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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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großen Fische hier in der Gegend herumtrieben. Ich persönlich war im Odessa zum ersten Mal Russen begegnet – und zum ersten Mal auch nur in die Nähe von etwas wie organisiertem Verbrechen geraten. Oder Verbrechern im Allgemeinen. Sicher, ich hatte Freunde in der Bezirkshaftanstalt von York und einen Kumpel oben in Cresson, der drei Jahre wegen wiederholter Trunkenheit am Steuer verbüßte. Wir arbeiteten mit einigen Burschen zusammen, die auf Bewährung oder im Rahmen von Arbeitsprogrammen entlassen worden waren. Man hatte mich sogar mal verhaftet, weil ich es versäumt hatte, einen Strafzettel zu bezahlen – wobei ich immer noch behaupte, dass die verfluchte Ampel gelb war. Aber echte Mafiosi? Bisher war ich nie in die Nähe solcher Leute gelangt, und irgendwie fühlte es sich cool an. Ich hatte Die Sopranos , Der Pate und Goodfellas gesehen, doch dies war das echte Leben. Es war aufregend. Verboten.
    Genau wie die Frau, die auf der Bühne tanzte.
    Genau wie Sondra.
    Ich fragte mich, wie es wäre, von ihr mit einem Lapdance verwöhnt zu werden, wie sie riechen, wie sie schmecken, wie sich ihr langes Haar in meinen Händen anfühlen oder über meine Brust ausbreiten würde.
    Die Rausschmeißer nahmen ihre Posten im Lokal wieder ein. Whitey verschwand, vermutlich hinter der geschlossenen Tür im hinteren Bereich. Die Musik endete, und Sondra verließ die Bühne. Ihr folgten zwei weitere russische Mädchen namens Jovanka und Monique. Sie tanzten zusammen und berührten einander dabei überall. Darryl trank einen Schluck und beobachtete sie. Yul wand sich indes unter Tonya. Jesse rief ein anderes Mädchen herbei und gönnte sich selbst einen Lapdance. Rings um uns unterhielten sich Leute, lachten und tranken. Darryl löste den Blick von der Bühne und erzählte einen alten Witz von Dave Chappelle über Stripperinnen, aber ich hörte ihm kaum zu.
    Stattdessen dachte ich an Sondra und fragte mich, woher sie das blaue Auge haben mochte.

5
    Um acht Uhr morgens schloss das Odessa . Widerwillig standen wir auf und verließen mit dem Rest der Gäste das Lokal. Die Lichter gingen an und fluteten den Raum mit blendender Helligkeit. Etliche Männer blinzelten, als wären sie gerade erwacht, oder schirmten die Augen ab. Zigarettenrauch kräuselte sich um die Neonröhren. Ein mürrisch wirkender alter Kerl tauchte mit einem Eimer und einem Mopp auf der Bühne auf und begann, sie zu putzen. Anscheinend würde man unter Einhaltung der staatlichen Gesetze um ein Uhr wieder öffnen, gerade rechtzeitig für die erste Kundschaft nach dem Mittagessen.
    Ich nickte Otar, dem Türsteher zu, als wir gingen. Er erwiderte die Geste nicht, womit ich auch nicht gerechnet hatte. Schließlich war ich bloß irgendein Arsch der Arbeiterklasse, der gekommen war, um nackte Frauen anzuglotzen. Bloß ein weiteres Gesicht in der Menge. Er kannte mich nicht.
    Dennoch hatte ich das Gefühl, ihm etwas Respekt entgegenbringen zu müssen. Unter Umständen gehörte auch er der russischen Mafia an.
    Wenn dem so war, wollte ich es mir mit ihm nicht verscherzen, denn es bestand kein Zweifel daran, dass ich wiederkommen würde. Und zwar bald.
    Ich musste Sondra wiedersehen.
    Die Sonne war aufgegangen, das Unwetter hatte sich verzogen. Wir stiegen in den Cherokee. Wieder nahm Darryl auf dem Beifahrersitz Platz, während es sich Jesse und Yul hinten gemütlich machten. Ich schaltete den iPod ein. Motorheads Orgasmatron ertönte leise. Irgendwie fühlte es sich falsch an, Motorhead so leise zu spielen, aber die Bässe im Lokal hatten mir beginnende Kopfschmerzen beschert, und ich hatte keine Lust, sie anzustacheln. Außerdem ist Lemmy immer ein Gott, ganz gleich, wie laut man ihn sich anhört.
    Niemand von uns sprach etwas. Ich setzte auf dem Parkplatz zurück und rollte auf die Straße. Darryl starrte aus dem Fenster und rauchte. Jesse schloss auf dem Rücksitz die Augen, Yul kaute auf den Fingernägeln rum und wirkte besorgt. Auf seiner Wange funkelte Glitter, eine Erinnerung an seinen Lapdance. Er spuckte einen Fingernagel auf den Boden.
    »He«, mahnte ich ihn und bedachte ihn im Innenspiegel mit einem finsteren Blick. »Spuck den Scheiß gefälligst aus dem Fenster, Mann, nicht in mein Auto.«
    »Entschuldige.«
    Jesse öffnete die Augen, setzte sich auf und schien sich zu fragen, was los war. Darryl schaute nach hinten und drehte sich kopfschüttelnd wieder nach vorne. Auf Motorhead folgte Circle of Fear. Ich trommelte auf dem Lenkrad den Takt zu Child of

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