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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Brustmuskelansatz bis hoch zum Schulterknochen zog, dicht neben der alten Narbe.
    Erleichterung stieg in ihm auf, während er den Wundkanal abtastete. Nur ein Streifschuss.
    Er schraubte die Wasserflasche auf und wusch das Blut ab. Danach riss er Streifen von einer Decke ab, fertigte sich daraus einen Verband und fixierte ihn mit Klebeband. Nicht ideal, aber das Beste, was er tun konnte. Er wusste, dass er die Wunde hätte desinfizieren müssen. Wahrscheinlich würde sie sich entzünden. Doch was blieb ihm übrig?
    Noch einmal kontrollierte er Carmens Fesseln. Sie betrachtete ihn aus halbgeschlossenen Lidern.
    Die Zeiger auf seiner Armbanduhr zeigten zehn Minuten nach Zwei. Er schaltete die Taschenlampe aus und wickelte sich in die zweite Decke, die er aus dem Wagen mitgebracht hatte. Binnen Sekunden überwältigte ihn der Schlaf.

17
     
    R
    afiqs Zorn war nicht verraucht, nachdem sie in die sichere Wohnung zurückgekehrt waren, im Gegenteil. Er brannte wie Säure in seiner Kehle, er nahm ihm die Luft zum Atmen. Er war kaum fähig zu denken vor Wut.
    Nachdem klar war, dass Fedorow verschwunden war und Carmen mit ihm, hatten sie sich aus dem Staub gemacht. Die Nachbarn im Haus hatten zwischenzeitlich sicher die Polizei gerufen. Aber darüber machte er sich die geringsten Sorgen. Und Katzenbaum musste ähnlich denken. Sie hatten keine Fingerabdrücke in der Wohnung hinterlassen. Niemand hatte sie lange genug gesehen, um sie später identifizieren zu können. Alles, was die Polizei finden würde, waren drei unbekannte Tote in einem verwüsteten Apartment.
    „Wer zur Hölle waren diese Typen?“ Alex sprach laut aus, was alle anderen dachten. „Kann mir einer erklären, was da passiert ist?“
    „Ich habe nicht die geringste Ahnung.“ Katzenbaum klappte sein Handy zu und legte es bedächtig auf die Tischplatte. Rafiq entging nicht, wie sehr Lev sich zusammenriss. Das war seine Pflicht. Die Ruhe zu bewahren, nachdem der schlimmste denkbare Fall eingetreten war.
    Rafiq selbst brachte nicht so viel Selbstbeherrschung auf. Sein Groll hinderte ihn daran, klar zu denken. In den letzten Stunden hatte er verschiedenste Pläne durchgespielt, alle gleichermaßen absurd und undurchführbar. Sie hielten sich in einem feindlichen Land auf und hatten keine Ahnung, in welche Richtung Fedorow geflohen war. Sie wussten nicht, ob Carmen überhaupt noch lebte. Katzenbaum allerdings war überzeugt, dass Fedorow sie nicht töten würde. Er glaubte, dass der Russe sie als Geisel mitgenommen hatte und als potentielle Informationsquelle. Letzteres hatte dem Katsa sicher eine schlaflose Nacht bereitet. Der Gedanke verärgerte Rafiq noch mehr.
    „Shalev sagt, dass der Direktor uns nicht helfen wird“, sagte Katzenbaum. Das also war die Zusammenfassung eines zehnminütigen Telefonats, das Lev nach Tel Aviv geführt hatte.
    „Was heißt das?“
    „Das heißt, dass Shimon Cohen angeordnet hat, den Libanon sofort zu verlassen. Er will die Operation abbrechen. Das Risiko ist ihm zu hoch.“
    „Und Carmen? Die schreibt ihr auf die Verlustliste?“ Rafiq merkte, wie seine Tonlage sich nach oben schraubte, wie seine Stimme zu klirren begann. „Ich dachte, es gibt eine Regel, niemals die eigenen Leute zurückzulassen?“ Er sah sich um und starrte in die Gesichter der anderen. Sie wichen seinem Blick aus. Er wusste, warum. Sie kannten die Regeln so gut wie er selbst. Carmen war kein Mitglied des Dienstes. Sie war keine Israeli. Sie stand als externe Agentin auf der Lohnliste. Es spielte keine Rolle, dass sie seit fünfzehn Jahre für den Mossad arbeitete. Die Regeln griffen hier nicht. Alle im Raum wussten das. Und das Gleiche galt für ihn selbst. Sie waren freie Unternehmer, sie trugen ihr eigenes Risiko. Sie hätten jederzeit aussteigen können. Theoretisch. Sein Blick flog zurück zu Katzenbaum. „Ach so läuft das. Mein Gott, was seid ihr eigentlich für Arschlöcher?“
    Katzenbaums Augen verengten sich.
    „Ihr spielt dieses Scheißspiel wie Kinder im Sandkasten. Kein Stück Verantwortung. Wenn was zu Bruch geht, jemand anders wird’s schon richten, oder? Ihr kotzt mich an. Ehrlich.“ Der Groll brach sich Bahn, drängte hinaus ins Freie, verwandelte sich in ziellose Wut. „Und dich“, er starrte Lev an, „dich habe ich für einen Freund gehalten. Aber entschuldige, das hatte ich vergessen. In unserem Geschäft gibt es ja keine Freundschaften.“
    Mit weit ausgreifenden Schritten stürmte er zur Tür. Er musste hier raus, auf der

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