Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
Vom Netzwerk:
Tür hinter sich und schüttelte den Kopf.
    »Es tut mir leid, dass ich Euch kurz verlassen musste, Doktor Bruno – Rektor Underhill wollte mit mir besprechen, welche Bücher des armen Roger Mercer in die Bibliothekssammlung aufgenommen werden sollen. Habt Ihr gefunden, was Ihr gesucht habt?«, erkundigte er sich dann freundlich.
    »Ich fürchte, dass die Ratten an Euren Büchern genagt haben«, flüsterte ich, winkte ihn zu mir und schlug die zerstörte Seite 46 auf. Sein verständnisloser Blick wanderte von mir zu dem Buch, ehe ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg.
    »Wer tut denn so etwas?«, bellte er los, dann schielte er über seine Schulter, als befürchtete er, belauscht zu werden. »Woher wusstet Ihr …«
    »Die fehlenden Zeilen wurden gestern Abend unter meiner Kammertür hindurchgeschoben.«
    »Aber – warum ?« Godwyn fasste mich weiterhin scharf ins Auge, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Seht Euch die Zeilen genau an«, forderte ich ihn auf.

    Er hob das Buch näher an seine Augen und überflog die Seite. Als er wieder zu mir aufblickte, hatte sich seine Miene verdüstert.
    »Ignatius«, murmelte er. »›Weizen Gottes bin ich‹ … den genauen Wortlaut habe ich vergessen, aber das ist doch der Teil, der fehlt, nicht wahr? Irgendetwas über Zähne von Bestien.«
    Ich nickte. Er besah sich abermals das Buch und atmete anschließend langsam und bedächtig aus, als wäge er seine nächsten Worte sorgsam ab.
    »Aha. Ihr glaubt, das bezieht sich auf Rogers Tod?«
    »Ich denke, derjenige, der mir diese Zeilen geschickt hat, möchte, dass ich zu diesem Schluss komme, ja.«
    Godwyn klappte das Buch zu. Tiefe Furchen bildeten sich auf seiner Stirn.
    »Warum gerade Ihr, Doktor Bruno, wenn ich das fragen darf, ohne grob zu klingen?«
    Ich zögerte mit meiner Antwort; unschlüssig, wie viel ich ihm enthüllen sollte.
    »Ich gehörte zu den Ersten, die gestern Morgen im Garten eintrafen, nachdem Doktor Mercer von dem Hund angefallen worden war.« Ich senkte meine Stimme noch mehr, sie war kaum noch zu hören. »Aufgrund der Beweise, die ich fand, folgerte ich, dass es sich bei seinem Tod nicht um einen Unfall gehandelt haben könnte.«
    Godwyns Augen weiteten sich, bis seine Brauen zu verschwinden drohten.
    »Aber … es hieß doch, das Tor wäre nicht verschlossen gewesen … der wilde Hund wäre hereingekommen und …«
    »Die Mehrzahl Eurer Kollegen hat meine Hypothese verworfen. Doch wie es aussieht, will mich jemand anderes in meiner Überzeugung bestärken, dass sein Tod absichtlich in Szene gesetzt wurde.« Ich deutete auf das Buch in seinen Händen. Godwyn beäugte den Titel so ungläubig, als würden Flammen aus den Buchstaben schlagen, zu guter Letzt richtete er seinen scharfen Blick wieder auf mich.

    »Ihr meint, jemand versucht, darauf hinzuweisen, dass Roger einen Märtyrertod starb?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete ich. »Jemand möchte eindeutig auf die Ähnlichkeit zwischen der Art seines Todes und der des heiligen Ignatius aufmerksam machen – warum aber sollte Doktor Mercer als Märtyrer hingestellt werden?«
    Godwyn sah mich lange schweigend an. Meine geflüsterte Frage schien zwischen uns in der Luft zu hängen.
    Danach schüttelte er nachdrücklich den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    »Wer hat denn Zugang zu den Büchern im hinteren Raum?«, erkundigte ich mich.
    »Nun, alle Fellows haben einen Schlüssel zur Bibliothek, sie sollen jedoch keine Bücher ausleihen, ohne mir vorher Bescheid zu geben und sich in die Verleihliste einzutragen. Die Studenten dürfen die Bibliothek nur benutzen, wenn ich dort bin, damit ich sie im Auge behalten kann, aber … – nun, ich passe vielleicht nicht immer so genau auf, wie ich sollte.« Er senkte schuldbewusst den Blick. »Wenn ich zum Beispiel austreten gehen muss, während ein paar Studenten hier in ihre Arbeit vertieft sind, empfinde ich es als unnötige Härte, sie für die paar Minuten vor die Tür zu setzen. So einfach kann man bei uns keine Bücher stehlen, und ich vertraue darauf, dass sie sich in der Bibliothek anständig betragen.«
    »Tja, anscheinend war Euer Vertrauen zumindest im Fall eines Eurer Schützlinge ungerechtfertigt«, stellte ich fest.
    Godwyns Gesicht umwölkte sich, als ginge ihm erst jetzt auf, dass sich jemand an Bibliothekseigentum vergriffen hatte.
    »Aber ich war ja gestern Nachmittag bis Viertel vor fünf hier! Dann habe ich abgeschlossen und bin zusammen mit den Studenten, die hier

Weitere Kostenlose Bücher