KGI: Tödliche Rache (German Edition)
einmal als nützlich erweisen könnte. Umständlich öffnete sie die Handtasche und fingerte darin herum, als hätte sie wirklich etwas, das sie ihm geben wollte.
Ihre Finger glitten über den Griff der Pistole, einer krümmte sich um den kalten Abzug. Blitzschnell wirbelte sie herum und erschoss durch die Handtasche den ersten Leibwächter. Ehe der zweite reagieren konnte, feuerte sie erneut. Das laute Plopp, mit dem die Kugel seinen Hals durchschlug, war das einzige Geräusch im Zimmer.
Sie ließ die Tasche fallen, und der lange Schalldämpfer wurde sichtbar. Ihr Vater stand da und starrte sie an, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Was soll das, Sophie?«
Sie verlor kein Wort, ließ sich auf seine blöden Spielchen gar nicht erst ein. Jede Sekunde war wertvoll, ehe auf seinen Befehl hin die Hölle losbrechen würde.
Sie richtete den Lauf auf ihn, und unmittelbar bevor sie abdrückte, sah sie in den Augen ihres Vaters ein Aufblitzen von Überraschung und Schock. Er plumpste wie ein Sack zu Boden, sein Blut spritzte über das blank polierte Parkett.
Rasch zog sie das Messer aus der Tasche und lief zu ihm hinüber. Dann schob sie den Kragen seines Hemds nach unten, packte den Lederriemen, der um seinen Hals lag, und schnitt ihn durch. Der dünne Metallzylinder daran war blutverschmiert. Sie schnappte ihn sich, hastete dann zum Schreibtisch und tastete nach dem Knopf unter der Platte.
Im Boden öffnete sich eine Geheimtür und enthüllte eine Treppe, die zu einem unterirdischen System von Fluchtwegen führte.
Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, eilte sie die Stufen hinunter. Monatelang hatte sie sich die Pläne dieses Labyrinths eingeprägt. Sie kannte jeden Pfad und jede Abzweigung auswendig, obwohl sie zuvor nie hier unten gewesen war. Sie verließ sich ganz auf ihr Gedächtnis und eilte in Richtung Ausgang, wo der Chauffeur auf sie warten sollte.
Zehn Minuten später lief sie ins Freie und atmete erleichtert auf, dass der Wagen wirklich dastand. Der Mann hatte sie nicht verraten.
Er half ihr auf die Rückbank, stieg vorne ein und musterte sie im Rückspiegel.
»Alles gut gegangen?«
Sie nickte. »Danke, dass Sie mir geholfen haben.«
Seine einzige Reaktion bestand in einem leichten Zucken des Unterkiefers. Dann ließ er den Motor an und raste davon. Sie schaute sich nicht um. Sie hatte hier nichts mehr verloren.
Während die Entfernung zu dem Anwesen wuchs, ließ ihre Anspannung ein wenig nach, und sie wagte allmählich, das Unmögliche zu hoffen.
Freiheit.
Endlich war sie frei.
3
Fünf Monate später
Sophie nahm Gas weg, das Boot wurde langsamer und trieb schließlich langsam vor sich hin. Finsternis umgab sie auf dem Kentucky Lake. Der Himmel war bedeckt. Neumond. Nur ein oder zwei Sterne lugten sich durch die Wolkendecke hindurch. Sie war ohne Licht unterwegs und hatte sich in der Mitte des Sees gehalten, bis sie sich sicher sein konnte, ihrem Ziel ganz nahe zu sein. Sie warf einen Blick auf ihr kleines GPS-Gerät und spähte dann die nördliche Uferlinie entlang. Den Koordinaten zufolge war ihr Ziel noch eine Meile entfernt.
Sie schluckte ihre Angst und Nervosität hinunter und legte automatisch eine Hand besänftigend auf den Bauch. Würde Sam überhaupt dort sein? Wie würde er reagieren, wenn sie plötzlich vor seiner Tür stand? Was würde er sagen, wenn er die Wahrheit über sie erfuhr?
Nervös drehte sie sich um und starrte in die Dunkelheit. Der See lag da wie eine Riesenpfütze schwarzer Tinte. Das einzige Geräusch, das sie vernahm, war das leise Plätschern der Wellen gegen den Rumpf ihres Boots.
Sie war mit den Nerven am Ende. Dass sie ein großes Risiko einging, war ihr klar, ihr blieb jedoch keine andere Wahl mehr. Die Leute ihres Onkels waren ihr dicht auf den Fersen. Sie konnte sie riechen. Sie konnte sie in jeder Faser ihres Körpers spüren. In den letzten Wochen war sie ihnen mehrmals nur knapp entwischt.
Eine kluge Frau wusste, wann sie Hilfe brauchte. Und sie betrachtete sich als kluge Frau, deshalb war sie hier. Allein in dem verdammten Boot auf dem verdammten See auf der Suche nach dem Vater ihres Babys, in der Hoffnung, er könnte sie beide beschützen.
Nach fünf Monaten auf der Flucht fühlte sie sich gerade wie auf dem Präsentierteller, und es ängstigte sie fast zu Tode. Natürlich war sie nicht einfach nach Dover gefahren, hatte sich nach Sams Adresse erkundigt und dann vor seinem Haus geparkt. So blöd war sie nicht. Sam stand bei ihrem Onkel sicherlich auf
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