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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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können, und er hatte sich mit dem Anfangsbuchstaben seines Namens verraten. Meine Hand
schloss sich krampfhaft um das Buch, als ich die Widmung noch einmal las. Der Bibelvers war eigentlich unschuldig, klang aber unangenehm anzüglich, wenn man das Wort »Weisheit« durch Sophias Namen ersetzte. Die Vorstellung, dass Jenkes mit seinem pockennarbigen Gesicht und dem vernarbten, ohrlosen Kopf Sophia ein so intimes Geschenk, das überdies bewies, dass sie mit seinem Glauben sympathisierte, gemacht hatte, ließ mich mit den Zähnen knirschen. Dann schoss mir ein anderer Gedanke durch den Kopf: Was, wenn Jenkes die Gefahr war, von der sie gesprochen hatte? Was, wenn sie sich von ihm in irgendetwas hatte verstricken lassen und er sie nun bedrohte? Und hing das alles auf irgendeine Weise mit dem verstümmelten Leichnam am Fuß des Altars zusammen? Meine Hand fuhr an meinen Gürtel, in dem das kleine Messer mit dem silbernen Griff steckte, das mir Jenkes gegeben hatte. Heute Nacht würde ich die Wahrheit aus ihm herauspressen, beschloss ich, selbst wenn das bedeutete, dass er sich am falschen Ende seiner eigenen Waffe wiederfinden würde.
    Underhill sah mich traurig an. Er schien darauf zu warten, dass ich ihm sagte, was er nun tun sollte.
    »War James Coverdale ein Katholik?«, fragte ich abrupt.
    Underhill presste die Hände gegeneinander und nickte.
    »Und Ihr wusstet das? Wolltet Ihr deshalb nicht, dass der Coroner das Symbol des Catherine Wheel an der Wand sieht?«
    Der Rektor stieß einen tiefen Seufzer aus, der seinen Brustkorb zu sprengen drohte, und sah mich resigniert an.
    »Ich war immer der Ansicht, dass es eine Sache zwischen ihm und Gott ist, wenn ein Mann seinen Glauben praktiziert, ohne dass es die Politik oder seine Arbeit berührt. Diese Ansicht wird aber von den meisten Mitgliedern des Kronrats nicht geteilt, fürchte ich, doch ich habe die Hoffnung, dass meine Meinung der Ihrer Majestät recht nahe kommt.« Er beugte sich vor und dämpfte seine Stimme. »Aber die Regeln ändern sich. Jeden Tag erlässt Lord Burghley neue Gesetze bezüglich der Katholiken, sodass es jetzt ein Verbrechen ist, Informationen über bekannte
Papisten zurückzuhalten. Ein Mann läuft schon Gefahr, sein Eigentum zu verlieren oder ins Gefängnis zu kommen, wenn er den Behörden verschweigt, was er über seine Nachbarn und Kollegen weiß, und jeder lebt in Angst vor seinen Freunden.« Er erschauerte und schob die Hände zwischen die Knie.
    »So«, sagte ich langsam, während ich versuchte, seiner Logik zu folgen. »Ihr wollt die Wahrheit über diese Morde nicht öffentlich machen, weil Ihr fürchtet, jemand hätte es auf die bekannten Katholiken am Lincoln abgesehen, und wenn das herauskommt, könnte Leicester wissen wollen, wie so viele hier unter Eurer Leitung unbehelligt bleiben konnten?« Mein Mitgefühl mit ihm schwand stetig. »Da habt Ihr lieber dem Richter und dem Coroner Geschichten von streunenden Hunden und Räubern erzählt und es dem wahren Mörder so ermöglicht, erneut zuzuschlagen.« Ich deutete auf Neds Leichnam. »Vielleicht hofft Ihr ja insgeheim, dass er sein Werk zu Ende bringt und das Lincoln von seinen halsstarrigen Katholiken befreit, ohne dass Ihr Euer Gesicht verliert?«
    »Großer Gott, nein, Bruno, wie könnt Ihr so etwas denken?«, rief er ehrlich bestürzt aus. »Ihr glaubt doch wohl nicht wirklich, dass ich irgendeinem Menschen den Tod wünsche? Dann hätte ich ja die Katholiken an der Universität längst melden können. Natürlich weiß ich, wer sie sind«, zischelte er. »Größtenteils sind es gute Männer, die gute Arbeit leisten und meines Wissens sicherlich nicht planen, Ihre Majestät oder ihre Regierung zu stürzen, und ich weiß, was sie erwarten würde, wenn ich sie anschwärzte. Aber indem ich es nicht getan habe, habe ich riskiert, alles zu verlieren, was ich besitze.«
    »Und jetzt tötet sie jemand nacheinander und ahmt dabei die frühen Märtyrertode nach, die Foxe beschrieben hat«, sagte ich mehr zu mir selbst, als ich den Raum durchquerte und zum Feuer trat. »Aber wer – einer ihrer Gegner oder jemand aus ihren eigenen Reihen? Und warum auf eine so auffällige Art, wenn nicht aus dem Grund, alle Augen auf die Universität und ihre unbußfertigen Katholiken zu lenken? Wenn wir die Motive
des Täters verstehen würden, könnten wir das Rätsel vielleicht lösen.«
    »Ich wollte Eurer Theorie bezüglich Foxe erst nicht zustimmen.« Underhill hob den Kopf. »Ich konnte nicht

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