Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
Vom Netzwerk:
Rage«, sage ich und hebe mein Glas.
    »Ich erklär dir mal, worum es mir ging, als ich die Nummer schrieb …« Er beginnt sich in Hirn zersetzenden Details über dieses Stück Scheiße auszulassen. Aber ich komme damit klar, denn ab jetzt muss ich nicht mehr zuhören. Alles ist okay. Ich kann hier stehen, nicken und mit der Zunge meinen vom Koks betäubten Gaumen abtasten, während ich unaufhörlich in mich hineinmurmele: »Du schwarzer Bastard, du schwarzer Bastard, du schwarzer Bastard …«
    ***
     
    Als wir am nächsten Morgen im Business-Affairs-Meeting entscheiden, Rage vor die Tür zu setzen, schließe ich mich rückhaltlos der Mehrheit an. »Okie dokie«, sagt Trellick und klopft mit seinen Papieren auf den Tisch, »… weiter im Text, Jungs und Mädels. Potenzielle Signing-Kandidaten …« Nur wenige Monate, und Rage wird wieder genau da sein, wo er angefangen hat: Er wird Autoradios aus Armaturenbrettern brechen, panische Rentner mit dem Teppichmesser bedrohen und Sozialwohnungen mit Bastardbabys überfluten.
    ***
     
    Darren und ich laden die Lazies in ein irrsinnig teures russisches Restaurant am Embankment ein: Kaviar, 37 unterschiedliche Sorten Wodka und private Speiseseparees, in denen man das Koks ungestört direkt vom Tisch ziehen kann. »Jimmy! Schön dich wiederzusehen, Mann«, sage ich, erhebe mich vom Tisch, tätschele kollegial seinen Arm und versuche mich derweil zu erinnern, worüber wir letzten Monat in Austin beim Lunch gesprochen haben. »Wie läuft’s? Das ist Darren«, sage ich, als Darren aufsteht und ihm seine Hand reicht.
    »Äh, hallo, Jungs. Darren? Oh, danke, mir geht’s prima. Das ist Greg, Adam und Kevin …« Er stellt uns ein schüchternes, schlaksiges, sechsbeiniges Gewimmel aus Pickeln, abgetragenen Jeans und Körpergeruch vor. Die Musiker. Wir schütteln Hände und machen das »Hi, wie geht’s denn so«-Spielchen. Keiner von ihnen schaut einem in die Augen. Wahrscheinlich haut es sie völlig aus den Socken, irgendwo zu essen, wo man nicht nur die Handbremse zieht und in ein vergittertes Kästchen spricht, »… und das ist Marcy.«
    Die Sängerin taucht hinter ihnen auf. Sie ist zierlich, einfach umwerfend. Ihre Haut ist weiß wie ein Kühlschrank, und ihre Gesichtszüge, halb verborgen unter einem Bob aus dichtem, schwarzen Haar, sind nahezu vollkommen.
    Wir halten Small-Talk: Wie war der Flug? Schon mal in London gewesen? Bla, bla, blubb. Folgendes gilt es dabei zu klären: Mit wem spreche ich? Wessen Band ist das? In der Regel – nicht immer – kannst du den Schlagzeuger und den Bassisten vergessen. Normalerweise ist es eine Gitarristen-Sängerinnen-Geschichte. Ich suche mir einen Sitzplatz neben Adam und gegenüber von Marcy. Darren muss sich mit der Rhythmussektion begnügen, den Kasperlepuppen.
    Ein Kellner in Kosackenmontur verteilt die Speisekarten. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«, fragt er.
    »Ja«, sage ich, »bringen sie uns die Wodka-Karte. Das müsst ihr gesehen haben, Leute, die haben hier über dreißig …«
    »Könnte ich bitte einfach ein Wasser haben?« sagt Marcy »Oh ja, ich bitte auch«, kommt von Adam.
    »Wir müssen morgen früh los«, erläutert Jimmy, »nach … Dover« – er spricht es Daw-ver aus –, »um die Fähre zu kriegen.«
    »Kein Problem, Wasser geht völlig in Ordnung mit mir.«
    Wasser. Water. Waters. Ihm hat das Prodigy-Artwork gefallen.
    Das ist von elementarer Bedeutung: Wenn sie trinken, trinkst du auch. Und wenn sie nicht trinken – heilige Marienzitze, beim beschissenen Gesäuge der Mutter Gottes –, dann …
    Ich werde mit diesen Deppen mehrere Stunden völlig nüchtern verbringen müssen. Immerhin: Der Schlagzeuger – Greg? Kevin? – bestellt ein Bier. Dann beugen sie sich stirnrunzelnd über die Speisekarten.
    »Und«, sage ich, »freut ihr euch schon auf Glastonbury?«
    »Scheiße, Mann«, sagt Adam, »das wird …«
    »Eine wilde Show?«, schlägt einer der anderen vor.
    »Ja, eine verdammt wilde Show.«
    »Wir werden alles rocken, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.« Der Schlagzeuger. Ganz offensichtlich.
    Marcy sagt gar nichts. Sie starrt auf ein Loch in ihrem Schuh, ein klobiger, abgewetzter Doc-Marten’s-Stiefel. Ich versuche, sie mir in High Heels vorzustellen.
    Wir bestellen, und ich mache eine große Sache daraus, so ziemlich alles zu bestellen, was auf der Karte steht: Beluga, Sevruga, Blinis, geräucherten Lachs, Koteletts, Gans, verfickten gebratenen Hecht. Ominöserweise bestellt die

Weitere Kostenlose Bücher