Key of Valor 03 - Zeit Des Gluecks
weil ich von so vielem etwas verstand.«
Sie zuckte mit den Schultern und trat an den Kamin. »Meine Mutter hat sich oft geärgert, wenn ich so redete, und sie konnte nicht verstehen, warum ich so einen Aufstand darum machte, was mir gehörte. Sie sagte dauernd, ich hielte mich wohl für etwas Besseres, aber das stimmte nicht.«
Stirnrunzelnd starrte sie in die Flammen. »Das stimmte wirklich nicht. Ich wollte nur weiterkommen. Ich glaubte, wenn ich genug lernte, dann könnte ich einen guten Job bekommen und in die Stadt ziehen, und niemand würde mich schief ansehen und denken, da kommt die Wohnwagenschlampe.«
»Zoe.«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Leute denken so, Bradley. Und es stimmte ja auch. Mein Vater war ein Trinker und ist mit einer anderen Frau abgehauen. Er hat meine Mutter mit vier Kindern, einem Haufen Rechnungen und einem Wohnwagen zurückgelassen. Die meisten meiner Kleider hatte uns jemand aus Barmherzigkeit geschenkt. Du weißt nicht, wie das ist.«
»Nein, ich weiß nicht, wie das ist.«
»Manche Menschen schenken dir etwas aus Güte, aber die meisten tun es nur, damit sie auf dich herabschauen können. Sieh doch nur, was ich für die arme Frau und ihre Kinder getan habe. Und du merkst es ihnen an.«
Ihre Wangen färbten sich, aus Stolz, aber genauso aus Scham. »Es ist schrecklich. Ich wollte nicht, dass mir jemand etwas schenkte. Ich wollte es mir selber kaufen. Also arbeitete ich hart und sparte jeden Pfennig. Ich hatte große Pläne. Und dann wurde ich schwanger.«
Sie spähte zum Türbogen, um sich zu vergewissern, dass Simon noch schlief. »Ich merkte es erst im zweiten Monat. Zuerst dachte ich, ich hätte die Grippe oder so, aber als es nicht aufhörte, ging ich ins Krankenhaus. Und dort klärten sie mich auf. Ich war schon in der neunten Woche. Gott, neun Wochen schwanger, und ich war zu blöd, es zu merken.«
»Du warst doch noch ein Kind.« Ihre Geschichte tat ihm weh. »Du warst nicht blöd, du warst zu jung.«
»Alt genug, um schwanger zu werden. Alt genug, um zu wissen, was das bedeutete. Ich hatte solche Angst, weil ich nicht wusste, was passieren würde. Meiner Mutter beichtete ich es zuerst noch nicht, sondern ging zu dem Jungen. Auch er kriegte natürlich einen Schreck. Womöglich war er zudem ein bisschen wütend. Aber er sagte, er würde mich nicht im Stich lassen. Danach ging es mir besser, und ich war etwas ruhiger. Also ging ich nach Hause und erzählte es Mama.«
Sie holte tief Luft und drückte sich die Finger an die Schläfen. Sie hatte gar nicht darüber reden wollen, aber jetzt wo sie einmal damit angefangen hatte, würde sie es auch zu Ende bringen. »Ich sehe sie noch vor mir, wie sie am Tisch sitzt und der Ventilator sich dreht. Es war heiß, erstickend heiß. Sie musterte mich, beugte sich vor und gab mir eine Ohrfeige.«
»Ich werfe ihr das nicht vor«, sagte sie, als Brad leise fluchte. »Weder damals noch heute. Ich hatte mich hinter ihrem Rücken heimlich mit diesem Jungen getroffen, und jetzt musste ich halt dafür bezahlen. Nein, die Ohrfeige nehme ich ihr nicht übel, Bradley, ich war ja selber schuld. Aber was danach passierte, war nicht in Ordnung. Es befriedigte sie, dass ich in die gleichen Schwierigkeiten geraten war wie sie damals mit mir. Sie führte mir vor Augen, dass ich keinen Deut besser war als sie, trotz all meiner hochfliegenden Ideen und Pläne. Sie erreichte damit, dass ich mir billig und das Baby mir wie eine Strafe vorkam.«
»Sie hatte Unrecht«, sagte Brad so bestimmt, dass Zoe der Atem stockte. »Was ist aus dem Vater geworden?«
»Nun, er ließ mich im Stich. Darüber möchte ich jetzt nicht reden. In meinem Hinweis geht es um die Weggabelungen. Ich habe damals meine Richtung gewählt. Ich ging von der Schule ab und suchte mir eine Arbeit. Ich machte eine Friseur- und Kosmetikausbildung und zog zu Hause aus.«
»Warte mal.« Er hob die Hand. »Du bist mit sechzehn von zu Hause ausgezogen? Du warst doch schwanger. Und deine Mutter …«
»Konnte mich nicht aufhalten«, unterbrach sie ihn. Sie drehte sich zu ihm um. Hinter ihr prasselte das Feuer. »Als ich im sechsten Monat war, ging ich, weil ich mein Kind nicht in diesem gottverdammten Wohnwagen aufziehen wollte. Ich schlug meine Richtung ein, und dieser Pfad brachte mich eventuell auf die Straße zum Valley und damit zum Peak und zu dieser Geschichte.«
Vielleicht musste sie ja alles erzählen, dachte sie. Vielleicht musste sie Schritt für Schritt zurückgehen,
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