Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
verlieren?«
»Du kannst es gerne versuchen.«
Clark zögerte nicht. Er tauchte seinen Arm in die Flüssigkeit und schob seine offene Hand in die Tiefe. Seine Finger fanden das Haar des Mannes und tätschelten dessen Kopf. »Howdy, Kumpel.«
Direkt danach glitten seine Finger über das grauenvolle Gesicht. Sie zwickten die Nase und zupften am Schnurrbart. »Sag aaaah.«
Clark schob seinen Zeigefinger ganz tief in das geöffnete Gebiss und sein Schrei durchschnitt die Stille, als der Mund zuklappte. Seine Hand schoss zurück nach oben und zog eine rote Wolke hinter sich her, bevor sie die Oberfläche durchbrach und uns mit Formaldehyd und Blut vollspritzte.
Clark riss sich die Augenbinde ab und starrte auf seine Hand. Der Zeigefinger fehlte.
»Mein Finger!«, kreischte er. »Mein Gott, mein Finger! Es hat ihn … abgebissen …«
Gejohle und Applaus unterbrachen ihn, aber beides galt nicht Clark.
»Schaut ihn euch an!«, rief Dal und deutete auf den Kopf.
»Weiter, Alf, weiter!«, brüllte ein anderer.
»Alf?«, fragte ich Biff.
»Alf Packer«, antwortete sie, ohne ihren Blick von dem Kopf abzuwenden. »Der berühmte Kannibale aus den Rocky Mountains.«
Der Kopf schien zu grinsen, während er genüsslich kaute.
Ich drehte mich zu Biff um. »Du wusstest Bescheid?«
»Sicher. Jeder Feigling kann sich dem Greifer stellen, wenn er nicht weiß, worum es geht. Aber wenn man’s weiß, braucht man Eier in der Hose.«
»Wer ist der Nächste?«, fragte Jerry.
»Hier ist ein Freiwilliger«, rief Biff und packte mich am Arm. Ich riss mich los, wurde jedoch von einem halben Dutzend verstümmelter Hände festgehalten. »Vielleicht hast du ja Glück«, meinte sie. »Alf ist deutlich zahmer, wenn er gerade gut gegessen hat.«
HERMAN
Charlotte, Charlie genannt, war 13 und ein sehr tapferes Mädchen, das sich selbst für eher burschikos hielt. Sie hielt sich außerdem für eine Erforscherin unbekannter Phänomene, für eine Nachwuchsdetektivin und einen Kreuzritter gegen die Ungerechtigkeit. Sie hielt ihr Fahrrad für einen Hengst namens Speedy und war davon überzeugt, einen unsichtbaren Freund namens Herman zu haben, der sie überallhin begleitete und sie beschützte, ganz gleich, wie groß die Bedrohung auch sein mochte.
Ein Mädchen mit einer blühenden Fantasie.
Aber nicht völlig realitätsfremd.
Sie erkannte Ärger, wenn sie ihn vor sich hatte.
Als das Auto von hinten auf sie zuraste, wich sie an den äußersten Rand der Straße aus.
Sie zuckte zusammen, als der Wagen mit dröhnendem Motor und plärrendem Radio an ihr vorbeirauschte, während der Typ ihr aus dem Beifahrerfenster zurief: »Leck mich!«
Die Karre, ein alter blauer Mustang, raste so schnell an ihr vorbei, dass sie keine Chance hatte, zu erkennen, wer darin saß.
Ein paar Vollidioten, so viel wusste Charlie immerhin.
Ihre linke Hand ließ Speedys Lenkstange los.
Dann bohrte sie sich mit erhobenem, steifem Mittelfinger in den Mittagshimmel.
Vor ihr bremste der Wagen.
Das war der Moment, in dem sie wusste, dass sie Ärger bekommen würde.
Sie murmelte »Oh, oh«, kam rutschend zum Stehen und stemmte einen Fuß auf den Teer. Der sonnenüberflutete Seitenstreifen wurde von Bäumen mit leuchtend grünen Blättern gesäumt. Die Straße präsentierte sich bis zur nächsten Kurve hinter ihr wie ausgestorben.
Sie spähte erneut nach vorn. Das einzige Auto in dieser Richtung war der Mustang.
Er rollte langsam rückwärts auf sie zu.
»Oh Mann«, schimpfte sie mit sich selbst. »Jetzt hab ich Mist gebaut.«
Sie schaute sich nach allen Seiten um, als suche sie die Wälder nach einem Fluchtweg ab. Dann drehte sie sich wieder zu dem Mustang um.
Etwa sechs Meter von ihr entfernt kam er zum Stehen. Die vorderen Türen öffneten sich, und zwei junge Männer stiegen aus. Aus der Schule, der Kirche, der Band, dem Chor, dem Softballteam und der Tatsache, dass sie auf ihren Erkundungstouren ständig durch Maplewood radelte, kannte Charlie praktisch jeden, der in der näheren Umgebung wohnte. Doch diese beiden waren Fremde.
Sie schienen im richtigen Alter zu sein, um gerade die High School abgebrochen zu haben, trugen beide T-Shirts, blaue Jeans und Cowboystiefel. Der Fahrer sah ebenso dürr wie gemein aus. Zwischen seinen Lippen steckte eine Zigarette, aber sie brannte nicht. Der Beifahrer wirkte fett und genauso gemein. Er kaute auf irgendetwas herum.
Am Heck des Fahrzeugs blieben sie stehen und musterten Charlie. Dann sahen sie einander grinsend
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