Kill for Fun: Gnadenlose Geschichten (German Edition)
ich hinzu. »Wir haben dich nur gefunden. Du bist schon hier gewesen.«
»Ach ja?«
»Ja!«, schnauzte Mike sie an. »Lieber Gott im Himmel.«
»Beruhig dich«, sagte ich und wandte mich dann an das Mädchen. »Du weißt nicht, wer dir das angetan hat?«
Als sie langsam den Kopf schüttelte, schien ein Teil ihrer entsetzlichen Angst aus den Augen zu verschwinden. Sie runzelte die Stirn, wirkte misstrauisch und verwirrt. »Wart ihr das wirklich nicht?«, hakte sie nach.
»Wirklich nicht«, versicherte ich ihr.
»Wir haben unsere glänzenden Rüstungen im Wagen gelassen«, sagte Mike und klang dabei ein wenig herablassend.
»Wenn ihr zwei nicht … Was macht ihr dann hier?«
»Wir fahren nur durch die Gegend und campen und so«, erklärte ich.
»Ed musste mal pinkeln.«
»Oh, tausend Dank.« Ich stieß Mike mit dem Ellbogen in die Seite, aber dann sah ich, dass das Mädchen lächelte. Das Lächeln hielt jedoch nur einen kurzen Augenblick lang an und verschwand sofort wieder. Aber es hatte hübsch an ihr ausgesehen. »Ich bin übrigens Ed. Und der Idiot da ist Mike.«
»Ich bin Shanna.«
»Schön, dich kennenzulernen, Shanna.«
»Hi«, sagte Mike.
»Er ist nicht wirklich ein Idiot.«
Die Bemerkung entlockte Shanna erneut ein flüchtiges Lächeln.
»Okay, wir holen dich da raus und …«
»Nicht so schnell, Kumpel. Wir hatten eine Abmachung, weißt du noch?«
»Sie weiß nicht, warum sie hier ist. Sie dachte, wir seien diejenigen, die …«
»Das behauptet sie.«
Ich lächelte sie an und verdrehte ein wenig die Augen. »Mike hat Angst, du könntest ein Werwolf sein oder so.«
»Hey«, sagte er. »Leck mich.«
»Sag ihm, dass du kein Werwolf bist.«
»Sag mir einfach, was du in einem Käfig mitten im gottverdammten Nirgendwo machst.«
Shanna legte ihre Stirn in Falten, schüttelte erneut den Kopf und holte tief Luft. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie. »Ich bin am Strand eingeschlafen.«
»Am Strand? Am Meer?«
»Ja. Stanley Beach. Oder Stanton?«
»Stinson Beach? In Marin?«
»Ja, genau.«
»Das ist ein paar Hundert Meilen von hier.«
»Wo sind wir denn?«, wollte sie wissen.
»In den Bergen. Genauer gesagt, im Hügelvorland. Ein gutes Stück nördlich von Yosemite.«
»Shit.«
»Wie dem auch sei, du bist also am Strand gewesen. Und was ist dann passiert?«
»Ich bin hier aufgewacht.«
»Wenn du am Strand gewesen bist«, hakte Mike nach, »wo ist dann dein Badeanzug?«
Offensichtlich gefiel ihr sein Tonfall ganz und gar nicht. Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich hatte keinen an.«
»Wieso, war das etwa ein FKK-Strand?«
»Komm schon, Mike. Mein Gott.«
»Es war nachts. Ich hab das getragen, was ich anhabe.«
»Dann muss dir ja furchtbar kalt gewesen sein«, bohrte Mike weiter.
»Ich hatte meinen Schlafsack dabei.«
»Du hast am Strand übernachtet?«, fragte ich.
»Sicher. Das hab ich überall entlang der Küste gemacht.«
»Allein?«
»Ja. Ist das vielleicht verboten?«
»Was ist mit dir los?«, fragte Mike. »Bist du von zu Hause abgehauen?«
»Das geht nur mich was an.«
»Es geht uns auch was an, wenn du willst, dass wir dich rauslassen.«
»Okay«, sagte ich. »Ist doch egal. Du bist also in deinem Schlafsack am Strand eingeschlafen und hast keine Ahnung, was danach passiert ist? Du bist einfach hier wieder aufgewacht?«
Sie nickte. »Ja.«
»Das ist echt seltsam. Du wurdest nicht verprügelt oder … dröhnt dir der Schädel oder so?«
»Nein, hm-m.« Sie fuhr sich mit den Fingern einer Hand durchs Haar und tastete ihren Kopf ab, als wolle sie ihn untersuchen. »Aber ich fühl mich schon irgendwie komisch.«
»Wie, komisch?«
»Ich weiß nicht. Schwer? Müde? So als … Eventuell haben sie mir ja irgendwelche Drogen verabreicht.«
Mike und ich tauschten einen Blick. Drogen hätten einiges erklärt: wie sie in diesem Käfig gelandet war, ohne sich an die Vorgeschichte zu erinnern, und warum sie so tief geschlafen hatte und von Mikes Rufen nicht wach geworden war.
»Wirklich wahnsinnig praktisch«, sagte er. »Drogen. Und schon kann sie sich an nichts mehr erinnern.«
»Ich kann mich an nichts mehr erinnern!«, keifte sie. »Aber ich kann mir das eine oder andere zusammenreimen. Irgendwelche Irren haben mich schlafend am Strand gefunden, mir irgendwas gespritzt und mich dann weggeschafft, während ich bewusstlos war. Und dann wurde ich eingesperrt.«
»Mag sein, mag nicht sein.«
»Hey, komm schon, Mike.«
»Woher wissen wir denn, dass das nicht
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