Kill Decision
Evans.
Er beantwortete die Frage, die sie nur im Geist stellte. «Digitaler Mehrkanalempfänger.»
«Ich wusste gar nicht, dass es so leicht ist, Handytelefonate abzuhören.»
«Tja, ist es aber. Nennt sich Meaconing .» Er zeigte mit dem Finger. «Mobilfunknetze bestehen aus überall verteilten Basisstationen. Wenn Sie Ihr Handy einschalten, sucht es die Basisstation mit dem stärksten Signal und stellt eine Kontrollverbindung her – über die es Informationen zur Identität des Handys sendet. Zuallererst störe ich die bestehende Kontrollverbindung des Zielhandys. Das zwingt es, eine neue Basisstation zu suchen – für die ich mich ausgebe, indem ich ein stärkeres Signal aussende. Ich werde für das Handy praktisch zum Sendemast und bekomme so eine Kontrollverbindung. Dann kann ich mithören und die Identifikationsinformationen eines jeden Handys sehen, mit dem mein Zielhandy kommuniziert. Die Kontrollverbindung ist völlig unabhängig von der Verbindung, die die Leute zum Telefonieren herstellen. Das heißt, ich kann das Zieltelefon fernprogrammieren, sich selbsttätig einzuschalten, selbst wenn es aus ist. Ich kann das Mikrophon aktivieren, wenn gerade nicht telefoniert wird – kann das Handy als Wanze benutzen. Und noch viel mehr. Selbst zivile Verschlüsselung hilft da nichts. Die Verschlüsselung erfolgt vor allem an der Basisstation … und die bin ja jetzt ich.»
«Haben Sie das damals in Übersee für Odin gemacht?»
Er nickte. «Ja, ist ein großartiges Mittel, um fließende Organisationsstrukturen – etwa von Verbrechergangs – zu erfassen, herauszubekommen, wer für wen wichtig ist. Um Leute mit Bomben zu erledigen.»
«Das wird mir langsam klar.»
Die Hecktür des Kastenwagens wurde geöffnet, und Odin, Smokey und Ripper stiegen ein – die beiden Letzteren in Securityblazern.
Evans sah Odin stirnrunzelnd an. «Sagten Sie nicht, Ihr ganzes Team sei tot?»
«Ich habe gesagt, was nötig war, um Sie zur Kooperation zu bewegen.»
«Arschloch …»
Nachdem Odin die Hecktür wieder geschlossen hatte, deutete er mit einer Kopfbewegung auf die Bildschirme. «Wen hat er als Erstes angerufen?»
«Scheint so eine Washingtoner Lobbyfirmen-Banditin zu sein. Er wollte Schutz. Sie hat ihm gesagt, er soll sich nicht in die Hosen scheißen.»
Odin warf McKinney ein Stück von einem lavendelfarbenen Seidenschlips in den Schoß. «Fahren wir.»
Martas Stadtwohnung war ein ultramodernes Penthouse am Potomac, gleich westlich des Watergate-Komplexes. Es hatte die Firma fünf Millionen Dollar gekostet, aber man brauchte nun mal eine repräsentative Operationsbasis in der Nähe vom Kennedy Center, den Uferrestaurants und anderen kulturellen Anziehungspunkten, wo man auch Einladungen geben konnte. Es gab eine riesige Terrasse zur Francis Scott Key Bridge hinaus – eine Terrasse mit fest installierten Catering-Bars und Platz für hundert Cocktailparty-Gäste. Bei Nacht war der Blick wunderschön, was Marta allerdings selten registrierte – schon gar nicht heute Nacht.
Sie saß allein am oberen Ende eines postmodernen Kirschbaumtischs in ihrem formellen Esszimmer, zwischen Granitfliesen- und Glaswänden und teurer moderner Kunst, und blätterte im jüngsten Außenpolitik-Bestseller, geschrieben von einem ihr bekannten Außenexperten im zweiten Glied. Sie nahm einen Schluck von einem vollen Glas ausgezeichneten Cabernets.
Kurz bevor ihre Dielenuhr zwei schlug, schreckte sie ein raues Krächzen auf, und sie sah einen großen schwarzen Raben wie ein düsteres Omen auf der Stuhllehne am sieben Meter entfernten anderen Tischende sitzen. Gelassen klappte sie das Buch zu und wartete.
Gleich darauf trat ein gutaussehender, athletischer Mann in der Uniform einer Gasgesellschaft und mit Helm und Klettergurt halb um die Ecke. Er hatte kalte stahlblaue Augen und die selbstsichere Haltung eines Special Operator.
«Ich habe Sie erwartet.»
Der Mann zeigte nicht das kleinste Zeichen von Überraschung. Auf ein Handzeichen von ihm flog der Vogel durchs Wohnzimmer und die offene Glasschiebetür davon.
«Lassen Sie immer Ihre Türen unabgeschlossen und die Alarmanlage aus?»
«Ich wollte nicht, dass Sie irgendwas kaputt machen. Ich gebe morgen Abend eine Party.»
«Und Ihre Sicherheitsleute?»
«Weggeschickt, aus demselben Grund. Ich bin nicht so dumm, mich dem US-Militär zu widersetzen.» Sie taxierte den vor ihr stehenden Mann. «Sie müssen Henry entschuldigen. Er ist ein bisschen naiv und von sich eingenommen.
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