Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
Vom Netzwerk:
uns den Mann beschrieben. Er hat klargemacht, dass er nicht an einen Unfall glaubt. Alle Umstände sprächen dagegen. Sie sehen das ähnlich. Welche Gründe haben Sie?«
    »Ich stimme ihm absolut zu, ohne Wenn und Aber. Dazu kommt, dass ich den KaFü auch hier an Land beobachtet oder, besser gesagt, gesehen habe. Wir trainierten gelegentlich zur gleichen Zeit im Fitnesscenter bei den Franzosen.«
    »Und? War er oft da?«
    »Immer, wenn die Fregatte festgemacht hatte und er wachfrei war. Das passiert ungefähr alle zwei Wochen. Er verbrachte seine Zeit fast nur dort und hatte Kameraden gefunden, die ähnlich hart trainierten.«
    »Welche Kameraden?«
    »Zunächst mal Franzosen, genauer gesagt Fremdenlegionäre, die ja auch hier kaserniert sind. Später kamen einige Amerikaner dazu, Marines aus dem Camp draußen am Flughafen.«
    »Und er war immer mit den Gleichen zusammen?«
    »Soweit ich das verfolgen konnte, ja. Es gab ja nur wenige, die ebenso besessen trainierten wie er. Eigentlich nur zwei. Mit denen sah ich ihn, wann immer ich ihm da begegnet bin. Übrigens, ein einziges Mal auch außerhalb des Centers, im Gepard, mehr zufällig.«
    »Gepard? Was ist das?«
    »Eine Bar im Sheraton Dschibuti. Nebenbei bemerkt die einzige, abgesehen vom Kempinski auf der Franzosenhalbinsel, die man als Weißer einigermaßen gefahrlos aufsuchen kann.«
    »Das passt aber gar nicht zu ihm. Was meinen Sie?«
    »Stimmt. Wie gesagt, ich habe ihn dort nur ein einziges Mal gesehen, zufällig. So oft bin ich da auch nicht. Vielleicht wollten sie nach dem Training etwas trinken, in angenehmerer Atmosphäre und ungestört. Das kann man da gut.«
    »War er betrunken?«
    »Nein, nein, überhaupt nicht. Betrunken habe ich ihn nie erlebt. Sie saßen an der Bar und haben sich unterhalten. Selbst die Nutten haben sie in Ruhe gelassen.«
    »Ist die Bar eine Art Kontakthof?« Jung sah in Schumis Richtung, der sich weiter in Schweigen hüllte.
    »Kontakthof? Nein, das wäre zu krass. Aber wer Anschluss sucht, der geht da hin.«
    »Ist Ihnen an ihm etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Nein. Das einzig wirklich Auffällige an ihm war seine Leidenschaft an den Hanteln. Er glühte regelrecht, und nicht nur wegen der Hitze. Wenn ich schon längst aufgegeben hatte, fing er erst richtig an.« Jungmann hielt inne und Jung blickte nachdenklich auf die Akte des KaFüs. Alle schwiegen und es entstand die Peinlichkeit, die sich einstellt, wenn alle etwas sagen wollen und keiner sich traut anzufangen. Jungmann stand plötzlich auf. »Möchten Sie Kaffee? Ich habe Gelüste.« Nachdem Schumann und Jung zustimmend genickt hatten, trat er ans Telefon und bestellte in der Kombüse eine Kanne Kaffee mit drei Tassen.
    »Sie erwähnten Franzosen und Amerikaner. Was machen die hier eigentlich?«, nahm Jung das Gespräch wieder auf.
    »Dschibuti war mal französische Kolonie und ein bedeutender Außenposten der Fremdenlegion in Afrika. Nach der Unabhängigkeit 1977 blieben die Franzosen im Land, aus strategischen Gründen. Die neuen Machthaber duldeten das nicht nur, sondern schätzten sie auch als Ordnungsmacht und als Geldquelle. Denn sie müssen für ihr Bleiben kräftig zahlen. Seitdem gibt es hier eine reguläre französische Garnison und eine Halbbrigade Fremdenlegionäre.«
    Es klopfte an der Tür und ein Gefreiter betrat die Kammer. Er jonglierte ein Tablett mit Kaffeekanne und Tassen in der Hand.
    »Stellen Sie es auf den Tisch. Wir bedienen uns selbst. Danke.« Jungmann entließ den Gefreiten, schenkte seinen Gästen Kaffee ein und reichte Zucker und Sahne. Schließlich nahmen sie den ersten Schluck aus ihren dampfenden Tassen.
    »Und die Amis?«, fragte Jung, nachdem er seine Tasse zurück auf ihren Unterteller gesetzt hatte.
    »Nach dem Anschlag auf das World Trade Center organisierten die Amerikaner einen Feldzug gegen den weltweiten Terrorismus. Wir Deutsche sind seit 2002 dabei. Später hielten es die Amerikaner für angebracht, mobile Einheiten der Marines in Dschibuti zu stationieren. Die kampieren jetzt in dem Feldlager am Flughafen. Der herrschende Clan sieht das gern. Er lässt sich angemessen dafür bezahlen. Übrigens auch von uns.«
    »Von uns? Wofür denn?« Jung war baff.
    »Dass wir hier liegen dürfen.«
    Jung schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf sein Thema. »Und seit wann war der KaFü hier im Einsatz?«
    »Seit ungefähr einem Jahr. Er hat freiwillig verlängert. Normalerweise werden die Soldaten spätestens nach sechs

Weitere Kostenlose Bücher