KGI: Dunkle Stunde (German Edition)
Softball gespielt.
Der Stein traf den Typen voll am Kopf. Er klappte zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Sie sprang auf und rannte, ohne zu zögern, in den Wald.
Links und rechts von ihr schlugen Kugeln in die Bäume ein, und sie beschleunigte ihr Tempo. Der Dreckskerl benutzte einen Schalldämpfer, deshalb konnte sie nicht einschätzen, wie weit er hinter ihr war. Es war auch nicht entscheidend. Wenn er sie erwischte, war sie tot.
»Ethan! Ethan!«
Ethan kam schlagartig zu sich, und sofort meldete sich sein Instinkt. Irgendetwas stimmte nicht. Er schaute sich um und entdeckte Sean, der ihm mit der Taschenlampe voll ins Gesicht leuchtete. Er hielt eine Hand vor die Augen, und Sean senkte die Lampe.
»Meine Güte, du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt. Ich bin um zehn Jahre gealtert. Was ist passiert?«, fragte Sean.
Rachel.
Wo war sie? Er löste den Anschnallgurt, doch Sean hielt ihn fest und schrie ihn an, er solle damit aufhören.
»Spinnst du, Ethan? Warte gefälligst auf die Sanitäter. Beweg dich lieber nicht. Vielleicht hat deine Wirbelsäule was abbekommen. Na los, sei nicht so stur.«
»Rachel«, ächzte Ethan. »Sie haben sie.«
Er schüttelte Seans Arm ab und zwängte sich aus dem Gurt. Gott, wie sollte er bloß aus dem Wagen kommen? Die ganze Fahrerseite war eingedrückt, die Fensterscheibe herausgeflogen. Und in der Öffnung lehnte Sean mit seiner Taschenlampe.
Ethan drehte sich zur Beifahrerseite, wo Rachel gesessen hatte. Die Tür stand offen, und der Sitz war leer.
Er stemmte sich hoch, kletterte über die Konsole in der Mitte und fiel auf der anderen Seite aus dem Pick-up. Sean war bereits um den Wagen herumgelaufen und leuchtete ihm schon wieder ins Gesicht.
»Was ist mit Rachel?«, fragte Sean. »War sie mit dir im Wagen?«
Ethan kam mühsam auf die Beine und musste sich auf Seans Schulter abstützen, als er schwankte. Scheiße. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
»Ja, sie war bei mir. Die Schweine haben sie sich geschnappt. Sie hatte recht, verflucht noch mal. Der Unfall auf der Brücke … das war kein Unfall. Diese Arschlöcher haben uns abgepasst, als wir von Sam weggefahren sind. Dann haben sie uns gerammt und Rachel verschleppt.«
»Heilige Mutter Gottes«, sagte Sean leise.
Sofort begann er, Befehle über sein Funkgerät durchzugeben. Mittendrin hielt er kurz inne und sah Ethan an.
»Erzähl mir alles, was dir einfällt, Ethan. Jedes Detail, damit wir wissen, wo wir anfangen sollen.«
»Keine Ahnung«, erwiderte Ethan. »Es war dunkel. Sie haben an der Kreuzung zum Highway geparkt. Dann haben sie aufgeblendet und sind einfach in uns reingeknallt. Das war’s auch schon im Großen und Ganzen. Ich erinnere mich nur noch, wie Rachel geschrien hat, als irgendein Kerl sie an den Haaren aus dem Pick-up gezerrt hat.«
»Gott steh ihr bei«, murmelte Sean. »Na gut. Als Erstes organisieren wir eine weiträumige Suchaktion. Sie haben einen ziemlichen Vorsprung. Außerdem lasse ich an den Highways und größeren Nebenstraßen Sperren errichten, und ich kontaktiere das Sheriffbüro im Henry County, damit die sich ebenfalls auf die Suche machen.«
»Gib mir mal ein Telefon. Ich muss Sam und Garrett anrufen.«
Sean warf ihm ein Handy zu, und Ethan tippte Sams Nummer ein. Sein Magen brodelte wie ein Vulkan. Die Angst hatte ihn fest im Griff. Im Hintergrund hörte er, wie Sean per Funk seine Anweisungen durchgab. Schnell und professionell. Das musste Ethan dem jüngeren Mann lassen: Er wusste, was er zu tun hatte. Er war heilfroh, dass er ihn als Unterstützung hatte.
Ich komme, Kleines. Halte durch. Ich hole dich, das schwöre ich. Halte einfach aus. Für mich. Für uns.
Bitte, lieber Gott, nimm sie mir nicht weg.
Jemand wollte ihren Tod. Ihr Leben hing von ihm und von seinen Brüdern ab. Wenn Ethan diese Wichser in die Finger bekäme, dann gnade ihnen Gott.
Sam rieb sich müde übers Gesicht. Was für ein Chaos. Das hätte er nie von Ethan gedacht. Sicher, er hatte gewusst, wie unnachgiebig er sein konnte, aber er hätte sich nie träumen lassen, wie groß die Probleme zwischen ihm und Rachel tatsächlich waren.
Er schaute zu Garrett hinüber, der genauso ratlos dreinblickte und nur noch den Kopf schüttelte.
»Ich und Rachel.«
Es wollte ihm nicht eingehen, wie jemand auf den hirnrissigen Gedanken kommen konnte, er hätte eine Affäre mit der Frau seines Bruders.
»So eine vertrackte Situation«, sagte Garrett.
Sam schaute auf
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