Kill Whitey
gehalten. Ich bin dir scheißegal. Gib’s gefälligst zu.«
Sondra schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht glitzerte vor Tränen. »Das ist nicht wahr. Mir liegt sehr viel an dir.«
»Ach ja? Hast du mich deshalb belogen? Machst du das immer so mit Leuten, an denen dir etwas liegt?«
»Ich nicht lüge.«
»Wo ist dann das beschissene Geld, das du Whitey gestohlen hast? Hä? Hast wohl vergessen, mir davon zu erzählen. Und warum hast du mir nicht gesagt, wer der Vater deines Kindes ist, obwohl du es von Anfang an wusstest?«
» Da . Ich gewusst, dass es ist von Whitey. Aber ich ihn nicht lasse töten das Baby. Also ich laufe fort. Das habe ich dir schon gesagt. Ist keine Lüge.«
»Blödsinn. Whitey hat mir gesagt, was wirklich los ist. Er hat mir erzählt, dass du diejenige bist, die das Kind umbringen will. Er hat versucht, dich von einer Abtreibung abzuhalten. Also, ich bin durchaus für die freie Wahlmöglichkeit, aber trotzdem ... Du hättest mir einfach die Wahrheit sagen sollen.«
»Das habe ich«, beharrte sie. »Ja, ich hätte sollen sein ehrlich. Hätte dir sollen sagen, dass Whitey ist Vater. Aber ich lüge nicht, als ich sage, dass er Baby töten will. Ist wahr. Er will Baby unbedingt töten. Er muss. Besonders jetzt.«
Ich testete meine Kraft und kroch von dem Regal weg. Jeder Muskel schrie angesichts der Beanspruchung auf, aber ich verlor nicht das Bewusstsein, also machte ich weiter. Der Rauch brachte meine Augen zum Tränen. Ich fragte mich, ob die Maschinenwerkstatt in Brand geraten konnte. Die Wände bestanden aus Betonziegeln, aber der Rest?
»Du musst glauben«, sagte Sondra. »Whitey wird dem Baby jetzt mehr als je wehtun.«
»Was soll das heißen?«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Wieso die Dringlichkeit?«
»Whitey braucht das Baby. Braucht etwas darin. Genau wie Rasputin. Es gibt Geheimnis für ihre Kräfte. Es gibt eine Grund, warum Rasputin hatte so viele Kinder. Eine Grund, warum so viele waren geheim.«
»Welchen?«
»Um zu ... wie sagt man? Wieder wachsen? Re...«
»Wieder wachsen? Du meinst regenerieren?«
» Da , das ist das Wort. Dafür Whitey braucht Stamm. Wie Rasputin.«
»Stamm?« Ich war nicht sicher, wovon sie redete.
» Da . Stamm. Muss kommen von seiner Blutlinie.«
Draußen steigerte sich die Gewalt. Eine verirrte Kugel schlug ein Stück von uns entfernt in die Betonwand ein. Sondra schrie auf.
»Komm.« Ich ergriff ihren Arm. »Lass uns von hier verschwinden, bevor du dir eine Kugel einfängst. Ich will den Rest hören.«
»Und dann?«
»Wen interessiert’s? Du bist auf dich allein gestellt. Ist mir scheißegal, was danach geschieht.«
»Ist nicht wahr.«
»Lass es doch drauf ankommen.«
Geduckt bahnten wir uns den Weg zur Mitte des Raums.
»Wir müssen aus Gebäude«, rief Sondra. »Müssen weg.«
»Erst, wenn du mir zu Ende erzählt hast, was hier wirklich gespielt wird.«
»Aber wir werden getötet!«
»Damit hab ich kein Problem. Ein perfekter Ausklang für einen beschissenen Tag.«
Wir krochen über den dreckigen Betonboden und wichen Glasscherben und rostigen Schrauben aus. In der Maschinenwerkstatt herrschte ein schlimmeres Chaos als in dem Lagerhaus. Überall lagen Müll und Geröll verstreut. Es war düster, aber nicht dunkel. Durch die zerbrochenen Fensterscheiben und Löcher im Dach drang genug Tageslicht ein, um gut zu sehen. Die Decke wies Anzeichen von Wasserschäden auf, und auf dem Boden prangten Pfützen schlammigen Wassers, in deren Oberfläche bunte Regenbogen aus Ölschlieren schillerten. An den Wänden und auf den Rohrleitungen wucherte schwarzer Schimmel.
Wir schafften es zur Mitte des Raums. Hinter uns ertönte das Geräusch von berstendem Glas, als eine weitere Scheibe zerschossen wurde. Ich ließ den Blick umherwandern und entdeckte eine graue Tür am hinteren Ende des Gebäudes. Ein rußiges, beschädigtes Schild darüber teilte uns mit, dass hinter diesem Punkt stets Schutzbrillen und ein Gehörschutz zu tragen seien. Zu spät. Mein Gehör war unter Umständen bereits dauerhaft geschädigt, und eine Schutzbrille würde mir gegen Whitey wenig helfen. Der Klang meines Gelächters jagte mir Angst ein. Offenbar auch Sondra, ihrer Miene nach zu urteilen. Sie weinte nicht mehr. Stattdessen wirkte sie einer Panik nahe.
»Komm mit.« Ich rappelte mich auf die Beine und zog sie hoch. »Da drüben ist eine Tür.«
»Du kannst gehen?«
»Keine Ahnung. Lass es uns zusammen rausfinden.«
Eine dritte Kugel
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