Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
soll damit sein?«, fragte Bill.
»Das ist ein Fahrrad für zwei.«
»Na und?«
»Was sagt euch das?«, fragte sie.
»Dass du ein beschissener Schwachkopf bist«, antwortete der fette Tom und grinste. »Nur ein Schwachkopf würde allein mit so einem Tandem durch die Gegend radeln.«
»Ich bin aber nicht allein.«
»Ja, sicher«, sagte Tom.
»Herman ist bei mir.«
»Ja, sicher.«
»Herman?«, fragte Bill.
»Er ist mein bester Freund. Und er ist so groß und stark, das würdet ihr nicht glauben. Neben ihm sieht Arnold Schwarzenegger wie ein Schlappschwanz aus.«
Bill und Tom grinsten sich gegenseitig an.
»Ich hab Angst«, sagte Bill. »Hast du auch Angst?«
»Ich bin ganz starr vor Angst«, erwiderte Tom. »Ooooooh, ich hab solche Angst! Schau mich an! Ich zittere!«
Bill, der Dünne, wirkte weniger amüsiert. »Wie heißt dein Freund? Helen?«, fragte er.
»Herman.«
»Und er, also, er fährt mit dir auf diesem Zweisitzer?«
»Ganz genau.«
»Na, Scheiße. Ich kann ihn jedenfalls nicht sehen.«
Tom brach in Gelächter aus. Sein mächtiger Bauch wackelte und schwabbelte. Er klopfte Bill ein paarmal auf den Rücken.
»Hör auf«, ermahnte ihn Bill. Dann wandte er sich an Charlie. »Wie groß ist denn dein Herman?«
»Riesig. Fast 2,15 Meter groß.«
»Das ist groß. Aber warum kann ich ihn dann nicht sehen?«
»Darum.«
»Oh, darum. « Er schielte zu Tom. »Das erklärt natürlich alles.«
Tom lachte erneut, aber er hielt seine Hand von Bills Rücken fern.
»Niemand kann ihn sehen«, erklärte Charlie.
»Oh, ich verstehe. Du meinst, er ist unsichtbar.«
»Ganz genau.«
»Jetzt hab ich wirklich Angst.«
»Ich hab solche Angst, dass ich mir gleich in die Hose scheiße!«, platzte Tom heraus und führte einen kleinen Tanz auf, als versuche er, sich nicht zu bepissen vor Lachen.
»Ihr werdet es nicht mehr so lustig finden, wenn ihr irgendwas bei mir versucht. Er wird euch sämtliche Gliedmaßen einzeln ausreißen.«
»Ach, ja?« Bill schaute Tom an. »Du bleibst hier, ich kümmere mich um ihn.« Er kam auf Charlie zu, stapfte an ihr vorbei und blieb neben der zweiten Lenkstange stehen. Sie drehte sich um, um ihm zuzuschauen. »Okay, Herman, probier’s mit deinem besten Schlag.« Er schob sein Kinn vor.
»Herman ist nicht hier«, erklärte Charlie.
Bill sah sie mit erhobenen Augenbrauen an. »Ehrlich? Du würdest mich doch nicht veralbern, oder?« Er streckte eine Hand aus und tätschelte den Ledersattel. »Du hast recht. Verdammt! Ich hab mich so darauf gefreut, ihn kennenzulernen.«
»Ich mich auch«, fügte Tom hinzu.
»Und wo ist dein Herman jetzt?«
»Er ist abgestiegen, als wir angehalten haben.«
»Du meinst, er war hier, aber jetzt ist er’s nicht mehr?«
»Ganz genau.«
»Und wo ist er?«
»Nah genug, um sich um euch zu kümmern, falls ihr mich nicht in Ruhe lasst.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Tom. »Du kannst ihn doch gar nicht sehen.« Er klang hochzufrieden, als habe er sie überlistet.
»Ich weiß es einfach«, entgegnete Charlie. »Er ist hier und wartet nur darauf, dass ihr Jungs was Dummes anstellt, und dann wird er euch so verdreschen, dass ihr nicht mehr wisst, wo oben und wo unten ist.«
Bill schüttelte langsam den Kopf. »Bist du nicht schon ein bisschen zu alt für einen eingebildeten Freund?«
»Ich bilde ihn mir nicht ein.«
Hinter ihr sagte Tom: »Ich wette mit dir, dass es Samson aus der Sesamstraße ist.«
Sie drehte sich zu Tom um. »Sein Name ist Herman. «
»Ja, sicher.«
»Und er wird uns sämtliche Gliedmaßen einzeln ausreißen, wenn wir dich nicht in Ruhe lassen?«
Sie drehte sich zu Bill um. »Ganz genau. Er ist nicht nur mein bester Freund, er ist auch mein Leibwächter. Und ihr solltet mich besser sofort gehen lassen. Ich muss ihm nur das Zeichen geben, dann …«
»Dann gib es ihm.«
»Zwing mich nicht dazu. Du wirst es bereuen. Ich warne euch. Lasst mich lieber gehen …«
Bill schlug mit seiner Faust kräftig gegen die Vorderseite ihrer linken Schulter. Der Schlag ließ sie in seine Richtung wirbeln und schleuderte sie ein Stück nach hinten. »Ah!« Sie schnappte nach Luft und versuchte, vom Fahrrad abzusteigen, blieb jedoch mit der Rückseite ihres linken Oberschenkels am Sattel hängen. Sie schrie auf, wedelte mit den Armen, kippte um und schlug auf den Asphalt. Das Tandem knallte auf ihr rechtes Bein.
»Au!«, brüllte sie.
»Ooh, böser Sturz!«
Bill lief um das Fahrrad herum, packte einen von Charlies Armen
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