr kostbar oder ein Vermächtnis seines Vaters.«
    Er stellte mir keine Fragen, musterte mich aber weiterhin neugierig. Nachdem wir eine Weile schweigend dagesessen hatten, legte ich mein Brot fort und wischte mir die Finger ab.
    »Aber diese Neuigkeiten von Eurem Vater – Ihr habt sie doch nicht von ihm direkt erfahren, wenn seine Briefe abgefangen wurden? Er hat Euch doch sicher nicht geschrieben, dass er die heiligen Gelübde ablegen will?«
    »Nein, er hatte einen anderen Vertrauten«, erwiderte Thomas mit vollem Mund.
    »Hatte ?«
    Thomas hielt inne, und seine Augen flackerten schuldbewusst, als er seinen Fehler bemerkte.
    »Ihr meint Doktor Mercer?«, beharrte ich. Wenn er die
Neuigkeit vor drei Tagen erfahren hatte, konnte es nur eine Person geben, von der er jetzt in der Vergangenheitsform sprach.
    Thomas nickte. »Sie standen noch immer schriftlich miteinander in Verbindung. Mein Vater hatte immer volles Vertrauen in Roger Mercer, sie waren enge Freunde.«
    »Obwohl Mercer ihn denunziert hat?«
    »Das glaube ich nicht. Mein Vater hat nie herausbekommen, wer ihn denunziert hat, aber er war sicher, dass es nicht Mercer war. Mercer hat nur während des Prozesses gegen ihn ausgesagt.«
    »Das würde doch sicherlich ausreichen, um das Ende einer Freundschaft herbeizuführen. Euer Vater muss ein großes Herz haben, dass er derlei Dinge verzeihen kann.«
    Thomas legte sein Messer beiseite und sah mich ungeduldig an.
    »Ihr versteht überhaupt nichts. Das ist genau das, was ich eben über den Glauben sagte: Die Sache ist immer wichtiger. Natürliche Freundschaftsbande müssen notfalls geopfert werden. Mein Vater hätte von Roger Mercer nichts anderes erwartet; er hätte seinerseits gegen Roger ausgesagt, wenn er in dessen Lage gewesen wäre. Beider Loyalität galt höheren Dingen. Hätte Roger ihn verteidigt, wären sie wahrscheinlich beide ins Gefängnis gekommen oder verbannt worden, und wer hätte dann weiter für die Sache gekämpft?«
    Ich starrte ihn an.
    »Wollt Ihr damit sagen, dass Roger Mercer ebenfalls ein Katholik war?«, flüsterte ich.
    Thomas duckte sich tiefer über den Tisch. »Ich nehme an, es schadet ihm nichts mehr, wenn ich Euch das erzähle«, sagte er endlich. »Aber behaltet es bitte für Euch. Wenn es bekannt wird, muss seine Familie die Konsequenzen tragen.«
    »Von mir erfährt niemand etwas«, versicherte ich ihm. »Aber wenn Roger ein Katholik war …« Meine Gedanken drohten sich wieder einmal zu überschlagen. »… und Euer Vater ihm aus Reims
geschrieben hat, könnte er ihm dann Einzelheiten über die englische Mission anvertraut haben? Hat Roger dabei vielleicht eine aktive Rolle gespielt?«
    »Ich kenne den Inhalt der Briefe nicht, Sir.« Thomas rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Doktor Mercer hat mir nur das erzählt, was mich seiner Meinung nach direkt betraf.«
    »Aber wurde ihre Korrespondenz nicht auch von den Universitätsobrigen abgefangen? Fand man es nicht verdächtig, dass Mercer einem Mann schrieb, zu dessen Verurteilung er maßgeblich beigetragen hatte?«
    »Doktor Mercer hat seine Briefe nicht mit der Universitätspost verschickt,

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