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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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und sich um die Bezahlung gekümmert. Nikolaj hatte nie in direktem Kontakt zu seinen Auftraggebern gestanden.
    Doch nun musste er kalten Fährten folgen und ein Kapitel seines Lebens wieder öffnen, das er längst hinter sich gelassen hatte. Die Vorstellung weckte ein heftiges Unbehagen. Er schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen das kalte Fensterglas. Davor hatte er sich gefürchtet. Aber ihm blieb keine Wahl. Wenn er Ruhe wollte, musste er zurückgehen. Egal, wie sehr es ihm widerstrebte.
     
    *
     
    Als Carmen aufwachte, brauchte sie mehrere Herzschläge, um sich zu erinnern, wo sie war und wie sie hierhergekommen war. Verstört schlug sie die Decke zurück und stand auf. Die Belastung schickte Schmerz durch ihren verletzten Knöchel. Sie zuckte zusammen und verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein.
    Vor dem Kleiderschrank spürte sie einen Stich schlechten Gewissens, weil sie sich so skrupellos die Hülle ihrer Freundin aneignete. Janine hätte sicher etwas dagegen gehabt, dass Carmen ihre Wäsche plünderte. Aber sie besaßen ungefähr die gleiche Größe, und Carmen rechtfertigte es damit, dass es eine Notsituation war.
    Nach einigem Suchen fand sie eine Jeans und ein dunkles T-Shirt, Socken und Unterwäsche. Sie kleidete sich an und zog die Schlafzimmertür auf. Ein Hauch Nikotin streifte ihre Nase und ließ sie erneut zusammenzucken, dieses Mal innerlich. Janine würde sie umbringen, wenn sie herausfand, dass jemand in ihrer Wohnung geraucht hatte.
    Nikolaj tauchte in der Küchentür auf, die Zigarette zwischen zwei Fingern. Er trug noch immer die graue Wollhose mit dem blutverkrusteten Hosenbein und sein weißes Hemd, das nun von dunklen Flecken übersät und an der Schulter zerrissen war. Kinn und Wangen waren von mehrere Tage alten Bartstoppeln bedeckt. Unter seinen Augen zeichneten sich tiefe Schatten ab. „Wie geht’s dir?“, fragte er.
    „Besser.“ Plötzlich wurde ihr der ganze Irrwitz ihrer Situation bewusst. In nur wenigen Tagen war ihre Existenz in Scherben zerbrochen. Und mit ihrer letzten Entscheidung hatte sie das Chaos komplett gemacht. Andererseits wäre sie ohne Nikolajs Eingreifen jetzt tot, ein Gedanke, der ihr ein flaues Gefühl im Magen verursachte. Sie hatte ihre Wahl nicht willkürlich getroffen.
    „Kaffee?“, fragte er.
    Sie nickte.
    Er drehte sich um und hantierte am Küchenschrank. „Zucker?“
    „Zucker und Milch.“
    „Es gibt nur Zucker.“
    Der Dialog rührte an eine Erinnerung, die sie lieber verdrängt hätte, den Morgen nach ihrem Zusammenbruch in Hermel. Es war ihr peinlich. Brüsk schob sie den Gedanken beiseite. „Dann nehme ich ihn so.“
    Er blickte auf, überrascht vom plötzlichen Bruch in ihrer Stimme.
    Sie zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie wollte das jetzt nicht erklären. „Hast du eine Zigarette für mich?“
    Wortlos hielt er ihr die Packung hin.
    „Wer waren die Typen?“
    „Erwartest du eine ehrliche Antwort?“
    Sie verzog einen Mundwinkel. Er wusste es nicht. Das hatte sie befürchtet. Oder er wusste es, und wollte es ihr nicht sagen. Aber das glaubte sie eigentlich nicht. Sie wünschte sich zu verstehen, was in ihm vorging. Seine Worte und Gesten wirkten gefasst, aber sie glaubte inzwischen, dass das Konditionierung war. Fassade. Der Mensch dahinter entzog sich ihr.
    „Ich habe eine Theorie“, sagte er.
    „Schieß los.“ Sie setzte die Kaffeetasse ab und stützte sich hoch, bis sie auf der Arbeitsplatte zu sitzen kam. Mit einer Hand stäubte sie die Asche ins Spülbecken.
    „Hatte ich erwähnt, dass ich in Megiddo zwei Typen kennen gelernt hatte?“
    „Mit denen zusammen du abgehauen bist.“
    „Francesco und Gregor. Gregor ist Russe, deshalb haben wir uns gleich gut verstanden.“ Er lachte leise. „Gregor war früher beim KGB und hat einen Bruder beim Militär. Nach dem Sieg des Kapitalismus haben sie zusammen Waffen aus Rote-Armee-Beständen verschoben. Gregor wollte Geschäfte mit der PLO machen, aber jemand hat ihn aufs Glatteis geführt. Die Israelis haben ihn erwischt und eingesperrt. Warum Francesco in Megiddo einsaß, weiß ich nicht genau. Er war früher mal Soldat beim italienischen UNO-Kontingent in Beirut und hat sich wohl abgesetzt, um ein Drogengeschäft für einen Cousin einzufädeln. Seine Familie ist ziemlich wohlhabend und den Traditionen der kalabrischen Mafia verpflichtet.“ Er öffnete das Fenster einen Spalt und ließ einen Schwall kalter Luft in die Küche. Mit einer kleinen Bewegung drückte er den

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