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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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habe ihn am Abend vor Rogers Tod mit ihm im Hof gesehen, sie schienen sich sehr angeregt zu unterhalten«, bestätigte Bernard. »Ich habe sie von meinem Fenster aus beobachtet.«
    »Wie ist das Gespräch auf das Catherine Wheel gekommen?« Jenkes fuchtelte mit einem langen Finger vor meinem Gesicht herum.
    Ich hob eine Hand und schob seinen Finger behutsam beiseite, ehe ich antwortete.
    »Ich habe ihn gefragt, ob er einen Ort in Oxford kennt, wo ich die heilige Messe hören kann.«
    »Ihr habt ihn gefragt? Und da hat er Euch einfach so zum Catherine Wheel geschickt?« Jenkes sah aus, als wisse er nicht, ob er ungläubig den Kopf schütteln oder wütend werden sollte. Er presste die Hände gegeneinander, bis die Knöchel knackten.
    »Er meinte, ich würde dort Freunde finden, sollte aber Diskretion walten lassen«, erklärte ich.
    »Diskretion – als ob er die Bedeutung dieses Wortes überhaupt gekannt hätte! Er war ein verdammter Narr. Seine lose Zunge hätte uns noch allen den Tod gebracht. Das einem Fremden zu verraten, noch dazu einem, der mit einer königlichen Abordnung reist – ist es zu glauben, William?« Jenkes wischte
sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Obwohl es mich natürlich erschüttert hat, von seinem grausamen Tod zu hören.«
    »Das zählt jetzt nicht mehr«, meinte Bernard, bevor er fromm hinzufügte: »Möge seine Seele in Frieden ruhen.«
    Jenkes musterte mich erneut eindringlich, dann schien er zu meinen Gunsten zu entscheiden.
    »Nun denn, Doktor Bruno, der arme Mercer hatte recht, Ihr habt Freunde gefunden. Kommt heute Nacht, eine halbe Stunde nach Mitternacht. Nehmt die Hintertür, nicht die zur Straße. Humphrey wird dort sein. Sagt die Losung, und er wird Euch einlassen. Tragt einen Umhang mit Kapuze, zieht sie Euch tief ins Gesicht und achtet darauf, dass Euch niemand folgt.«
    »Stehen denn keine Wachen am Nordtor? Sie werden doch sicher wissen wollen, was ich zu dieser Stunde dort zu suchen habe?«
    »Gebt ihnen ein Silberstück, dann interessiert sie das einen feuchten Kehricht.« Jenkes’ Blick ruhte erneut auf meiner Börse. »Aber achtet auf Euren Geldbeutel, wenn Ihr so spät unterwegs seid. Habt Ihr eine Waffe?«
    Ich erwiderte, ich hätte keine bei mir. Er nahm das kleine Messer mit dem silbernen Griff von der Bank und hielt es mir hin.
    »Das wird für heute Abend reichen. Es ist zwar klein, aber es schneidet Leder mühelos, also werdet Ihr Euch damit zur Wehr setzen können, falls Ihr angegriffen werdet. Jedenfalls ist es besser als eine leere Scheide.«
    »Danke, aber zu einem solchen Treffen brauche ich ja meine Börse nicht mitzubringen, nicht wahr?«, gab ich zurück.
    »Oh, aber natürlich.« Jenkes’ Miene wurde plötzlich besorgt. Als er mein Misstrauen bemerkte, beugte er sich mit einem verschlagenen Lächeln vor. »Ich gebe meine Bücher nicht umsonst her, Master Bruno, noch nicht einmal meinen katholischen Brüdern zuliebe.«
    Mein Herzschlag beschleunigte sich.
    »Bücher?«

    »Ihr interessiert Euch doch für ein Buch, oder nicht? Ein griechisches Buch, das Dekan Flemyng vor einem Jahrhundert aus Florenz mitgebracht und der Bibliothek des Lincoln vermacht hat. Während der Säuberungsaktion der Königlichen Kommission 1569 nahm es unser Freund Doktor Bernard hier an sich. Ist das korrekt?«
    »Habt Ihr dieses Buch?« Ich wagte kaum zu atmen.
    Er bedachte mich mit seinem herablassenden Lächeln, das mich zur Weißglut trieb.
    »Ich habe es nicht hier. Aber ich habe es in den Händen gehalten und kann Euch zu ihm führen. Ich bin sicher, wir werden zu einer für uns beide vorteilhaften Übereinkunft gelangen, Doktor Bruno. Also vergesst Eure Börse nicht.«
    »Ihr sagtet, das Buch würde nicht existieren«, wandte ich mich beinahe triumphierend an Bernard.
    »Das habe ich wegen der Narren gesagt, die an diesem Abend am Tisch des Rektors saßen«, erwiderte er abfällig. »Es hätte zu viele Fragen aufgeworfen. Underhill ist die Marionette des Kanzlers und des Kronrats, er würde den Wert eines solchen Buches gar nicht erkennen, aber ich wollte seine alten Ängste nicht erneut wecken. Wenn es nach ihm ginge, würde er die Bibliothek ausräumen, bis dort nur noch die Bibel und die Werke von Master Foxe zu finden sind.« Einen Moment dachte ich, Bernard würde auf den Boden spucken, so bitter war die Verachtung, mit der er den Namen betonte, doch er bezwang sich. Ich fragte mich, wie Jenkes’ Bemerkung, Mercers lose Zunge hätte ihnen allen den Tod

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