Kill your friends
worüber ich mit Ihnen sprechen muss. Es hat mit Roger Waters zu tun.«
Warte eine beschissene Minute.
»Also rufen Sie mich bitte zurück, sobald Sie das hier gehört haben.«
Ich hebe den Hörer ab und lege ihn wieder hin, lösche die Nachricht und suche in meinem Handy nach seiner Nummer. Der Himmel draußen hat die Farbe von getöntem Glas, und es fängt an zu regnen. Scheiße, wie ich Schottland hasse. Was für eine Nation verfickter Loser.
Ich schraube die Verschlüsse von den drei Johnny-Walker-Fläschchen aus der Minibar auf, schütte sie in ein schmutziges Glas und trinke es in einem Zug aus. Ich verstreiche das Koks, lege einen Fünfziger auf das Puder und rubble mit meinem Zimmerschlüssel über den Schein. Ich schniefe die Line, lehne mich zurück und gebe meinen Problemen ausreichend Leine, sich in meinem Kopf zu entfalten.
Wie Probleme das so machen, gruppieren sie sich alsbald in einer konfusen und doch definierten Hierarchie. Ganz unten, keifend, motzend und um Aufmerksamkeit heischend, all die normalen Alltagsangelegenheiten. Probleme der niedersten Stufe. Probleme, die mit der Arbeit oder mit Geld zu tun haben: Wer könnte die Songbirds-Single remixen? Wie groß wird die Lazies-LP – und in der Folge auch Parker-Hall? Wie viel Geld wird das Haus noch verschlingen? Ich muss meine Spesenabrechnung machen. Ich sollte ein höheres Gehalt verlangen.
Darüber, schärfer, klarer, beharrlicher, schweben die Neulinge: Mein Wagen steht immer noch auf dem Parkplatz in Brighton. Wäre es möglich, dass Parker-Hall mich für einen Loser hält und mich deshalb bald feuert? Weiß Woodham irgendetwas? Und – von null auf eins – Rebecca ist mir hinterhergeschlichen. Sie ist verrückt geworden, hat herausgefunden, dass ich Waters umgebracht habe, und will mich jetzt ungeachtet dessen auch noch heiraten. (Andererseits, bei näherer Betrachtung ist das vielleicht gar nicht so geisteskrank, wie es wirkt – wurde Ted Bundy nicht mit Heiratsanträgen überschüttet? Und er war definitiv hardcore. Er hat Dutzende von Frauen vergewaltigt und umgebracht. Guter Mann, Ted Bundy.)
Ich trinke einen Schluck Scotch, pfeife mir eine angenehm abstumpfende Linie Koks rein und wähle Woodhams Mobilnummer. Er hebt beim zweiten Klingeln ab. »Alan? Hi, ich bin’s, Steven. Hören Sie mal, entschuldigen Sie, dass ich mich nicht früher gemeldet habe. Ich hatte wahnsinnig viel um die Ohren. Ich …«
»Mr. Stelfox« (kein »Steven«, »Steven« war einmal), »können Sie mir sagen, warum einer Ihrer Nachbarn angibt, gesehen zu haben, wie Sie am Morgen von Roger Waters’ Tod um 5.30 Uhr Ihre Wohnung betraten, wo Sie mir gegenüber doch sagten, Sie wären gegen 23.30 Uhr am Abend zuvor nach Hause gekommen und sofort zu Bett gegangen?«
Er rattert es einfach runter, Stakkato, wie ein Maschinengewehr. Das Blut in meinem Kopf beginnt hinter meinen Augäpfeln so heftig zu pumpen, dass ich Angst bekomme, sie würden aus meinem Schädel platzen. »Ich … ich bin früh aufgestanden um … um eine Zeitung zu holen?«
»Wo?«
»Was?«
»Wo holten Sie diese Zeitung?« Es ist ein völlig anderer Mensch, mit dem ich da spreche.
»Im Zeitschriftenladen … an der Ecke Shirland Road und Elgin Avenue.« Scheiße, Scheiße, Scheiße – haben die um diese Zeit überhaupt schon geöffnet? Das wäre einfach zu überprüfen.
»Alan, ist alles in Ordnung?«
»Ich weiß nicht«, sagt er, »ob es das ist.«
Ich denke konzentriert nach, dann rede ich. »Hören Sie mal, Alan, es tut mir ehrlich leid, dass ich mich nicht wegen der Demos zurückgemeldet habe. Es … es sieht gut aus. Das braucht nur seine Zeit. Wir kriegen das hin.«
»Was auch immer Sie tun können, wäre klasse.« Er legt auf.
Woodhams neue Stimme ist knapp und förmlich, sie klingt viel älter als seine Indie-Kid-unten-im-Monarch-Stimme. Seine neue Stimme ist das lederne Flüstern abgestreifter Handschuhe, das trockene Knallen auf den Tisch geschlagener Spielkarten.
Ich zittere am ganzen Körper. Alles bricht ungeschützt auf mich herein, und die präzise ausbalancierte Hierarchie der Probleme stürzt über mir zusammen. Die Hypotheken, die Kreditkarten, Woodham, das Koks, die endlosen Bauarbeiten am Haus, die Nutten, das überzogene Konto, der Überbrückungskredit, die Urlaubsreisen, die Privatclubs, das Koks, die Nutten, die Restaurants, die freimütig verpulverten 400-Pfund-Kneipendeckel, das Koks, die Nutten, Rebecca …
Ich schaffe es gerade noch ins Bad, bevor
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