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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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nicht? Ich habe Talent. Ich muss nur auf den richtigen Moment warten. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Es geht nicht darum, was du kannst, sondern mit wem du kannst.«
    Diese Menschen denken wirklich so. Sie denken, eines Tages kämen die Göttin Fortuna und die Glücksfee Hand in Hand ins Zimmer spaziert, um ausgerechnet sie auszuwählen. Es ist einfach unglaublich.
    Ich bahne mir meinen Weg durch das Gedränge an der Bar Richtung Tür, als, zum zweiten Mal heute Abend, sich eine schwere Hand auf meine Schulter legt. Resigniert drehe ich mich um und blicke geradewegs in ein Gebiss aus gefletschten, polierten Goldhauern und zwei brennende Teufelsaugen. Tony-Blair-Plakat-Augen.
    »Na, du Arsch, was für eine verfickte Scheiße läuft hier eigentlich?« Speicheltropfen spritzen mir ins Gesicht.
    »Äh, hallo, Rage.« Scheiße, was macht der denn hier?
    »Komm mir nicht so. Was, verfickt noch mal, zieht ihr mit meinem Album ab?« Er wird von einer Entourage bulliger Dachpappen begleitet. Einer von denen trägt seine Plattenkiste. Rage soll wohl später irgendwo auflegen.
    Was mit dem Album läuft? Nichts läuft mit dem Album. Wir sitzen seine Fehlgeburt so lange aus, bis dieser Kretin irgendwas schreibt, das zumindest im Ansatz Ähnlichkeit mit einer Hitsingle hat.
    »Wie meinst du das?«, frage ich unschuldig.
    »Soll die Scheiße etwa komisch sein?«
    »Nein.«
    »Schneider wurde gefeuert, die verfickte Tunte Sommers ruft uns nicht zurück, ich habe immer noch keinen Veröffentlichungstermin, ich bin nicht bezahlt worden, ich …«. Während er mich anbrüllt, merke ich, dass er wirklich wütend ist.
    »Hör zu«, unterbreche ich ihn, »können wir uns irgendwohin verdrücken, wo es ruhiger ist, und quatschen? Ich muss mit dir reden. Alleine, klar?« Einer seiner Jungs starrt mich an und bleckt herausfordernd seine Zähne, aber Rage winkt ihn beiseite und führt mich hinter die Bühne. Auf dem Weg dorthin gelingt es ihm tatsächlich, sich auf gerade mal zwei Handgreiflichkeiten mit den Security-Leuten zu beschränken.
    In Nullkommanichts hocken wir über der Kokstüte, und als die erste fette Line Fickpuder in seiner gierigen Fratze verschwunden ist, konfrontiere ich ihn mit der Wahrheit: Schneider hasst die Platte. Derek, die feige Schwuchtel, hält sich raus. Ich hingegen glaube, dass sein Album ein Meisterwerk ist. Ich erzähle ihm, dass ich einige sehr konkrete Vorstellungen hätte, wie man sie adäquat vermarktet. Und, ich sage, dass wir sie deshalb unbedingt veröffentlichen müssen.
    »Dieser verfickte kleine Judenarsch«, sagt Rage.
    »Im Ernst«, sage ich und täusche Fassungslosigkeit vor, »er hatte vor, dich abzuziehen, indem er dich zwingen wollte, eine beschissene Popsingle zu schreiben. Das dämliche Sackgesicht! Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass du ein Albumkünstler bist.«
    »Durch und durch, darauf kannst du einen lassen.«
    »Wir werden großartige Presse bekommen. Darauf bauen wir dann alles andere auf. Scheiß auf Radio l. Scheiß drauf.« Ich schlage mit der flachen Hand auf den Tisch. Inzwischen gehe ich in dem Dünnschiss, den ich labere, so sehr auf, dass ich ihn beinahe selbst glaube.
    »Genau. Ich scheiß aufs Radio«, sagt Rage.
    »Weißt du noch, als wir bei dir zur Listening-Session im Studio waren. Dieser Track, den du uns vorgespielt hast, ›Birth‹, oder?«
    »Ja, genau.«
    Ich schüttele pathetisch den Kopf. »Ich hatte Tränen in den Augen« (was nicht einmal gelogen ist), »eine verdammte Gänsehaut, Alter. Ich sag mal, wen kümmert es, dass die Nummer 64 Minuten lang ist? Sie ist jetzt schon ein Klassiker.«
    »Meinst du wirklich? Darauf trinke ich, Steven.«
    »Jetzt, wo Schneider weg ist, ist natürlich alles ein wenig chaotisch. Aber damit ist es bald vorbei.« Ich habe inzwischen begonnen, wie Rage zu reden. Ein Tick, den ich immer habe, wenn ich mit Bands spreche. Sollte diese Unterhaltung noch länger dauern, würde ich vermutlich zur guten alten Schuhcreme greifen. »Ich sage nicht, dass ich den Job schon habe, aber wenn es so weit ist, dann – ich möchte, dass du das weißt – wirst du absolute Priorität haben. Pri-o-ri-tät«
    Rage schaut mich einen langen, wegen des Kokains sehr zäh dahintropfenden Moment an. Schließlich zeigt er mit dem Finger auf mich. An dem Finger glänzen drei schwere Goldringe. »Ich habe Fischer immer gesagt, dass du – verflucht noch mal – verstanden hast, was ich mache«, sagt er.
    »Das hast du getan? Na dann, Prost,

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