Kielwasser
Zeit mit Geplänkel verlieren. Er fühlte sich irgendwie unter Druck.
»Apropos Arbeit«, hakte er ein. »Hat Ihnen der IO meinen Wunsch die Akte des KaFüs betreffend mitgeteilt?«
»Hat er. Sie können sie gleich haben. Ich habe auch einen losen Plan gemacht.«
»Sehr gut. Erzählen Sie.«
Jungmann zögerte irritiert. Nach einem kurzen Moment redete er weiter wie zuvor. »Nach der Mittagsruhe würde ich gern mit Ihnen über den KaFü sprechen. Sie haben sicherlich Fragen und ich habe das eine oder andere dazu zu sagen.«
»Ausgezeichnet. Schumi, irgendwelche Einwände?«
Schumann schüttelte nur den Kopf und sagte sonst nichts.
»Morgen Vormittag möchte ich Ihnen Dschibuti zeigen. Wir machen eine Sightseeingtour. Ich habe da auch an die andere Sache gedacht, Herr Jung. Ich glaube, das ist wichtig.«
»Gefällt mir. Wenn Sie es nicht schon geplant hätten, würde ich Sie darum gebeten haben. Danke.« Jung machte sich leise Vorwürfe, dass er den Kommandeur eingangs so brüsk auf die Arbeitsebene geholt hatte. Wie er jetzt feststellte, war er nicht untätig gewesen und hatte sich Gedanken gemacht. Das freute Jung.
»Den Nachmittag verbringen Sie in eigener Regie. Etwas Ruhe kann nicht schaden, um alles zu überdenken. Wenn Sie Lust haben, können wir abends gemeinsam essen gehen oder eine Bar besuchen. Wie Sie wollen.«
»Sehr fürsorglich. Danke, wir nehmen das gern an.« Jung sah Schumi an. Er saß auf der Sitzbank und grinste freundlich wie immer. Ein anderer Gesichtsausdruck hätte Jung inzwischen irritiert. Dennoch glaubte er, auf seinem Gesicht einen Hauch von Unwillen abzulesen.
»Bevor Sie wieder zurückfliegen, machen wir eine Abschlussbesprechung. Vielleicht haben Sie Wünsche, die ich realisieren kann. Bis zum nächsten Einlaufen kann ich planen und vorbereiten. Einverstanden?«
»Einverstanden. Schumi, noch Punkte?«
Schumann dachte nur kurz nach. »Hat der KaFü in Dschibuti einen Schiffshändler gehabt? Mich interessiert, wo er eingekauft hat.«
»Wir haben einen Schiffshändler«, Jungmann betonte das wir, »nehmen ihn aber nur ungern in Anspruch. Er ist zu teuer. Normalerweise beziehen wir alles aus Deutschland. Wenn der KaFü einen Schiffshändler genommen hat, dann nur über uns.«
»Und, hat er?«
»Selten, aber er hat. Stimmt. Aber darüber können wir nach dem Mittagessen sprechen. Jetzt zeige ich Ihnen erst einmal Ihre Kammer, Herr Jung. Oberstaber, Sie kennen sich aus?«
»Klar, Herr Kap’tän. Ich weiß, wo ich hingehöre.«
»Wir nehmen einen Sherry vor dem Essen, Herr Jung. Und dann lassen wir uns vom Smut überraschen. Ich weiß nicht, was heute auf dem Speiseplan steht.«
»Hoffentlich gibt’s kein Kamelsteak«, bemerkte Jung schroff.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Der Oberstaber meint, die Kamele auf dem Nachbarschiff seien für den Metzger.«
Jungmann lachte. »Unser Fleisch stammt aus Deutschland.«
»Gut zu wissen«, beruhigte sich Jung.
*
Jungs Kammer lag auf dem gleichen Deck wie Jungmanns. Er wünschte, er hätte auf der Fregatte den gleichen Luxus gehabt. Das Tageslicht fiel durch zwei große Bullaugen in den Raum. Seine Koje war gebaut. Er stellte mit Freude fest, dass er eine eigene Dusche und Toilette hatte. Aus den Bullaugen sah er aus dieser Höhe über die Pier hinweg auf den Golf von Aden. In der Ferne lag auf dem zwischen smaragdgrün und azurblau changierenden Meer ein kleines, weiß leuchtendes Inselchen, auf dem er gerade noch einige wenige niedrige Palmen auszumachen glaubte. Es hätten auch Mangroven sein können, fiel ihm ein. Die Aussicht erschien ihm wie aus einem Reiseprospekt für die Karibik.
Nach der Mittagspause versammelten sie sich wieder in der Kommandeurskammer. Schumi schien gut gegessen und eine angenehme Pause gehabt zu haben. Der leichte Schatten war aus seinem freundlichen Gesicht gewichen.
Jungmann überreichte Jung die Personalakte des KaFüs. »Sie ist dünn«, kommentierte er. »Das zeugt schon mal von guter Führung und wenig Problemen. Schade um den Mann.«
Jung nahm die Akte entgegen und legte sie beiseite. »Ich studiere sie nachher, wenn wir fertig sind. Gehen wir gleich in medias res 27 . Darf ich?«
»Nur zu. Dafür sind wir ja hier.« Jungmann zuckte mit keiner Wimper, als Jung aus alter Gewohnheit lateinische Brocken in seine Rede einfließen ließ. Jung war bewusst, dass er arrogant und überheblich wirkte, und er besser daran tat, es zu lassen. Er bemühte sich darum, vergaß es aber oft.
»Der IO hat
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