Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Ich bin doch nur ein kleines Licht.“ Er erkannte im gleichen Moment, wie aussichtslos es war.
    Eine steile Falte bildete sich zwischen Weiss’ Augenbrauen. „Wen willst du beschützen?“, knurrte der Israeli. „Du kannst nicht mal dich selbst schützen. Oder diese deutsche Frau. Die kannst du auch nicht schützen.“ Verächtlich wandte er sich ab und nickte den beiden Soldaten zu.
    Rafiq schloss die Augen. Er wusste, was jetzt kam.
    Als er das Bewusstsein wiedererlangte, fand er sich in der Betonzelle mit der vergitterten Deckenlampe wieder. Auf den Ellenbogen stemmte er sich vom Boden hoch. Der Beton war verschmiert von seinem eigenen Blut. Hektisch tastete er sein Gesicht ab. Er entdeckte zwei Platzwunden. Eine über dem rechten Auge, die andere über dem Jochbein. Sein Mundwinkel war eingerissen. Die Haut fühlte sich taub an, alles war geschwollen. Keuchend sackte er zurück auf den Boden.
    Galle stieg ihm in die Kehle. In einem Akt äußerster Willensanstrengung gelang es ihm, sich auf die Knie aufzurichten und dann, nach einer Pause, auf die Füße zu kommen. Er stolperte zum Metalleimer in der Ecke und übergab er sich. Danach konnte er nicht mehr aufhören zu zittern.
     
    Katzenbaum rettete ihn erneut. Er holte ihn aus der eisigen Zelle und sorgte dafür, dass jemand seine Platzwunden versorgte und eine feste Bandage um die gebrochenen Rippen legte. Er versicherte ihm, dass Weiss nicht gleich wieder auftauchen würde. Moshe Weiss war ein hohes Tier, einer, der ständig unterwegs war. Sie hatten ihn nach Tel Aviv gerufen und dort würde er mindestens eine Woche bleiben. Katzenbaums Rolle blieb verschwommen. Er schien nicht ohne Einfluss zu sein, obwohl er Moshe Weiss unterstellt war. „Sie sind alle in Aufruhr“, sagte er. „Der Tourismusminister besucht nächste Woche Italien, und alle rechnen mit einem Anschlag.“
    „Aber ich habe nichts damit zu tun“, stieß Rafiq hervor. „Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen.“
    „In dem Dossier, das Fedorow uns verkauft hat, steht, dass Sie zum inneren Führungszirkel gehören.“
    Er starrte ihn wortlos an, ohne zu verstehen, wovon der Israeli sprach.
    „Aber ehrlich gesagt“, fuhr Katzenbaum fort, „glaube ich inzwischen, dass Fedorow uns über den Tisch gezogen hat. Ich glaube, dass Sie die Wahrheit sagen.“
    „Was meinen Sie damit?“ Die Frage quälte Rafiq fast ebenso sehr wie die Furcht vor Moshe Weiss’ Rückkehr. „Was ist mit Nikolaj Fedorow passiert? Habt ihr dasselbe mit ihm gemacht? Dieselben Verhöre?“
    Katzenbaum räusperte sich unbehaglich. „Wir haben ihn zu nichts gezwungen.“
    „Was heißt das?“
    „Ist er ein Freund von Ihnen?“
    Mein Bruder, dachte Rafiq. Er schmeckte noch immer Blut im Mund. Wir sind wie Brüder. Das hatten sie sich viele Male geschworen. Einer für den anderen, egal, was passierte. Sie teilten die gleichen Träume, die gleichen Enttäuschungen. „Ja“, sagte er.
    „Das ist seltsam, dass Sie das sagen.“ Katzenbaum zog die Beine an und umfasste seine Knie. „Einen Tag nach dem Anschlag auf den Checkpoint tauchte ein Mann beim Militärstützpunkt in Aalma ech Shaab auf und erklärte, er hätte Informationen zum Überfall auf den Posten an der Straße nach El Nagoura. Er war kein Einheimischer, deshalb informierte der kommandierende Offizier das Hauptquartier. Auf diese Weise kamen wir ins Spiel.“ Rafiq fragte nicht, was ‚wir’ bedeutete. Ihm war längst klar, dass Weiss und Katzenbaum keine gewöhnlichen Militärs waren. Katzenbaum zündete sich eine Zigarette an und hielt auch Rafiq die Packung hin. „Wir redeten mit dem Mann. Wir setzten ihn ein wenig unter Druck, aber nicht sehr. Nur soviel, dass er seinen Namen nannte. Er war Russe, das fanden wir ungewöhnlich.“
    Rafiq rauchte in hastigen Zügen, während er lauschte. Es gelang ihm nicht, seine Hände ruhig zu halten.
    „Fedorow sagte, dass er uns bei der Suche nach den Verantwortlichen für den Anschlag helfen könnte. Er beschrieb uns den Weg zu einem Unterschlupf in den Höhlen. Er gab uns die Information als Zeichen seiner Aufrichtigkeit, weil er wollte, dass wir für die anderen Informationen über die PFLP bezahlten. Er verlangte eine Menge Geld, einen Pass und ein Flugticket nach Europa.“
    Auf Rafiqs Handflächen bildete sich ein Schweißfilm. Er hatte plötzlich das Gefühl, dass sich neben ihm eine zweite Realität abspielte, dass er nur Beobachter war, nicht aktiver Mitspieler. Sein Verstand weigerte sich zu glauben,

Weitere Kostenlose Bücher