Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
Jahrelang hatten wir uns bei mir zu Hause getroffen und gemeinsam den alljährlichen Twilight-Zone -Marathon angeschaut, bei dem 24 Stunden am Stück Wiederholungen der alten Serie ausgestrahlt wurden. Schon komisch, dass mir die entsprechende Episode nicht längst selbst in den Sinn gekommen war.
Ich wünschte mir, er hätte mich nicht daran erinnert.
Ich schüttelte den Kopf und zwang mich zu einem Lachen. »Du denkst, sie wurde von ein paar Mönchen in den Käfig gesperrt? Glaubst du, sie ist der Teufel?«
»Sei kein Idiot.«
»Du hast doch damit angefangen.«
»Es geht mir ums Prinzip des Ganzen.«
»Sie wurde hier draußen in einen Käfig gesperrt, um den Rest der Welt vor ihrer Bösartigkeit zu schützen?«
»Wer weiß? Weißt du’s? Ich jedenfalls nicht. Ich mein ja nur, wir sollten besser rausfinden, was mit ihr los ist.«
»Also, damit bin ich absolut einverstanden.«
Ungefähr im selben Moment erreichten wir den Jeep. Mike holte das Montiereisen heraus. Am einen Ende der Eisenstange befand sich ein Schlüssel zum Öffnen von Radmuttern, mit dem anderen ließ sich der Reifen von der Felge hebeln. Ich zog meine alte Pfadfinderaxt aus dem Rucksack, weil ich annahm, wir könnten das Schloss damit zertrümmern, falls es mit dem Montiereisen nicht klappte.
Ich beschloss außerdem, meine Feldflasche und einen Schokoriegel mitzunehmen. Selbst wenn das Mädchen nicht durstig oder am Verhungern war, könnte allein das Angebot helfen, sie von unseren guten Absichten zu überzeugen.
Als ich mich vom Jeep entfernte, fädelte Mike gerade das Etui mit dem Klappmesser auf seinen Gürtel.
»Wofür zur Hölle brauchst du das denn?«
»Man kann nie wissen.«
»Das jagt ihr vielleicht Angst ein.«
»Nimm nur mal an, wir lassen sie raus und sie dreht total durch und greift uns an.«
»Hör auf.«
»Könnte doch sein.«
»Ich schätze, es wär schon möglich, ja.«
»Absolut richtig, verdammt, es ist möglich. Ich bin ja echt dafür, den guten Samariter zu spielen und all den Scheiß, aber dafür lohnt es sich nicht zu sterben. Außerdem hast du eine gottverdammte Axt dabei.«
»Okay, okay.«
Mit dem Messer an der Hüfte schloss er seinen Gürtel wieder. Er nahm das Montiereisen in die Hand, das zwischen seinen Knien geklemmt hatte, und wir machten uns wieder auf den Weg in den Wald.
»Wenigstens ist sie nicht hässlich«, sagte Mike, nachdem wir ein Stück gelaufen waren. »Ich riskiere meinen Arsch nur sehr ungern für eine hässliche Schnalle.«
»Wahrscheinlich ist sie total harmlos.«
»Klar, harmlose Leute werden andauernd in Käfige gesteckt.«
Da ich keine Lust auf eine weitere Diskussion hatte, warum sie womöglich in diesem Teil eingesperrt war, wechselte ich das Thema. »Ich schätze, wir werden sie mitnehmen müssen.«
Diese Vorstellung schien Mike aufzumuntern. »Nur zwei Sitze. Du solltest dann besser das Fahren übernehmen. Sie kann auf meinem Schoß sitzen.«
Ich grinste. »Hey, es ist dein Auto. Du fährst. Außerdem willst du doch sicher nicht, dass ein Werwolf auf deinem Schoß sitzt.«
»Ein Werwolf, der so aussieht wie sie? Und so ’ne abgeschnittene Jeans trägt? Und kein Höschen? Keinen BH? Lykanthropie, wo ist dein Stachel?«
»Geiler Mistkerl.«
»Oh, klar, als ob sie dich nicht antörnt.«
»Da steh ich doch drüber!«
»Sicher.«
Der Käfig kam wieder in Sichtweite. Wir unterbrachen unsere Unterhaltung und schwiegen, während wir uns näherten.
Das Mädchen stand aufrecht mit dem Rücken zur hinteren Käfigwand, aber sie wirkte nicht mehr ganz so angespannt und nervös wie vorher. Ihr Haar hing nicht mehr vor ihrem Gesicht und sie schnappte nicht länger keuchend nach Luft.
»Das hat doch nicht lange gedauert, oder?«, sprach ich sie an.
Sie erwiderte nichts.
An der Käfigtür ließ ich meine Axt fallen und Mike legte das Montiereisen auf den Boden. »Hier ist ein bisschen Wasser und Schokolade.« Ich streckte meine Hand mit der Feldflasche und dem Schokoriegel durch die Gitterstäbe. Sie blieb, wo sie war. Also warf ich beides in den Käfig, und es landete in der Nähe ihrer Füße. Sie schaute noch nicht einmal hin, sondern starrte lediglich Mike und mich an.
»Sie weiß eben, dass man von Fremden keine Süßig…«, begann Mike.
Und dann sprach sie. »Warum habt ihr mich hierhergeschleppt? Was wollt ihr?«
»Hä?«
»Oh, Mann«, sagte Mike. »Sie denkt, wir … hey, wir hatten nichts damit zu tun. Wir haben dich hier gefunden .«
»Das stimmt«, fügte
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