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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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einen erstickten Laut von sich.
    „Stehen bleiben!“, brüllte der Rotblonde. Panik glitzerte in seinen Augen.
    Nikolaj schätzte seine Chancen ab, den Mann mit einem gezielten Schuss zu erledigen. Es blieb riskant. Der Kerl hielt eine entsicherte Pistole gegen Carmens Kopf gedrückt. Gut möglich, dass er selbst nach einem Kopftreffer noch den Abzug betätigte. Aber eigentlich, flüsterte es aus einer anderen Ecke seines Verstandes, war das doch egal. Was kümmerte es ihn?
    Zwei Meter hinter ihm war die Balkontür. Zwei Meter nur, zwei große Schritte und trotzdem eine unüberbrückbare Distanz. Er wurde einer Entscheidung enthoben, als ein weiterer Mann in der Tür auftauchte, ein schlanker Levantiner mit kurz geschnittenen Locken. Der Araber hatte eine Pistole ohne Schalldämpfer. Er musste derjenige gewesen sein, der die Schüsse im Flur abgegeben hatte. Die Waffe an Carmens Schläfe zitterte.
    „Verschwinde!“, keuchte der Rotblonde. Sein Blick zuckte zum Araber. „Hau ab! Ich leg sie um, ich warne dich!“
    Tschechisch, dachte Nikolaj, der Kerl hatte einen tschechischen Akzent. Die Augen des Arabers flackerten zwischen Nikolaj und dem Tschechen hin und her. Er war unsicher, versuchte abzuschätzen, wie beide Parteien zueinander standen. Noch ein Schritt zur Balkontür. Er war so nahe am Rotblonden, dass er ihn mit ausgestreckter Hand hätte berühren können. Im Kopf spielte er seine Optionen durch. Der Mann in der Flurtür war der unkalkulierbare Faktor. Er gehörte nicht zu den Europäern, die zuerst in die Wohnung eingedrungen waren. Was war dann seine Absicht? War er ein Nachbar, der den Lärm gehört hatte?
    Die Waffe in der Hand des Arabers zitterte ein wenig. Sie war auf den Rotblonden gerichtet, aber plötzlich schwenkte sie hinüber zu Nikolaj.
    „Was willst du?“ Er zielte auf Nikolaj, starrte aber weiter den Tschechen an.
    Der Rotblonde schien zu überlegen. Nikolaj entschied sich binnen eines Herzschlags. Mit einem Ausfallschritt brachte er sich hinter den Mann und ließ seine eigene Pistole fallen. Gleichzeitig packte er den Arm des anderen und stieß den Lauf der Waffe nach oben. Ein Schuss löste sich und riss Putzbrocken aus der Decke.
    „Runter!“, brüllte der Araber.
    Carmen begann sich gegen den Griff des Tschechen zu wehren. Nikolaj rammte ihm ein Knie in die Nieren. Gleichzeitig verdrehte er ihm den Arm mit der Waffe noch weiter. Ein zweiter Schuss explodierte. Nikolaj presste den Lauf der Waffe weiter nach unten, bis er gegen die Seite des Mannes drückte. Die letzte Kugel durchschlug Muskeln und Knochen. Der Tscheche brach in die Knie und zog Carmen mit sich. Mehr Schüsse krachten. Ein Schlag gegen die Schulter riss Nikolaj aus dem Gleichgewicht. Er stürzte, die Zeit verschwamm, vor seinen Augen tanzten Schlieren.
    Dann, einen Herzschlag später, fand er die Waffe, die er zuvor fallengelassen hatte und wälzte sich herum. Carmen versuchte immer noch, sich zu befreien. Der Rotblonden hielt sie kniend umklammert und zielte an ihrem Kopf vorbei auf die Tür. Projektile schlugen dicht neben dem Türrahmen in die Wand und rissen Fontänen aus Putz und Staub auf. Der Araber warf sich rückwärts aus der Schusslinie und feuerte erneut.
    „Rafiq!“, schrie sie, „nicht!“
    Nikolaj hob den unverletzten Arm mit der Pistole und richtete sie auf den Hinterkopf des Tschechen. Er verlagerte den Druckpunkt seines Zeigefingers, spürte, wie der Auslöser den Widerstand überwand, fing den Rückstoß mit dem Handgelenk. Der Tscheche erstarrte, ein Seufzer löste sich von seinen Lippen. Dann entglitt die Waffe seinen Fingern und er sackte zusammen. Eine Kugel fetzte dicht neben Nikolajs Kopf Splitter aus dem Boden. Carmen kroch unter dem Körper des Tschechen hervor.
    Nikolaj kam auf die Knie. Er packte ihr Handgelenk und zerrte sie mit einem Ruck zu sich heran. Mühsam richtete er sich auf. Er stolperte rückwärts und presste sie wie einen Schutzschild an sich. In Richtung des Arabers zu feuern und ihn damit zurück in die Deckung zu zwingen, wagte er nicht. Ein oder zwei Schuss, das Magazin war so gut wie leer. Unter seinen Füßen knirschten Glassplitter, sein Rücken streifte den Fenstergriff.
    „Mach die Tür auf.“ Er stieß die Pistole seitlich gegen Carmens Hals.
    Sie griff mit der freien Hand hinter sich und drückte die Klinke herunter. Mit einem Fuß stieß er die Tür vollständig auf und schob sich rücklings auf den Balkon. Die Wohnung lag im ersten Stock, an der Mauer

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