KGI: Blutiges Spiel (German Edition)
sie wieder aus, aber Joe hat nicht verraten, wo es hingeht. Das beunruhigt mich, denn normalerweise gibt er zumindest einen Standort durch. Scheint ein brenzliger Einsatz zu sein. Aber danach wollen die beiden nach Hause kommen.«
»Ma wird außer sich sein vor Freude«, bemerkte Garrett trocken.
Donovan lachte. »Alle ihre Schäflein für eine Woche oder länger zusammen an einem Ort? Das ist das erste Mal seit Sams Highschool-Abschluss. Da wird sie uns gehörig auf den Keks gehen.«
»Ach, das wird sicher nett.«
»Ja, natürlich.«
»Na schön, genug geplaudert. Ich muss los. Die Couch wartet auf mich. Gib meinen Schwägerinnen einen Kuss von mir.«
»Ich zeige dir gerade den Stinkefinger«, murrte Donovan.
Grinsend legte Garrett das Telefon auf den Beistelltisch und ließ sich auf die Couch fallen. Der Regen trommelte nach wie vor aufs Dach, und durch die Fenster sah er es unablässig blitzen. Das Donnergrollen wirkte auf ihn wie ein Beruhigungsmittel, das ihn in einen langen angenehmen Schlaf lockte.
Er gähnte erneut. Wahrscheinlich sollte er ins Bett gehen. Aber dazu hätte er aufstehen müssen.
10
Am nächsten Morgen stand Sarah auf der Veranda, starrte auf den von Trümmern übersäten Strand und beobachtete die schäumenden Wellen, die an der Küste entlang im Sand verliefen. Palmenblätter, abgebrochene Äste und allerhand Treibgut lagen wild durcheinander. Die Überbleibsel des gestrigen Sturms.
Der Himmel war wieder klar, und eine leichte Brise blies ihr die Haare ins Gesicht. Sie versuchte, genügend Kraft zu sammeln, um in die Stadt zu gehen. Allein. Ohne Garrett um Hilfe zu bitten.
Als sie in der Nacht dem Wind und Regen gelauscht hatte, hatte sie beschlossen, sich für Garretts Freundlichkeit und sein Entgegenkommen zu revanchieren. Er hatte für sie gegrillt und ihr Bücher besorgt. Nicht zu vergessen die Schokolade und den Wein. Er hatte sich eine Belohnung verdient. Außerdem hatte sie es satt, in seiner Gegenwart wie ein Trottel dazustehen.
Wenn sie schon die ganze Zeit so zurückgezogen lebte, wollte sie wenigstens etwas Spaß haben.
Jetzt musste sie nur noch ihre Angst bezwingen, allein in die Stadt zu gehen. Sie holte tief Luft und verließ die Veranda. Der Weg in Garretts Herz führte ganz offensichtlich über Fleisch und Bier, aber Süßigkeiten würde sie ebenfalls besorgen.
Sie schlang sich die Tasche mit dem Laptop über die Schulter und ging rasch den Strand entlang, ehe sie es sich anders überlegen konnte. Wenn sie schon in der Stadt war, würde sie gleich ihre E-Mails überprüfen und Marcus eine beruhigende Nachricht schicken, nicht dass er noch nervös wurde und ihr hierher folgte. Mittlerweile hatte er bestimmt eingesehen, dass sie sich derzeit so weit wie irgend möglich aus dem Weg gehen mussten.
Solange sie sich ruhig verhielt und Boston fernblieb, würde es keine Probleme geben. Sie würde es niemals riskieren, Stanley Cross noch einmal über den Weg zu laufen. Allen war tot – was sie nicht im Geringsten bedauerte. Es tat ihr nur leid, dass Marcus ihn getötet hatte. Sie hätte schon vor langer Zeit Boston den Rücken zukehren sollen, statt sich in ihrer Wohnung zu verkriechen. Vor Angst war sie wie gelähmt. Unfähig, hinauszugehen und wieder ein normales Leben zu führen.
Nun, das war vorbei. Es war höchste Zeit, wieder die Kontrolle über ihr Leben zu erlangen. Und wenn es nur hier auf dieser Insel war. Sie war daran gewöhnt, umzuziehen und irgendwo anders neu anzufangen, das hatte sie ihr ganzes Leben lang getan.
Als Erstes betrat sie das Café. Bei einer Tasse Kaffee schaute sie in ihr E-Mail-Konto. Ihr Puls beschleunigte sich, als sie eine neue Nachricht von Marcus fand.
Alles in Ordnung bei dir? Bitte gib mir Bescheid.
Rasch antwortete sie, dass ihr nichts fehle, sogar etwas ausführlicher als in früheren Mails. Sie stellte das Ganze dar, als würde sie einen ausgedehnten Urlaub verbringen. Und das stimmte vielleicht sogar. Wer konnte schon das Gegenteil behaupten?
Nachdem sie ihren Laptop eingepackt und den Kaffee ausgetrunken hatte, machte sie sich auf den Weg zum Supermarkt. Garretts Geschmack entsprechend entschied sie sich für ein Stück Rinderbrust und große Kartoffeln. Sie mochte gern Salat zu Fleischgerichten, aber Garrett schien keine Magenkapazitäten für leichtere Kost wie Blattsalat oder Tomaten vergeuden zu wollen.
Danach betrachtete sie das breit gefächerte Angebot an Bier. Sie konnte sich nicht erinnern, welche Sorten Garrett
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