KGI: Blutiges Spiel (German Edition)
den Füßen einer Frau rappelte er sich schließlich auf.
Wenn er erwartet hatte, dass sie schreien, in Panik geraten oder sonst eine typisch weibliche Reaktion zeigen würde, hatte er sich geirrt. Als er aufschaute, blickte er in den Lauf einer Kanone. Großer Gott, sie hielt ihm eine Desert Eagle, Kaliber 50, vor die Nase. Als er dann noch weiter nach oben schaute, sah er in ihr extrem wütendes Gesicht. Er konzentrierte sich wieder auf die Waffe. Die Knarre war entsichert, und sie hielt den Abzug halb durchgedrückt.
»Sarah«, sagte er leise.
»Du Arschloch«, fauchte sie ihn an. »Du warst es die ganze Zeit, oder? Du warst nicht im Urlaub. Jemand hat dich wegen mir geschickt.«
»In gewisser Weise ja«, antwortete er, ohne den Abzug aus den Augen zu lassen. »Aber wenn ich dich hätte umbringen wollen, wärest du längst tot.«
Ihr verschlug es einen Moment die Sprache. Damit hatte sie nicht gerechnet. »Hat Marcus dich geschickt?«
Interessant, dass sie gleich davon ausging, jemand anders hätte ihn geschickt. Darauf würde er später noch zurückkommen. Jetzt musste er möglichst überzeugend sein. »Ja, er hat mich geschickt.«
Sie kniff die Augen zusammen und trat einen Schritt zurück, zielte aber weiterhin auf ihn. Blöderweise auf eine ganz spezielle Stelle. Allerdings würde er nicht riskieren, sie zu bitten, einen anderen Teil seiner Anatomie ins Visier zu nehmen. Womöglich wurde sie dann erst recht sauer. Auf diesen überaus peinlichen Arztbericht konnte er gut verzichten: Frau schießt Mann in die Eier.
Misstrauisch starrte sie ihn an. »Sag mir, wer Marcus ist! Es wäre besser für dich, wenn du die Antwort auf meine Frage weißt. Sonst schieße ich.«
Sie strahlte Entschlossenheit aus. Die Lippen hatte sie fest zusammengepresst, und ihre Augen funkelten, aber nicht aus Angst. Nein, sie war wütend und dadurch absolut in der Lage, ihre Drohung in die Tat umzusetzen.
»Kann ich aufstehen?«, fragte er ruhig.
»Nein, bleib unten. Antworte.«
Er seufzte und hoffte, Resnicks Informationen trafen zu. Er musste das Wagnis eingehen. »Dein Bruder hat mich geschickt. Er wollte nicht, dass du ohne Schutz unterwegs bist.«
Garrett spürte ihre Verunsicherung und war auf der Hut. Wenn sie ihn bloß nicht aus Versehen erschoss. Doch dann hatte sie sich wieder gefangen. »Warum hätte er mir das verschweigen sollen?«
»Bei welchem vertraulichen Treffen hätte er es dir denn sagen sollen?« Ihm blieb nichts anderes übrig. Er musste sich darauf verlassen, dass Sarah tatsächlich nicht in ständigem Kontakt zu Lattimer stand. Er vermutete, sie verständigten sich ausschließlich per E-Mail. Zumindest ließ ihre übertriebene Angst um den Laptop darauf schließen. »Dein Bruder verlässt sich nicht blindlings auf E-Mails. Nichts ist absolut sicher. Außerdem wollte er dich nicht beunruhigen. Mein Job war es, in deiner Nähe zu bleiben und auf deine Sicherheit zu achten.«
Sie runzelte die Stirn. »Warum dann das ganze Affentheater? Um auf mich aufzupassen, hättest du nicht mit mir flirten müssen.«
Er blickte sie an und dachte an den Kuss. Er erinnerte sich daran, wie er sie berührt hatte, wie seine Hände über ihren Körper geglitten waren. Und die Antwort, die er ihr gleich geben würde, war zwar gelogen, wäre aber die Wahrheit, wenn ihr Bruder ihn tatsächlich angeheuert hätte.
»Ich wollte die Zeit mit dir verbringen. Du hast mich fasziniert.«
»Dann ging es dir auf der Insel nur darum, deinen Job zu erledigen? Deshalb hast du dafür gesorgt, dass wir uns wie zufällig über den Weg gelaufen sind?«
Ihre Fassungslosigkeit war nur schwer zu überhören und ihr Sarkasmus ebenso. Daneben schwang in ihrer Stimme aber auch ein Hauch von Verletztheit mit, der seine Schuldgefühle zusätzlich verstärkte.
»Großer Gott, nein, und ich glaube, das weißt du auch.«
Sie schloss die Augen und schüttelte kurz den Kopf. Die Hand mit der Waffe schwenkte bedenklich hin und her. Blitzschnell nutzte er die Gelegenheit, ehe sie noch versehentlich auf den Abzug drückte und ihn in eine Frau verwandelte.
Er rollte sich zur Seite, packte sie am Handgelenk und verdrehte es so, dass der Lauf zur Wand zeigte. Dann drückte er zu, bis sie vor Schmerz aufschrie und die Waffe fallen ließ. Sofort lockerte er den Griff, hielt sie aber fest, bis er die Waffe aufgehoben hatte. Dann stand er auf, drehte ihren Arm ein wenig und rieb mit dem Daumen über die Druckstelle, die er auf der Innenseite hinterlassen
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