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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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selbstverständlich ungegessen zurückgegangen.) Scheiß auf ihn. Was interessieren ihn die Ansichten dieser Schlampe?
    »Warum, um alles in der Welt«, hakt sie nüchtern nach, »sollten für weibliche Musiker andere Voraussetzungen gelten als für Männer?«
    »Ich weiß es nicht«, sage ich, »aber so ist es nun mal.«
    »Willst du allen Ernstes behaupten«, mischt die Lesbe im Stones-Shirt sich ein, »dass älteren Frauen im Musikgeschäft weniger Anspruch auf Aufmerksamkeit und Respekt zusteht als den Männern?«
    »Ich sage nicht, dass ihnen weniger zusteht, aber«, ich fuchtele nun mit meinem Glas und verschütte mit großer Geste Rotwein über das Tischtuch, »dass es – scheiße noch mal – so ist.«
    »Was glauben Sie, warum das so ist?«, fragt die Hornbrille tragende Kuh herablassend.
    »Nun«, sage ich, mir meine Argumentation zurechtlegend, »es ist doch so, dass es offensichtlich niemanden stört, dass Jagger oder Bowie mit fünfzig noch einen auf jugendlich machen, oder? Es hat einen gewissen … Charme. Oder Clapton, er ist bloß ein Mucker, nicht wahr? Es ist uns scheißegal, wie er dabei aussieht. Aber, sagen wir, Debbie Harry mit sechzig?« Einige schütteln mit dem Kopf, heucheln Unglauben ob meines Zynismus. Eines Zynismus, den sie ausnahmslos teilen, aber zu gesinnungskonform (will meinen: zu nüchtern) sind, ihn zu artikulieren. Scheiß drauf, denke ich. Wer A sagt … »Cher«, fahre ich fort, »mit siebzig? Mit ihren Titten gegen die Schwerkraft ankämpfend? ’ne Möse wie ein nasser Waschlappen? Ein Gesicht wie ein geschmolzener Betoneimer? Geht kacken …«
    Entsetztes Keuchen. Luftschnappen. Die Managerbraut sieht aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. »Was … was«, sagt sie, hämmert den Griff ihrer Gabel auf den Tisch und schleudert Pastetenstückchen durch den Raum, »was ist mit den Frauen, die immer noch wichtige, künstlerisch wertvolle Arbeit leisten? Nanci Griffith? Emmylou Harris? Chrissie Hynde?«
    »Ach, komm schon«, sage ich gutmütig, »als wenn diese Kühe noch ernsthaft jemand vögeln wollte.«
    Es folgen empörte Rufe – ich glaube, sie versucht tatsächlich, nach mir zu schlagen. Dann hilft Parker-Hall mir hoch, und wir sind draußen auf der Straße. Die kühle Nachtluft Sohos bläst mir ins Gesicht, und er ruft nach einem Taxi.
    Amerikaner, resümiere ich, während ein Paki mich ins Hotel zurückfährt, nehmen immer alles so verflucht ernst.
    ***
     
    Die Morgensonne findet einen Spalt zwischen den schweren Vorhängen und kommt über das Bett gekrochen, um mich aufzuwecken. Der Fernseher läuft noch, offensichtlich der Pornokanal. Ich ächze und versuche, mich im Schnelldurchlauf zu erinnern, was gestern Abend abgelaufen ist: Drinks auf dem Zimmer, Taxi, Gig, Drinks, Taxi, Koks, eine weitere Bar, Drinks … das Restaurant, danach, nichts. Moment, das Restaurant. Noch mal zurück. Stop. Mein Bein wird von einem Stechen durchzuckt, eine schmerzhafte körperliche Reaktion auf das Standbild auf meiner inneren Mattscheibe: das vor Abscheu verzogene Gesicht der Managertusse. Übel. Etwas ziemlich Übles ist geschehen.
    Ich beende gerade eine spektakuläre Kotzattacke (und stelle dabei fest, dass mir in der Nacht eine noch außergewöhnlichere Version an einem ungewöhnlichen Ort gelungen ist: Die Dusche sieht aus, als hätte jemand eine Dose Hundefutter darin verteilt), als es an der Tür klopft. In ein Laken gehüllt und einen Klumpen nasser Papiertaschentücher in der Faust, presse ich zitternd ein tränendes Auge gegen den Türspion. Draußen steht eine alte Latinoschlampe, wahrscheinlich das Zimmermädchen. »Kommen Sie später wieder«, rufe ich.
    Ich breche ein weiteres Mal auf dem Bett zusammen und kämpfe mit dem Aspirinfläschchen. Sie klopft erneut. Dieses beschissene Personal.
    Wütend reiße ich die Tür auf – eine Schimpftirade füllt bereits meine Lunge und rumpelt aufwärts –, und dann geht alles sehr schnell. Eine kleine, gedrungene Frau huscht in das Zimmer (so verkatert wie ich bin, rieche ich ihre Schnapsfahne sofort), wirft ihren Regenmantel weg, setzt sich auf die Bettkante und schlägt die weißbestrumpften Beine übereinander. »Du hast wegen eines Dates angerufen, Honey?« Äh?
    »Was?«, sage ich. »Was für ein Scheiß-Date? Hör mal, ich glaube, du hast das falsche Zimmer erwischt.«
    »Zimmer 335?«
    »Ähm …« Ich blicke auf den Bildschirm, wo gerade ein Spot für »Co-Ed Foxes« zu sehen ist, angeblich »Manhattans

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