Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
etwas?«
»Weil er ein krankes Arschloch ist.«
»Aber er kam her, um mich zu kriegen.«
»So klang es zumindest.«
»Er hätte mich kriegen können, wenn er sich bemüht hätte.«
»Ich schätze, Sie standen wohl doch nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste.«
Sie stöhnte.
Dann stöhnte jemand anders. Jemand in dem Leichenhaufen.
»Mein Gott!«, platzte Sharon heraus.
Sie rannte hinüber und Hal stopfte seine Pistole hinten in den Hosenbund. Er ging in die Hocke, griff nach einem blutigen Handgelenk, zog daran und sagte: »Es wird alles gut.«
Es schien offensichtlich, dass für die Frau, an deren Handgelenk er zerrte, nicht alles gut werden würde. Ihr fehlte das halbe Gesicht. Wahrscheinlich handelte es sich um Leslie. Ihre großen, blutigen Brüste schaukelten, als es Hal gelang, einen Teil ihres Körpers aus dem Haufen herauszuziehen.
Die Überlebende wimmerte leise.
»Ich hab Sie fast«, verkündete Hal.
Er schob eine weitere Leiche beiseite. Eine kurzhaarige blonde Frau, deren Gesicht nach unten zeigte. Die Mandantin, Mrs. Hayes?
Mit einer Hand packte Hal ihren Oberarm, mit der anderen umklammerte er ihre Hüfte. Er stemmte sich gegen ihren Körper und wälzte sie herum. Als sie auf ihn zukippte, hob der blutüberströmte, nackte Mann unter ihr sein Gewehr und schoss Hal mitten ins Gesicht.
7
Der Anblick brachte Sharon aus dem Gleichgewicht, nahm ihr den Atem, brachte ihren Verstand durcheinander. Sie hatte das Gefühl, sich in mehrere Sharons aufzuteilen. Eine von ihnen dachte: Das ist gerade nicht wirklich passiert; eine andere wollte vor Entsetzen laut losschreien; die Dritte merkte an: Ich wusste, dass das passieren wird; und noch eine andere dachte: Ich muss hier weg!
All diese Sharons sahen zu, wie sich der blutgetränkte, nackte Mann zwischen den Toten aufsetzte und lächelte. Seine Zähne und Augen leuchteten weiß in seinem blutroten Gesicht.
»Spring rein«, sagte er. »Das Wasser ist herrlich.«
Sie wirbelte herum und rannte davon.
Vielleicht verfehlt er mich ja. Klar, sicher.
Hinter sich hörte sie das Klack-klack des Gewehrs, als der Killer eine frische Kugel in die Kammer gleiten ließ.
Das war’s!
Sie hechtete in Richtung Boden.
BUMM!
Sharon knallte aufs Parkett und ihre Rippen prallten auf die Türschwelle. Die nackten Oberschenkel verursachten ein Quietschen auf dem harten Holzboden, als sie weiterrutschte.
Da sie annahm, dass der Schuss sie verfehlt hatte – obwohl sie sich nicht ganz sicher sein konnte –, krabbelte sie in Richtung Korridor.
Meine Instinkte funktionieren.
Sie rechnete jeden Augenblick mit einem weiteren Schuss und wartete nicht einmal, bis ihre Beine die Türschwelle überwunden hatten, sondern warf sich blitzschnell zur Seite. Der Holzrahmen schürfte ihre rechte Pobacke auf. Sie schob ihre Beine in den Flur hinaus, robbte wie eine Irre weiter und schaute zurück. Als sie sah, dass der Raum hinter ihr lag, rappelte sie sich auf und spurtete los.
Sie rannte, so schnell sie konnte, und ließ die Arme schwingen, während ihre Füße auf den Boden klatschten.
Aber sie rannte in die falsche Richtung.
Ihr ging auf, dass sie wie vorher nach links hätte laufen müssen, aber sie hatte das Ganze nicht geplant, sondern nur reagiert, nur versucht, verdammt noch mal da raus zukommen, also war sie vom Treppenhaus weg gelaufen.
In Gegenrichtung des nächstgelegenen Fluchtwegs, auf den Abgang zu, der dreimal so weit entfernt lag.
Die Fahrstühle fielen ihr ein.
Sie schaute zurück.
Er hatte das Büro noch nicht verlassen.
Versuch es!
Sie machte kehrt und hielt auf die andere Seite des Korridors zu. Beide Fahrstuhltüren waren verschlossen. Die Plastikknöpfe an der Metalltafel zwischen ihnen leuchteten nicht.
Sharon streckte einen Zeigefinger aus, warf sich nach vorne und drückte auf den unteren Knopf. Die Beleuchtung ging an. Anschließend drückte sie auf den oberen.
Hoch, runter, wen interessiert’s? Raus hier, nur das zählt.
Sie taumelte rückwärts, drehte sich um und spähte in den Korridor.
Vielleicht verfolgt er mich ja diesmal auch wieder nicht. Vielleicht will er noch bleiben und spielen …
Er sprang mit einem Satz aus dem Büro, landete auf beiden Füßen und schlitterte seitwärts auf sie zu.
Mit Schwung.
Tom Cruise. Lockere Geschäfte.
Außer einer weißen Unterhose trug der Mann nichts als Blut am Leib. Er hielt sein Gewehr wie eine Gitarre.
In Sharons Kopf drehte sich alles, und sie wandte den Blick von ihm ab.
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