Kill Order
war keine Rede mehr. Stattdessen wurde eine Mauer gebaut.“
„Was willst du damit sagen?“
„Dass unser geheimer Auftraggeber irgendwo in Israel sitzen könnte. Vielleicht in der Knesset, im Parlament, wer weiß?“
Carmen überkam ein leichtes Schwindelgefühl. Sie schloss die Augen und massierte ihre Schläfen. Das war ein ungeheuerlicher Gedanke. Dass jemand aus den eigenen Reihen das Attentat geplant hatte und jetzt verhindern wollte, dass seine Rolle offenbar wurde. Es konnte erklären, warum Mitglieder einer israelischen Spezialeinheit Jagd auf sie gemacht hatten, denn als potentielle Mitwisserin war sie zu einer Gefahr geworden. „Und was tun wir jetzt?“
„Viktor Kusowjenko ist der Schlüssel. Er kennt den Auftraggeber. Wenn wir Viktor finden, kriegen wir unseren Mann.“
27
K
atzenbaum blieb in der Küche sitzen, lange noch, nachdem sich Binyamin Shalev verabschiedet hatte. In seinem Geist kreisten die Fragen, die er mit Binyamin diskutiert hatte. Wer waren die Männer im BMW-Geländewagen gewesen? Wer hatte sie geschickt? Und wie hatten sie Fedorow so schnell gefunden? Das war die eine Sache. Die andere war noch viel schlimmer. So schlimm, dass sein Magen sich verkrampfte. Die Sache mit den Sayeret Mat’kal Männern. Jemand hatte die Operation an der Bucht bei Kalymnos boykottiert. Jemand, der nicht wollte, dass Fedorow lebend in die Hände des Mossad geriet. Jemand, der es für klug hielt, die Frau gleich mit zu erledigen. Jemand aus den eigenen Reihen.
Das war zwar nur eine Vermutung, aber die Indizien ließen sich nicht von der Hand weisen. Von jetzt an würden sie alle weiteren Schritte nur noch heimlich ausführen. Fieberhaft überlegte er, wer vertrauenswürdig war. Vor vierundzwanzig Stunden hätte er es für undenkbar gehalten, dass jemand im eigenen Team gegen ihn spielen könnte. Aber jetzt sah alles anders aus. Wem konnte er vertrauen?
Rafiq, dachte er. Rafiq interessierte sich nur für eines, für Carmen Arndts sichere Rückkehr. Das war eine starke Motivation. Rafiq hätte niemals zugelassen, Carmen zu opfern.
Im Nebenraum sprang mit einem leisen Piepsen das Faxgerät an und riss ihn aus seinen Überlegungen. Katzenbaum angelte nach seinen Krücken und stemmte sich vom Stuhl hoch. Gott, wie er es hasste, so unbeweglich zu sein. Er humpelte ins Arbeitszimmer, blieb vor dem Gerät stehen und fixierte das Blatt Papier, das zentimeterweise aus dem Schlitz geschoben wurde. Er zog es heraus, bevor der Vorgang ganz abgeschlossen war, überflog die Zeilen und ließ frustriert den Papierbogen fallen.
Es war eine Nachricht von David Grolanik, in der es um die zwei Toten aus dem BMW-Geländewagen ging. Der kurze Text bestätigte nur das Bild, das sich vor Katzenbaum ausbreitete. Sie standen mitten in einem riesigen Puzzle und hatten keine Ahnung, wie die Teile zusammenpassten.
*
David Liberman fühlte sich elend, als er aus dem Auto stieg und seinen Fahrer anwies, ihn in einer Stunde abzuholen. Er hatte schlecht geschlafen, nachdem gestern Abend der Russe angerufen und gesagt hatte, dass die Kosten gestiegen waren, weil er zwei Leute verloren hatte. Eigentlich war das Kusowjenkos Problem, aber der Russe wusste genau, dass Liberman unter Druck stand und nutzte es aus.
Der Kellner am Eingang des Restaurants erkannte Liberman und begrüßte ihn höflich. Dann winkte er einem Kollegen, der den Abgeordneten zu seinem Tisch begleiten sollte.
Cohen war bereits da und nippte an einem Wasserglas. Sie hatten einen Platz auf der rückseitigen Terrasse, weit genug von den anderen Gästen entfernt, um ungestört reden zu können. Der Mossad-Direktor blickte auf, als Liberman sich näherte, sein Gruß fiel knapp und unprätentiös aus. Schweigend warteten sie auf die Karten. Sie wählten aus und gaben ihre Bestellung auf. Erst dann eröffnete Cohen die Unterhaltung. „Es gibt Neuigkeiten?“
„Kusowjenko hat ihn in München aufgestöbert. Seine Leute waren an ihm dran, aber er scheint einen Schutzengel zu haben.“
„Was meinst du damit?“
„Die hatten ihn schon fast, aber dann sind aus dem Nichts ein paar Typen aufgetaucht, die zwei von Kusowjenkos Männern erschossen haben. Der dritte konnte abhauen, aber Fedorow und die Frau sind jetzt auch verschwunden. Und keiner weiß, wo sie sind.“
„Scheiße.“ Cohen trank einen Schluck Wasser und sah sich um, wie um sich zu vergewissern, dass niemand zuhörte. „Das gerät außer Kontrolle. Zypern war ein Desaster. Katzenbaum
Weitere Kostenlose Bücher